Kontingent ausgeschöpft
Die große Koalition hat den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte auf 1000 Personen pro Monat beschränkt. Das Kontingent wird jetzt voll ausgeschöpft. 36.000 weitere Antragsteller stehen schon bereit. Mehr Asylbewerber gab es im Januar.
Familiennachzug

Kontingent ausgeschöpft

Die große Koalition hat den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte auf 1000 Personen pro Monat beschränkt. Das Kontingent wird jetzt voll ausgeschöpft. 36.000 weitere Antragsteller stehen schon bereit. Mehr Asylbewerber gab es im Januar.

Bei der Vergabe von Visa für den Familiennachzug von Flüchtlingen mit eingeschränktem Schutzstatus wird nach einem Zeitungsbericht inzwischen das festgelegte Kontingent von 1000 pro Monat voll ausgeschöpft.

Im vergangenen Dezember hätten Konsulate und Botschaften 1050 Visa erteilt, im Januar 1096. Das schreibt die Neue Osnabrücker Zeitung unter Berufung auf Zahlen des Bundesinnenministeriums. In diesem Monat gingen bis zum 18. Februar schon 701 Visa an nachziehende Familienangehörige. „Der Familiennachzug hat Fahrt aufgenommen, die Verfahren haben sich eingespielt”, sagte ein Ministeriumssprecher der Zeitung.

1000 Familienangehörige pro Monat

Union und SPD hatten sich geeinigt, den seit März 2016 ausgesetzten Familiennachzug zu „subsidiär Schutzberechtigten” ab August 2018 wieder zu ermöglichen. Allerdings dürfen nur 1000 Angehörige pro Monat kommen. Für die Familienzusammenführung sollte zudem ein neues Verfahren gelten, das neben den deutschen Auslandsvertretungen auch die Ausländerbehörden und das Bundesverwaltungsamt beteiligte. In Berlin rechnete man darum mit Anlaufschwierigkeiten.

Deshalb sollte es für die ersten fünf Monate ein Gesamtkontingent von 5000 Visa geben. Bis Ende November wurden allerdings nur 1562 Visa erteilt. Zum Jahresende stieg die Zahl sprunghaft an. So dass es 2018 schließlich 2612 Visa waren. Das für das gesamte Jahr vereinbarte Kontingent von 5000 Angehörigen blieb dennoch unterschritten. Auf diesen Grenzwert hatten sich CDU/CSU und SPD nach zähen Verhandlungen verständigt.

Inzwischen steigt der Antragsdruck jedoch deutlich. Dem Zeitungsbericht zufolge lagen Mitte Februar in den deutschen Botschaften schon gut 36.000 Terminanfragen von Personen vor, die über den Familiennachzug nach Deutschland kommen wollen. Das ergibt sich aus der Antwort der Bundesregierung auf eine mündliche Frage der Linken-Abgeordneten Ulla Jelpke.

36.000 Anfragen

Die Linken verlangen nun, die Grenze von 1000 Menschen im Monat völlig abzuschaffen − und die Familiennachzugstore weit zu öffnen. „Die Beschränkungen müssen umgehend zurückgenommen werden. Das Recht auf Familiennachzug muss wieder für alle Flüchtlinge gelten”, fordert etwa Jelpke.

Dazu muss man wissen: Bei der Zahl von 1000 Personen pro Monat geht es nur um Familiennachzug für Flüchtlinge mit subsidiärem Schutzstatus. Zur Gruppe der Migranten mit solch eingeschränktem Schutzstatus gehören viele Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien. Nach dem Ende des Fluchtgrundes sollen sie wieder in ihre Heimat zurückkehren. Familiennachzug für Migranten mit anerkanntem Flüchtlings- oder Asylstatus ist dagegen nicht begrenzt oder kontingentiert. Ihr Anspruch auf Familiennachführung besteht ohne Nachweis der Sicherung des Wohnraums und des Lebensunterhalts. Familiennachzug ist für Kinder unter 18 Jahren, für Ehepartner und für Eltern unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge gestattet.

2018: 185.853 Asylanträge

Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang die Gesamtentwicklung des Flüchtlingsandrangs: Im Jahr 2018 wurden vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) 185.853 Asylanträge neu entgegengenommen (161.931 Erst- und 23.922 Folgeanträge), ein Rückgang zum Vorjahr um 16,5 Prozent, berichtet die in Nürnberg ansässige Behörde. Im Jahr 2018 hat das BAMF außerdem über insgesamt 216.873 Asylanträge entschieden. Insgesamt erhielten dabei 41.368 Personen die Rechtsstellung eines Flüchtlings nach Genfer Konvention (19,1 Prozent aller Asylbewerber). 25.055 Personen erhielten subsidiären Schutz (11,6 Prozent) und 9548 Personen Abschiebungsschutz (4,4 Prozent). Die Anträge von 75.395 Personen wurden abgelehnt (34,7 Prozent). Anderweitig erledigten sich die Anträge von 65.507 Personen (30,2 Prozent).

Von den insgesamt 161.931 Erstantragstellern kamen mit 44.167 die meisten aus Syrien, gefolgt von 16.333 aus dem Irak und 10.857 aus Iran. Mit 10.168 Erstanträgen stellten Nigerianer im vergangenen Jahr die viertgrößte Migrantengruppe. 10.160 Erstantragsteller kamen aus der Türkei und 9942 aus Afghanistan. 5571 und 5073 Erstanträge stellten Migranten aus den ostafrikanischen Ländern Eritrea und Somalia. Hinter 3938 Erstantragstellern aus der Russischen Föderation dürften sich zumeist Tschetschenen verbergen.

Auffällige Steigerungen im Januar

Im Januar 2019 gingen beim BAMF insgesamt 17.051 Asylanträge neu ein. Das ist wieder eine deutliche Steigerung gegenüber 10.561 Anträgen im Dezember und 14.130 Anträgen im November 2018 − und die höchste monatliche Zahl seit November 2017. Mit 3647 Personen kamen in diesem Januar die meisten Antragsteller aus Syrien, gefolgt von 1498 Irakern.

Auf Rang drei stehen jetzt Asylbewerber aus Nigeria. Auffällig: Die Zahl der Antragsteller aus Nigeria hat sich von 554 Personen im Dezember 2018 auf 1248 Personen im Januar 2019 mehr als verdoppelt. Die meisten Asylanträge aus Nigeria werden abgelehnt. 2018 erhielten nur 43 von insgesamt 13.035 Nigerianern ein Asylrecht nach Artikel 16 GG, weitere 751 erhielten die Flüchtlingsanerkennung des §3 Absatz 1 Asylgesetz. Subsidiären Schutz nach §4 Absatz 1 Asylgesetz erhielten 127, ein Abschiebeverbot nach § 60 Aufenthaltsgesetz 888 Nigerianer. 5809 Anträge wurden dagegen abschlägig beschieden, 5417 erledigten sich anderweitig.

Bedenklich stimmt in diesem Zusammenhang ein Spiegel-Bericht: Der Bundesnachrichtendienst warnt danach laut einem dem Magazin angeblich vorliegenden vertraulichen Dokument angeblich vor der Ausbreitung mafiöser Organisationen aus Nigeria in Deutschland. Der starke Zuzug nigerianischer Asylbewerber, die vermehrt aus Italien in die Bundesrepublik einreisten („Sekundärmigration“ innerhalb Europas), werde zu einem Aufwuchs der „äußerst brutal agierenden nigerianischen Strukturen der organisierten Kriminalität führen“, zitierte Der Spiegel online aus dem Papier. Bis zu 80 Prozent der aus Nigeria stammenden Frauen, die sich nach Europa durchschlagen können, würden danach sexuell ausgebeutet und in die Prostitution gezwungen. Die SZ zitiert zudem aus der ergänzenden Asylstatistik der Bundesregierung, dass fast 100 Prozent der erwachsenen Migranten aus Nigeria in den ersten zehn Monaten 2018 ohne Ausweis nach Deutschland gekommen sind.

(dpa/BK(H.M.)