In Köln demonstrierten am 29. August mehrere hundert Bürger gegen die Vorratsdatenspeicherung. Für BKA-Chef Holger Münch stellt diese jedoch einen wesentlichen, unersetzlichen Bestandteil bei der Fahndung nach Terroristen und potentiellen Gefährdern dar. (Foto: imago / Manngold)
BKA-Präsident

Vorratsdatenspeicherung unerlässlich

Bei der Bekämpfung des Terrorismus sieht der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Holger Münch, die Vorratsdatenspeicherung als eine wichtige Handlungssäule an. Gleichwohl müssten auch andere – technische – Mittel eingesetzt werden und greifen, um langfristig bei der Enttarnung von Terroristen erfolgreich zu sein.

Wir dürfen davon keine Wunder erwarten. Es ist aber ein sehr, sehr gutes Instrument, um Strukturen zu bekämpfen.

Holger Münch, BKA-Präsident

Das sagte in der jüngsten ARD-Sendung „Hart aber fair“ BKA-Präsident Holger Münch über die Vorratsdatenspeicherung als unerlässliches, probates Hilfsmittel bei der Terrorismusbekämpfung. Münch selbst ist überzeugt von der Notwendigkeit gleichwie dem Erfolg der Vorratsdatenspeicherung, wie er gegenüber Moderator Frank Plasberg betonte. So hilft laut dem BKA-Chef die Analyse der Telefonate nach einem Anschlag etwa ganz wesentlich dabei, die Strukturen der Attentäter kennenzulernen und Schlüsse daraus zu ziehen.

BKA-Analyse-Instrument geplant

Für Münch ist die Vorratsdatenspeicherung aber gleichwohl nur eine der Säulen bei der Überwachung und Enttarnung potentieller Terroristen. So sei eine der ersten Maßnahmen etwa die, „nach einem abgestimmten Maßnahmenkatalog Informationen zu verdichten“. Mit einem geplanten, neuen BKA-Analyse-Instrument soll zudem die Gefährlichkeit eines Verdächtigen besser eingeschätzt werden können. Dieses würde Verhaltensauffälligkeiten im Leben der betreffenden Person registrieren und kategorisieren.

Dabei erklärte Münch auch die bestehenden Nuancen, nach denen bei der Polizeiarbeit bereits jetzt die Verdächtigen differenziert würden: Demnach mache die Polizei einen Unterschied zwischen einem „Gefährder“ und einer „relevanten Person“. Während die „relevante Person“ die „Gefährder“ ‚nur’ – sei es finanziell oder ideell – unterstütze, sei der „Gefährder“ derjenige, dem das BKA einen Anschlag zutraue. Hierbei gilt es laut Münch auch, den Radikalisierungssprung nachzuverfolgen, der eine „relevante Person“ zu einem „Gefährder“ mache.

Polizei noch nicht ausreichend vernetzt

Erschwert werde die Überwachungstätigkeit des BKA, wie Münch in der Sendung zum Thema „Deutschland und der Terror – ist Sicherheit jetzt wichtiger als Freiheit?“ unumwunden zugab, von der Tatsache, dass das BKA personell und auch juristisch nicht in der Lage sei, alle „Gefährder“ durchgehend zu überwachen. Laut „Hart, aber fair“ braucht es bis zu 30 Polizisten, um einen Gefährder im Schichtbetrieb rund um die Uhr zu überwachen, auch wenn Münch dieser Zahl offenbar etwas skeptisch gegenüber stand. Es würde aber schon rein rechtlich niemals eine Überwachung aller Gefährder an 365 Tagen und 24 Stunden pro Tag erlaubt werden. Auch die enormen Datenmengen, die Anonymisierung von Kommunikation und die Verschlüsselung der Kommunikation erschwerten die Arbeit des BKA.

Zudem forderte der Kriminaler eine bessere Zusammenarbeit innerhalb der Polizeibehörden. Diese müssten zudem noch besser vorbereitet sein. Denn mit anwachsendem Terrorismus beziehungsweise ansteigender Terrorgefahr stiegen auch die Anforderungen an die Fahnder. Schon bei der Herbsttagung des BKA in Mainz vor einer Woche wies Münch darauf hin, dass sich nach Einschätzung des BKA die Zahl der „Gefährder“ innerhalb weniger Jahre auf über 420 Personen mehr als verdreifacht habe. Da wären, wenn die Zahl der Sendung stimmt, 12.600 Polizisten als Überwacher nötig. Woher die kommen sollten, steht in den Sternen. Denn was in der Talkshow auch herauskam: In den letzten Jahren wurden in den Bundesländern rund 16.000 Polizistenstellen abgebaut.

Radikalisierung durch Perspektivlosigkeit

Trotzdem strahlte der Behördenchef bei der Plasberg-Sendung Ruhe aus, zumal das BKA auch die Beweggründe der Attentäter mittlerweile gut zu kennen glaubt. In diesem Zusammenhang warnte er vor einem Trugschluss, dass die Religion per se der Auslöser für eine Radikalisierung sei. Religiös gefestigte Muslime seien, so Münch, weit weniger gefährdet, sich zu radikalisieren, als diejenigen, die aus privaten, persönlichen Gründen und Schwierigkeiten heraus eine Perspektivlosigkeit empfänden. Genau hier gilt es laut Münch mit Präventivmitteln rechtzeitig anzusetzen.