Cannabis-Volksbegehren abgelehnt
Das Volksbegehren zur Legalisierung von Haschisch und Marihuana wurde vom Bayerischen Verfassungsgerichtshof in München nicht zugelassen. Der dem Volksbegehren zugrunde liegende Gesetzentwurf ist mit Bundesrecht unvereinbar, da dem Landesgesetzgeber die Gesetzgebungskompetenz fehlt. Die Initiatoren hatten mehr als 27.000 Unterschriften für ein Volksbegehren gesammelt und eingereicht.
Verfassungsgericht

Cannabis-Volksbegehren abgelehnt

Das Volksbegehren zur Legalisierung von Haschisch und Marihuana wurde vom Bayerischen Verfassungsgerichtshof in München nicht zugelassen. Der dem Volksbegehren zugrunde liegende Gesetzentwurf ist mit Bundesrecht unvereinbar, da dem Landesgesetzgeber die Gesetzgebungskompetenz fehlt. Die Initiatoren hatten mehr als 27.000 Unterschriften für ein Volksbegehren gesammelt und eingereicht.

Der dem Volksbegehren zugrunde liegende Gesetzentwurf ist mit Bundesrecht unvereinbar, da dem Landesgesetzgeber die Gesetzgebungskompetenz fehlt. Bereits vorhandene Bundesgesetze zum Betäubungsmittel-, Arzneimittel-, Straf- und Straßenverkehrsrecht versperren die Möglichkeit einer landesrechtlichen Regelung. Ein Mitglied des Verfassungsgerichtshofs hat ein Sondervotum abgegeben. Der Richter war der Ansicht, die Sache hätte dem Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 GG vorgelegt werden müssen.

In dem Urteil heißt es: „Die Überprüfung durch den Verfassungsgerichtshof beschränkt sich darauf, ob der Landesgesetzgeber rechtlich zum Erlass der hier zu beurteilenden Regelungen befugt ist. Der Verfassungsgerichtshof hat dagegen nicht darüber zu befinden, ob die im Gesetzentwurf vorgesehenen Regelungen sachgerecht, zweckmäßig, angemessen und praktikabel sind. Für die Entscheidung ist daher nicht maßgeblich, wie die Legalisierung von Cannabis rechtspolitisch zu bewerten wäre.“ Der Gesetzentwurf des Volksbegehrens enthalte Bestimmungen zum Anbau von Cannabis, zur Verteilung, zum Verkauf, Erwerb, Besitz und Konsum von Cannabis und Cannabisprodukten, zur Werbung für solche Produkte, zu ihrer Verwendung für medizinische Zwecke sowie zu den straf-, ordnungswidrigkeiten- und verkehrsrechtlichen Folgen des Besitzes und Konsums von Cannabis und Cannabisprodukten. „Diese Regelungen sind dem Betäubungsmittel-, Arzneimittel-, Straf- und Straßenverkehrsrecht gemäß Art. 74 Abs. 1 Nrn. 1, 19 und 22 Grundgesetz und damit der konkurrierenden Gesetzgebung zuzuordnen“, so das Urteil. In diesem Bereich haben gemäß Art. 72 Abs. 1 Grundgesetz die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit keinen Gebrauch gemacht hat. Demnach sind landesrechtliche Regelungen grundsätzlich ausgeschlossen, wenn ein Bundesgesetz eine bestimmte Materie abschließend regelt.

Der Bund hat schon Regelungen erlassen

Für die Beurteilung des Volksbegehrens ist laut dem Verfassungsgerichtshof vor allem das Betäubungsmittelgesetz von Bedeutung: „Diesem Bundesgesetz liegt das vom Bundesverfassungsgericht als verfassungsgemäß gebilligte Konzept einer umfassenden Kontrolle des Umgangs mit Betäubungsmitteln und deren strafrechtlicher Absicherung zugrunde. Das Bundesverfassungsgericht hat u. a. entschieden, dass die Strafbewehrung des Erwerbs und Besitzes von Cannabisprodukten zum Eigenverbrauch nicht gegen das Übermaßverbot verstößt.“

Zudem gelte für betäubungsmittelhaltige Arzneimittel das Arzneimittelgesetz. Die Vorschriften der §§ 315 c und 316 Strafgesetzbuch seien insoweit von Bedeutung, als danach strafbar ist, wer im Verkehr ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses von Cannabis nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen. Gemäß § 24 a Abs. 2 Straßenverkehrsgesetz handelt ordnungswidrig, wer unter der Wirkung von Cannabis im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt. Im Zusammenhang mit dem Konsum von Cannabis kommt auch die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 Strafgesetzbuch oder nach § 3 Straßenverkehrsgesetz i. V. m. der Fahrerlaubnis-Verordnung in Betracht.

„Nach der Gesamtkonzeption dieser Normen hat der Bundesgesetzgeber von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht und den Umgang mit Betäubungsmitteln umfassend und lückenlos geregelt. Landesrechtliche Regelungen zur selben Materie sind daher generell ausgeschlossen, unabhängig davon, ob sie dem Bundesrecht – wie die überwiegende Zahl der Vorschriften des Gesetzentwurfs des Volksbegehrens – offenkundig widersprechen oder dieses nur ergänzen“, so die Entscheidung abschließend.

Bayerisches Innenministerium lehnte ab

Das bayerische Innenministerium lehnte die Zulassung des Volksbegehrens ab, unter anderem wegen formeller Fehler, und legte die Sache dem Verfassungsgerichtshof vor. Auf die möglichen formellen Fehler kam es laut dem Urteil jedoch nicht mehr an, weil eben schon die Zuständigkeit nicht gegeben war.

Das Innenministerium hatte jedoch auch inhaltliche Bedenken. Das Volksbegehren ziele auf den Erlass eines bayerischen Hanfgesetzes, greife damit in die Zuständigkeit des Bundes beim Betäubungsmittelgesetz ein und sei deshalb rechtlich nicht zulässig, argumentierte das Innenministerium. Zudem erfüllten die Unterschriftenlisten nicht alle formellen Vorgaben der Landeswahlordnung. Politisch ist die Staatsregierung ohnehin gegen eine Freigabe.

Der Beauftragte des Volksbegehrens vertrat dagegen die Auffassung, das vorgeschlagene bayerische Hanfgesetz füge sich vollumfänglich in die bestehende Rechtsordnung Deutschlands ein. Das aktuelle Betäubungsmittelgesetz mit seinen Straftatbeständen sei unverhältnismäßig und verletze daher Grundgesetz und Bayerische Verfassung. Zudem wünsche mindestens ein Drittel der Bevölkerung eine Neuregelung, was ein Volksbegehren erforderlich mache.

Gerade unsere Kinder und Jugendlichen wären gefährdet, in eine verhängnisvolle Suchtspirale zu geraten, sollte man Cannabis für den Konsum freigeben.

Joachim Herrmann

Jedoch lehnt Innenminister Joachim Herrmann das Begehren auch inhaltlich strikt ab: „Wir bleiben bei unserer bewährten Linie: Null Toleranz gegen Drogen. Es wäre völlig unverantwortlich, den Cannabis-Konsum freizugeben.“ Weiche Drogen seien oft der Einstieg in den Drogensumpf. „Gerade unsere Kinder und Jugendlichen wären gefährdet, in eine verhängnisvolle Suchtspirale zu geraten, sollte man Cannabis für den Konsum freigeben“, so Herrmann. In Deutschland würden jährlich rund 1000 Menschen an ihrer Drogensucht sterben. Dazu kämen unzählige gescheiterte Existenzen. Wohin falsch verstandene Liberalität der Drogenbefürworter führen könne, zeigt nach den Worten Herrmanns die aktuelle Crystal-Problematik: „Nachdem in Tschechien 2010 der Crystal-Besitz zum Eigenverbrauch nicht mehr als Straftat, sondern nur noch als Ordnungswidrigkeit verfolgt wurde, schwappte eine regelrechte Crystal-Welle nach Bayern. Mit den Folgen der verfehlten Drogenpolitik Tschechiens kämpfen wir noch heute.“ Herrmann hält auch die Legalisierung von Cannabis in einigen Bundesstaaten der USA für einen fatalen Fehler. Auch dort zeige sich, dass der Konsum weicher Drogen vielfach der Einstieg in eine unheilvolle Drogenkarriere sei. Schon jetzt könne man in den USA beobachten, wie sich die Menschen auf exzessiven Cannabis-Parties mit der legalisierten Einstiegsdroge berauschen und zusätzlich mit Alkohol zudröhnen. „Der Weg in die Suchtspirale und zu härteren Drogen ist damit häufig vorgezeichnet – mit fatalen Folgen für Körper und Psyche gerade bei Jugendlichen.“ Der Innenminister kündigte an, dass die Bayerische Polizei selbst beim Besitz geringster Mengen Cannabis weiterhin Anzeige erstatten werde. Zwar könne die Staatsanwaltschaft das Verfahren einstellen, wenn jemand mit einer äußerst geringen Menge an Cannabis zum Eigengebrauch erwischt wurde. Wer aber schon vorher mit Drogendelikten auffällig geworden ist, müsse trotzdem mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen. „Deshalb stellen wir hier keinen Persilschein für geringe Mengen aus“, so der bayerische Innenminister.

 

„Verharmlosung der Droge“

Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) warnte mit Blick auf die erwartete Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vor einer Verharmlosung dieser Droge:

Wer eine Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken fordert, ignoriert das Gesundheitsrisiko beim Konsum der Droge; dies ist verantwortungslos.

Melanie Huml

Die Ministerin warnte: „Bei jungen Menschen darf nicht der Eindruck entstehen, dass der Konsum von Cannabis völlig harmlos ist. Denn das Gegenteil ist der Fall – möglich sind sowohl psychische als auch körperliche Erkrankungen. Insbesondere ein früher Einstieg in den Cannabis-Konsum kann dauerhafte Folgeschäden nach sich ziehen. Deshalb lehne ich eine Cannabis-Legalisierung als Genussmittel strikt ab.“ Huml fügte hinzu: „Klar ist auch, dass die Inhaltsstoffe von Cannabis bei einigen Krankheiten eine lindernde Wirkung haben können. Deshalb können bestimmte Cannabis-Arzneimittel schon jetzt von jedem Arzt auf Rezept verschrieben werden, wenn die Indikationen dafür bei einem Patienten vorliegen. Aktuell beabsichtigt die Bundesregierung, den Zugang zu weiteren Cannabis-Arzneimitteln auf Rezept zu erleichtern. Dies wird von mir begrüßt. Allerdings muss die missbräuchliche Verwendung von Cannabis-Arzneimitteln weiterhin ausgeschlossen werden.“

(dpa)