Bundesinnenminister Horst Seehofer, CSU. (Foto: BK/M. Priske)
Zuwanderung

Wer nicht kooperiert, kommt in Gewahrsam

Noch immer kommen monatlich Tausende Migranten nach Deutschland. Viele müssen aber Deutschland wieder verlassen, weil sie keinen Schutzstatus erhalten. Ein Gesetzespaket der Bundesregierung soll Abschiebungen künftig erleichtern.

Nach wochenlangen Debatten um Abschiebungen und Asylbewerberleistungen hat die Bundesregierung jetzt ein neues Paket mit Gesetzesvorhaben zu Migrationsfragen geschnürt. Das Kabinett hat insgesamt drei Entwürfe aus dem Arbeitsministerium und dem Innenministerium verabschiedet.

Haft bei versäumten Terminen

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) steuert sein „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“ bei, das zwischen Union und SPD bis zuletzt hoch umstritten war. Es soll für eine verbesserte Durchsetzung der Ausreisepflicht von abgelehnten Asylbewerbern sorgen – unter anderem durch eine Unterbringung von Ausländern, deren Abschiebung kurz bevorsteht, in Gefängnissen. Neu ist zudem die sogenannte Mitwirkungshaft. Sie soll angeordnet werden können, wenn ein abgelehnter Asylbewerber zu einer ersten Anhörung bei der Botschaft seines Heimatlandes einmal nicht erschienen ist. Vor dem zweiten Termin kann er dann für kurze Zeit in Gewahrsam genommen werden.

Außerdem soll das Seehofer unterstehende Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) mehr Zeit für die Überprüfung der Schutzgründe von Flüchtlingen erhalten. Konkret geht es dabei um knapp 700.000 Flüchtlinge, die zwischen 2015 und 2017 anerkannt worden waren.

Das Ziel: mehr Abschiebungen

Der Bundesinnenminister hält seinen Entwurf für deutlich effektiver als ein ähnliches Gesetz von 2017. Die Wirksamkeit des nun vom Kabinett beschlossenen Gesetzentwurfs liege „um ein Vielfaches“ über dem, was durch das unter seinem Vorgänger Thomas de Maizière (CDU) verabschiedete erste Gesetz für eine bessere Durchsetzung der Ausreisepflicht erreicht worden sei, sagte Seehofer am Mittwoch nach der Kabinettssitzung in Berlin. Denn diese erste Reform habe „mehr Fragen aufgeworfen als Antworten“ geliefert. Ziel der jetzt geplanten zweiten Reform ist es, die Zahl der Abschiebungen zu erhöhen.

Mehr Zeit für Überprüfungen

Die sogenannte Widerruf- und Rücknahmeprüfung muss normalerweise nach drei Jahren erfolgen. Aufgrund der vielen Asylentscheidungen in diesen drei Jahren stehen jetzt besonders viele Überprüfungen an. Die Frist soll deshalb vorübergehend von drei auf bis zu fünf Jahre verlängert werden.

Aus dem Haus von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) kommt ein Entwurf für eine Reform des Asylbewerberleistungsgesetzes. Sie sieht vor, dass die Geldleistungen für Asylbewerber leicht angehoben werden, weil die Lebenshaltungskosten seit der letzten Anpassung gestiegen sind. Alleinstehende oder Alleinerziehende sollen künftig statt 135 Euro pro Monat 150 Euro erhalten.

Grundsätzlich muss jeder, der keinen Schutzstatus hat, ausreisen und sollte daher auch keine Integrationshilfen erhalten.

Andrea Lindholz, CSU-Innenpolitikerin

Die Anhebung soll aber „kostenneutral“ umgesetzt werden, und zwar indem Migranten, die in Gemeinschaftsunterkünften leben, künftig so behandelt werden, als lebten sie in einer Partnerschaft. Das heißt, für sie gilt ein niedrigerer Regelsatz von künftig 136 Euro pro Monat (aktuell 122 Euro). Außerdem soll die Berufsausbildungsförderung für Zuwanderer neu geregelt werden. Zudem will Heil „Geduldeten“ und Menschen, deren Verfahren noch nicht abgeschlossen ist, früher den Zugang zu Sprachkursen sichern, wenn sie sich arbeitssuchend melden.

CSU kritisiert SPD-Pläne

Die Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag, Andrea Lindholz, ist mit dem jüngsten Kompromiss der Bundesregierung zu Asyl und Abschiebungen nur in Teilen zufrieden. „Das Migrationspaket enthält Licht und Schatten“, sagte die CSU-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur.

Positiv seien die darin vorgesehenen Leistungskürzungen für Menschen, die bereits in einem anderen EU-Staat als Flüchtling anerkannt seien, erklärte Lindholz. Denn nur so könne die Zahl der Flüchtlinge, die nach Deutschland weiterzögen, begrenzt werden. Eine echte Entlastung sei auch die bis Mitte 2022 befristete Erlaubnis, Abschiebehaftplätze in regulären Justizvollzugsanstalten zu schaffen. Diese Regelung sei „wegen des krassen Mangels an Abschiebehaftplätzen“ in den Ländern überfällig.

Die rechtlichen Hürden für die Anordnung von Abschiebehaft bleiben nach Einschätzung von Lindholz aber auch nach der geplanten Reform immer noch zu hoch. Eine bessere Regelung sei „auf Druck der SPD“ nicht zustande gekommen, erklärte sie bedauernd.

Warnung vor falschen Signalen

Völlig falsch sei der in dem Paket ebenfalls enthaltene Gesetzentwurf zur Beschäftigungsförderung von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD), kritisierte Lindholz. Dieser sieht vor, dass auch arbeitswillige Asylbewerber mit schlechter Bleibeperspektive Zugang zu Integrationskursen und Sprachförderung erhalten sollen. Lindholz sagte: „Grundsätzlich muss jeder, der nach einem aufwendigen rechtsstaatlichen Asylverfahren de facto keinen Schutzstatus hat, ausreisen und sollte daher auch keine Integrationshilfen erhalten.“ Der Staat dürfe hier keine widersprüchlichen Signale senden.

Kommunen unterstützen Rückkehr-Gesetz

Der Deutsche Städte-und Gemeindebund hält das „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“ für ein „geeignetes und gutes Instrument“, um eine Überforderung der Städte und Gemeinden zu vermeiden, wie Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der Neuen Osnabrücker Zeitung sagte. Im vergangenen Jahr seien noch immer rund 180.000 Migranten nach Deutschland gekommen, die die Kommunen vor Herausforderungen bei Unterbringung, Versorgung und Integration stellten. „Weniger als 40 Prozent von ihnen erhalten einen Status als anerkannte Flüchtlinge oder als Schutzbedürftige“, sagte Landsberg. Denn viele der Ankömmlinge würden in den Herkunftsländern eben nicht verfolgt, sondern kämen aus wirtschaftlichen Gründen.

(dpa/BK)