CSU-Parteivorsitzender und Bundesinnenminister Horst Seehofer. (Foto: BK/Nikky Maier)
Jamaika

Eine Belastung für Deutschland

CSU-Chef Horst Seehofer bedauert das Scheitern der Jamaika-Sondierungen. Eine Einigung war seiner Meinung nach zum Greifen nahe. Fraktionschef Thomas Kreuzer lehnt eine Minderheitsregierung mit den Grünen ab und sieht gute Chancen bei Neuwahlen.

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer zeigt sich enttäuscht über das Scheitern der Jamaika-Sondierungen in Berlin. Es sei „schade“, dass die FDP aus den Gesprächen ausgestiegen und dass es nicht gelungen sei, zum Ende zu führen, „was zum Greifen nahe war“. Dies bedeute „eine Belastung für die Bundesrepublik Deutschland insgesamt, weil wir trotz großer politischer Herausforderungen national und weltweit im Moment eben nicht zu einer neuen Regierungsbildung kommen konnten“.

Ich bin über weite Strecken des heutigen Tages davon ausgegangen, dass es am Ende dieses Tages auch zur Regierungsbildung oder zur Koalitionsbildung kommen kann.

Horst Seehofer

Seehofer erklärte, man habe in vielen Themenbereichen bereits Verständigungen erreicht, zum Beispiel in der Landwirtschaft, die einer „ökologischen Förderung“ zugeführt werden sollte. „Auch in vielen anderen Bereichen, wenn es um den Wohnungsbau, um soziale Fragen, um wirtschaftliche Fragen ging, waren die Ergebnisse zum Greifen nahe“, so Seehofer. Auch in der schwierigen Frage der Zuwanderung, „eines Regelwerks für die Zuwanderung, das alle Aspekte umfasst, von der Bekämpfung der Fluchtursachen bis zur Begrenzung der Zuwanderung, wäre eine Einigung möglich gewesen“, sagte Bayerns Ministerpräsident.

Enttäuschung über die FDP

Ein Jamaika-Bündnis hätte es ermöglicht, eine Antwort auf das Wahlergebnis zu geben, nämlich die Polarisierung in der Bundesrepublik Deutschland zu überwinden und politisch radikale Kräfte zurückzudrängen, sagte Seehofer.

Auch CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer bedauerte das Scheitern der Jamaika-Sondierungsverhandlungen. Zur Entscheidung der FDP, den Verhandlungstisch mit Grünen, CSU und CDU zu verlassen, sagte Scheuer am Montag im ZDF-„Morgenmagazin“: „Da habe ich Respekt davor, aber ich finde es nicht gut. Ich finde es schade.“ Die traurige Nachricht an die Bürgerinnen und Bürger sei, dass die nächsten Wochen „sehr, sehr schwierig“ würden – „und vielleicht sogar keine Werbeveranstaltung für Parteipolitik“.

Eine Minderheitsregierung mit den Grünen wird es sicherlich nicht geben.

Thomas Kreuzer, CSU-Fraktionschef im bayerischen Landtag

Scheuer sieht jetzt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in der Pflicht. Er solle sich bemühen, die Blockadehaltung der SPD zu beenden. Er hoffe, so Scheuer, dass der Bundespräsident der SPD noch einmal klar mache, dass es zwei Möglichkeiten zur Regierungsbildung gebe: „Eine ist jetzt gescheitert, und die andere scheitert an der Totalverweigerung der Sozialdemokraten. Ich denke, das werden noch sehr interessante Tage, die uns ins Haus stehen.“

CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer lehnte eine Minderheitsregierung mit den Grünen ab. „Eine Minderheitsregierung mit den Grünen wird es sicherlich nicht geben“, sagte Kreuzer. Aus Neuwahlen würde die CSU seiner Meinung nach eher gestärkt herausgehen. Seine Partei habe sich bemüht, diese Regierung zu bilden. Dies sei aber nicht möglich gewesen. Die FDP habe sich hingegen schon relativ früh dafür entschlossen, diese Koalition nicht zu machen. „Ich glaube, dass die FDP aus ihrer Sicht konsequent gehandelt hat, aber aus Sicht des Staates ist das nicht gut“, sagte der CSU-Politiker.

SPD steht in der Verantwortung

Der Europaabgeordnete und stellvertretende CSU-Vorsitzende Manfred Weber gab ebenfalls der FDP die Schuld am Scheitern der Gespräche. Auf Twitter schrieb Weber: „Eine Einigung bei #JamaikaSondierung war möglich. Die CSU wollte die Einigung. Wir stehen zur Verantwortung. Zwei Parteien, SPD und FDP, verweigern sich der Verantwortung für Deutschland.“

Die Rosenheimer CSU-Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig, die selbst an den Verhandlungen teilgenommen hatte, erklärte, es sei bedenklich, dass mittlerweile vier von den sechs im Deutschen Bundestag vertretenen Fraktionen diese Verantwortung für sich nicht sähen. „Insbesondere die Verweigerungshaltung, überhaupt in Gespräche einzutreten, halte ich für unverantwortlich“, so Ludwig. In den Sondierungen habe trotz aller parteipolitischer Unterschiede bereits in vielen Politikbereichen Einigkeit geherrscht. Dabei sei die Union in der Frage der Begrenzung der Zuwanderung nicht von ihrem klaren Standpunkt abgerückt.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann sagte, man werde jetzt noch einmal versuchen, ob die SPD nicht doch zu Gesprächen bereit sei. Allerdings habe er da wenig Hoffnung.

(dpa/PM)