Die Bürger entschieden: Keine Umlandbahn für Erlangen. Foto: BK
Bürgerentscheide

Bürgerbegehren sorgen meist für Unmut

Gedacht als Instrumente direkter Demokratie auf kommunaler Ebene entpuppen sich Bürgerentscheide immer mehr als Verhinderer von zukunftsweisenden Projekten. Das hat sich in den letzten Jahren in München gezeigt. Und jüngst wieder im Landkreis Erlangen-Höchstadt. Eine amtliche Statistik freilich gibt es nicht.

Nur ein Drittel der Bürger im Landkreis Erlangen-Höchstadt entschieden am 19. April, dass der Kreis dem Zweckverband zur Stadt-Umland-Bahn (StUB) nicht beitritt. Die zahlenmäßig geringen Sieger befürchten, dass die Kosten für die Straßenbahn-Verlängerung von Nürnberg Richtung Norden aus dem Ruder laufen. Die Stadt-Umland-Bahn soll mindestens 400 Millionen Euro kosten und ist seit Jahrzehnten umstritten.

Erlangen ist jedoch kein Einzelfall. Immer wieder sorgen Bürgerbegehren und Bürgerentscheide in Bayern für Schlagzeilen. Laut Verfassung sind sie Instrumente direkter Demokratie auf kommunaler Ebene. Damit können Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises einer Gemeinde oder eines Landkreises von den Gemeinde- bzw. Kreisbürgern selbst beschlossen werden. Gemäß Artikel 7 der Bayerischen Verfassung (BV) übt der Staatsbürger seine Rechte durch Teilnahme an Wahlen, Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden sowie Volksbegehren und Volksentscheiden aus. Artikel 12 (3)   BV lautet „Die Staatsbürger haben das Recht, Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises der Gemeinden und Landkreise durch Bürgerbegehren und Bürgerentscheid zu regeln.“

Was haben Bürgerentscheide gebracht?

Eine amtliche Statistik zu Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden wird in Bayern nicht geführt. Der Verein „Mehr Demokratie“, Initiator des Volksbegehrens zur Einführung des kommunalen Bürgerentscheids, erfasst aber regelmäßig Daten dazu. In seinem 15-Jahres-Bericht hat der Verein die Bürgerbegehren und Bürgerentscheide seit der Einführung am 1. November 1995 bis zum 31. August 2010 untersucht. Danach fanden 977 Bürgerentscheide statt, wovon

484 im Sinne der Initiatoren (bzw. des Gemeinderats bei Ratsbegehren) entschieden wurden, 54 zwar eine Mehrheit erhielten, aber am Abstimmungsquorum scheiterten und 439 abgelehnt wurden – alles in allem also ein 50:50 Ergebnis.

Einige Münchner Bürgerentscheide waren spektakulär:

  • 23. Juni 1996: Bürger wollen weitere Untertunnelung von Teilen des Mittleren Rings
  • 21. Oktober 2001: Bürger stimmen dem Neubau eines Fußballstadions im Stadtteil Fröttmaning zu  21. November 2004: Bürger legen fest, dass im gesamten Stadtgebiet kein Gebäude höher als 100 Meter (Höhe der Frauenkirche) errichtet werden darf.
  • 17. Juni 2012: Bürger lehnen Bau einer dritten Start- und Landebahn am Flughafen München ab.
  • 17. Juni 2013: Bürger wollen keine Bewerbung Münchens für die Winterolympiade 2022.

Spätestens da fragten sich viele, ob die Bürger nicht im Vorfeld eines Entscheides besser informiert werden müssten.