Christkindlmärkte sind auch ein Tummelplatz für Taschendiebe. (Bild: Imago/Skata)
Taschendiebe

Klaut nicht in Bayern!

Taschendiebe machen einen Bogen um Bayern – wie auch andere Straftäter. Das ergab eine Studie der Webseite Shopping.de zu den Taschendiebstahlshochburgen in Deutschland. Düsseldorf, Berlin, Hamburg und Köln liegen „vorne“, München erst auf Platz 41.

Der Schock sitzt tief, wenn man erkennt, dass die Geldbörse, das Handy oder die Autoschlüssel beim Einkaufsbummel geklaut wurden. Eine Chance auf Wiedererlangung ist gering, wie die niedrigen Aufklärungsquoten belegen. „Mittlerweile werden die Straftaten derart professionell von gut organisierten Diebesbanden durchgeführt, dass bereits die Polizei in Berlin nur noch Diebstahls-Anzeigen nachgeht, die Aussicht auf Ermittlungserfolg haben“, sagt das Portal „Shopping.de“. Wer die Probleme der Berliner Polizei schon mit schweren Delikten kennt, der kann sich ausrechnen, was das bedeutet.

In der Kriminalistik gibt es die „Broken-Windows-Theorie“, nach der – vereinfacht gesagt – in kurzer Zeit der ganze Stadtteil verfällt, wenn irgendwo ein Fenster eingeworfen und nicht repariert wird. Das soll heißen, wenn man kleine Delikte nicht oder nur unzureichend verfolgt, zieht das die großen Verbrechen nach sich. Zu beobachten war das etwa in der einstigen US-Verbrechenshochburg New York, die durch die „Zero Tolerance“-Strategie des einstigen Bürgermeisters Rudolph Giuliani wieder zu einer relativ sicheren Stadt wurde.

Die Hochburgen der Taschendiebe

Zu solch kleinen Delikten gehört der Taschendiebstahl. Und eine Hoch-Zeit der Taschendiebe ist gerade zu Ende: Die Advents- und Weihnachtsmarktzeit, wo sich im Gedränge stets auch die Kleinkriminellen tummeln. Da passt die Studie des Schnäppchenportals „Shopping.de“ in über 400 Städten und Kreisen in Deutschland, die auf Daten von den Polizeibehörden, den Landeskriminalämtern und des Bundeskriminalamtes beruht. Die Studienmacher sind zu der Überzeugung gekommen, dass die hohe Anzahl der Taschendiebstähle durchaus auch „ein Spiegelbild des Landes“ sei.

In der Tat: Zu beobachten ist, das zeigt schon ein kurzer Blick auf die mit rot (gefährlich: mindestens 25 Prozent mehr Diebstähle als im deutschen Schnitt), grau (durchschnittlich) und grün (relativ sicher) markierte Deutschlandkarte, dass Taschendiebe um Bayern offenbar einen Bogen machen.

Die Klau-Hochburg Düsseldorf

„Shopping.de“ hat erstmals auch alle Landkreise in den Vergleich einbezogen. Die Top 10 der Klau-Hochburgen führen aber Großstädte an: Düsseldorf mit 1314 Taschendiebstählen pro 100.000 Einwohner (EW). Das liegt 1349 Prozent über dem deutschen Schnitt von etwas über 90 Fällen pro 100.000 Einwohner. 8041 Taschendiebstähle wurden in Düsseldorf insgesamt angezeigt. Nimmt man aber wie die Studienmacher an, dass tatsächlich 90 Prozent der Taschendiebstähle nicht zur Anzeige kommen, so wären es real mehr als 80.000 in Düsseldorf gewesen.

Dieser Rekord ist auch keine Eintagsfliege – das hohe Niveau ist gleichbleibend: 8605 Taschendiebstähle waren es im Jahr 2015, 8141 im Jahr 2014 und 8299 im Jahr 2013. Wie in Stein gemeißelt sind laut „Shopping.de“ auch die schlechte Aufklärungsquote und die hohe Anzahl nichtdeutscher Tatverdächtiger: 5,3 Prozent der Fälle werden hier aufgeklärt und 85,8 Prozent der Tatverdächtigen sind nichtdeutscher Herkunft.

Die „Top“ Ten

Hinter Düsseldorf folgen Berlin (1271 pro 100.000 EW), Hamburg (1032), Köln (937), Wuppertal (625), Dortmund (611), Gelsenkirchen (585), Bonn (553), Heidelberg (516) und Bremen (490). Die erste bayerische Kommune taucht erst auf Platz 41 auf: Die Millionenstadt München mit 210 Taschendiebstählen pro 100.000 Einwohner.

In absoluten Zahlen liegt Berlin mit 44.722 Taschendiebstählen – das ergibt fünf Anzeigen pro Stunde – weit vor Hamburg mit 18.452 und Köln mit 9941, Düsseldorf belegt hier Platz vier. München liegt hier mit 3049 auf Platz sieben. In Berlin gibt es einen enormen Anstieg zu verzeichnen: Im Jahr 2014 waren es „nur“ 32.121, ein Jahr später schon 40.399 Taschendiebstähle, jetzt 44.722. Das bedeutet einen Zuwachs von mehr als 12.000 Straftaten innerhalb von nur zwei Jahren.

Hier macht Gelegenheit die Diebe

Vier Landkreise führen das Ranking der sicheren Kommunen an. Mit nur fünf Diebstählen je 100.000 EW liegen die Kreise Hildburghausen, Unstrut-Hainich, Greiz und das bayerische Straubing-Bogen im sicheren Bereich – das sind 3 bis 5 angezeigte Delikte im Jahr. Hier klauen – wenn überhaupt – die Deutschen noch selbst: 0,0% nichtdeutsche Tatverdächtige! Es sei aber angemerkt, dass ein Großteil der sicheren Kommunen nicht zentral liegt und große Menschenansammlungen dort eher selten sind. Dort sind es Gelegenheitsdiebe, nicht wie in den Metropolen gut organisierte Banden. Die „sicherste Stadt“ mit über 100.000 Einwohnern ist Salzgitter (Platz 221) mit 38 Taschendiebstählen je 100.000 EW (absolut: 38), gefolgt vom bayerischen Fürth (Platz 215) mit 39 Delikten je 100.000 EW (absolut: 48).

Deutschlands Taschendiebe sind Ausländer

Deutschland kämpft seit Jahren, besonders seit Öffnung des Schengenraumes nach Osteuropa 2007, mit anhaltend hohen Taschendiebstahlquoten jenseits der 100.000 angezeigten Straftaten, mittlerweile fast 165.000, seit 2012 ein steter jährlicher Zuwachs von rund 12.000 Delikten. Mit hoher Dunkelziffer. Dahinter steckt die Organisierte Kriminalität.

Innerhalb der vergangenen 30 Jahre stieg die Quote um 528 Prozent an. Beschauliche 26.239 Delikte zählte man 1987 im früheren Bundesgebiet. Im Jahr des DDR-Beitritts waren es fast 51.000. Zum ersten Mal sechsstellig wurde es 1993 (100.984 Straftaten).

Die Anzahl der nichtdeutschen Tatverdächtigen stieg zwischenzeitlich auf 77 Prozent (1992). Auffällig zu dem Zeitpunkt: 53 Prozent der Tatverdächtigen besaßen 1992 den Status Asylbewerber, was wohl am damaligen jugoslawischen Nachfolgekrieg lag. Nach einem kurzen Abflauen in den Jahren von 2000 bis 2009 (zwischen 52 und 57 Prozent), ist die Anzahl der nichtdeutschen Tatverdächtigen wieder bei 76 Prozent im Jahr 2016 angekommen. Ungeliebt in der öffentlichen Wahrnehmung sind auch diese polizeilichen Zahlen: 40 Prozent der ermittelten nichtdeutschen Tatverdächtigen kommen vom Balkan oder aus Osteuropa, 33 Prozent aus den sogenannten Maghreb-Staaten (inkl. Libyen) und 10 Prozent aus dem Nahen und Mittleren Osten (Daten für 2016).

Die Aufklärungsquoten sind seit 30 Jahren ein fortwährendes Trauerspiel. Nur ein einziges Mal schafften es die Behörden – landesweit – in den zweistelligen Bereich: 10,2 Prozent im Jahr 1988. Die restlichen Jahre bewegten sich die Quoten zwischen 4,4 und 9,6 Prozent.

Schadenssummen und Beute

Verzeichnete man 2011 noch eine Schadenssumme von 29,5 Millionen Euro, schoss der Betrag geradezu hoch bis auf 51,4 Millionen Euro im Jahr 2016. Die meisten Taschendiebe (45,8 Prozent) verursachen einen Schaden zwischen 50 und 250 Euro. Alle Achtung: Im Jahr 2016 verzeichneten die Behörden sogar 23 Taschendiebstähle mit einer Schadenssumme von mehr als 25.000 Euro.