Seehofer kündigt Konsequenzen an
Bundesinnenminister Seehofer schließt in der Affäre um unzulässig ausgestellte Asylbescheide durch das Bamf personelle Konsequenzen nicht aus. Er werde alles tun, damit die Dinge aufgeklärt werden. Im Zentrum stehen die Vorfälle in Bremen bis 2016.
Bamf

Seehofer kündigt Konsequenzen an

Bundesinnenminister Seehofer schließt in der Affäre um unzulässig ausgestellte Asylbescheide durch das Bamf personelle Konsequenzen nicht aus. Er werde alles tun, damit die Dinge aufgeklärt werden. Im Zentrum stehen die Vorfälle in Bremen bis 2016.

«Ich werde in der nächsten Woche Entscheidungen über organisatorische und gegebenenfalls auch personelle Konsequenzen treffen», sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer der Mittelbayerischen Zeitung. Er werde alles tun, «damit die Dinge ohne Ansehen von Personen oder Institutionen aufgeklärt werden, denn sie haben das Vertrauen in das Bamf beschädigt.» Weiter sagte Seehofer, er müsse jetzt entscheiden, «was wir an Vorkehrungen treffen müssen, damit rechts- und regelwidrige Asylverfahren verhindert werden können und ob die im letzten Jahr eingeführten Maßnahmen zur Qualitätssicherung wie das Vier-Augen-Prinzip ausreichend sind.» Sein Fazit: «Es muss eine Menge geschehen, nicht nur in Bremen.»

Im Blick: Das Bamf in Bremen von 2013 bis 2016

Im Zentrum der Affäre steht die Bamf-Außenstelle in Bremen. Dort sollen zwischen 2013 und 2016 Mitarbeiter mindestens rund 1200 Menschen ohne ausreichende rechtliche Grundlage Asyl gewährt haben. Gegen die damalige Bremer Bamf-Chefin und weitere Verdächtige laufen Ermittlungen wegen Bestechlichkeit und bandenmäßiger Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung. Inzwischen überprüft das Bundesamt auch zehn andere Außenstellen, die Flüchtlingen über- oder unterdurchschnittlich oft Schutz gewährt haben. Auf die Frage, ob es dort anders als in Bremen «nur» um Schlamperei, Unvermögen oder schlichte Überlastung gehe, sagte Seehofer: «Letzteres scheint der Fall zu sein. Aber ich sage immer: Scheint der Fall zu sein. Wir sind ja mit Hochdruck dabei, die ganzen Dinge aufzuklären.»

Es muss eine Menge geschehen, nicht nur in Bremen.

Horst Seehofer

Die flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Bundestag, Luise Amtsberg, äußerte Zweifel an Jutta Cordt als Chefin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf). «Wenn sich weiter verdichtet, dass die Leiterin des Bamf entweder Hinweise ignoriert hat oder nicht hinreichend informiert wurde, ist sie kaum mehr zu halten», sagte Amtsberg der «Rheinischen Post». In der Bamf-Zentrale waren die Unregelmäßigkeiten schon Anfang 2016 bekannt. Am 25. Januar 2016 habe es einen anonymen Hinweis beim Ombudsmann des Bundesinnenministeriums gegeben, sagte Innenstaatssekretär Stephan Mayer (CSU) in einer Sitzung des Innenausschusses, wie die dpa erfuhr. Auch die «Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung» berichtete das. Das Bamf habe 2016 Strafanzeige gegen Unbekannt erstattet. Die damalige Bremer Leiterin sei am 21. Juli 2016 des Amtes enthoben worden. Ein Disziplinarverfahren sei im März 2017 mit der Kürzung ihrer Bezüge abgeschlossen worden. Seehofer hat einer Sprecherin zufolge erstmals am 19. April 2018 von den Vorgängen in Bremen erfahren, nachdem die Staatsanwaltschaft am Vortag mit Durchsuchungen begonnen hatte. Öffentlich war die Affäre am Tag danach bekannt geworden.

Bremer Vorfälle vor Seehofers Amtszeit

Einen Untersuchungsausschuss zum Skandal um mutmaßlich falsche Bescheide, wie ihn die FDP und die AfD im Bundestag fordern, lehnen die Grünen ab. Für einen solchen Ausschuss müsste ein Viertel der Abgeordneten stimmen, neben AfD und FDP müsste also noch eine dritte Fraktion zustimmen. Die Linke hält sich eine Zustimmung offen, obwohl sich einzelne Abgeordnete der Partei zunächst dagegen ausgesprochen hatten. Die SPD forderte Seehofer zum Durchgreifen auf, will aber keinen Untersuchungsausschuss. Seine Partei erwarte vom Innenminister und der Leitung des Bamf, dass Schwachstellen innerhalb der Behörde schnellstmöglich abgestellt werden, sagte der SPD-Innenpolitiker Burkhard Lischka der Deutschen Presse-Agentur. «Wir brauchen eine Flüchtlingsbehörde, die in jedweder Hinsicht gut funktioniert und arbeitet.» Innenminister Horst Seehofer (CSU) hatte im Bundestag gesagt, ein Untersuchungsausschuss sei für ihn «keine Bedrohung». Die Bremer Vorfälle hätten sich vor seiner Amtszeit ereignet.

Der Innenexperte der CDU/CSU-Fraktion, Mathias Middelberg, verteidigte die bisherigen Aufklärungsbemühungen Seehofers. Die angekündigte Überprüfung der Arbeit des Bamf durch den Bundesrechnungshof sei genau richtig, sagte Middelberg der «Augsburger Allgemeinen». Der Rechnungshof sei unabhängig und befähigt, mögliche systemische Mängel beim Bamf aufzudecken. «Sollte es im Bundestag zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses kommen, stehen wir dem aber auch sehr offen gegenüber», bekräftigte der CDU-Politiker.