Wieder schön in Oberfranken: Thurnau hat das Ortszentrum mit dem Schloss erneuert. (Foto: H.Hampl)
Dörfer

Schöner leben auf dem Land

Mit der "Förderinitiative Nordostbayern" hilft der Freistaat strukturschwachen Gemeinden, ihre Ortskerne aufzuwerten und wieder attraktiv für Zuzügler zu werden. In Neudrossenfeld und Thurnau zeigt die Offensive bereits Wirkung.

Wer die A70 verlässt, landet schnell in Neudrossenfeld. Aber Neudrossenfeld hat mehr zu bieten als einen Autobahnanschluss. Rund 4000 Einwohner leben in der Gemeinde, durch die sich der Rote Main schlängelt. Die Rotmainauen sind Heimat für seltene Tiere und Pfanzen, Störche rasten hier, Biber nagen Bäume um. Über dem Ort thront die Dreifaltigkeitskirche, eine der schönsten Barockkirchen Frankens. Mit dem „Schloss“ gibt es ein Lokal, das der Guide Michelin empfiehlt. Nebenan braut das „Bräuwerck“ Bier unterhalb der alten Tanzlinde. Mit der dazugehörigen Gastwirtschaft ist vor vier Jahren ein Ort für Stammtische, Volksmusik, Hochzeiten, Vereine und fränkische Küche entstanden, der Gäste aus der gesamten Region anzieht.

Es geht uns um eine lebenswerte Heimat.

Joachim Herrmann

Das „Bräuwerck“ ist ein Projekt, das Mut erforderte, aber das beweist: Mit genug Geld und überzeugten Bürgern ist es möglich, Ortskerne wiederzubeleben. In diesem Fall zum einen durch eine Aktiengesellschaft, die Anteile im Wert von 850.000 Euro (Stückpreis: 250 Euro) ausgegeben hat. Zum anderen sind aber auch hohe öffentliche Mittel in das gesamte „Bräuwerck“-Areal mit seinen vielen unter Denkmalschutz stehenden Gebäuden geflossen. Das Ensemble ist nun wieder die Seele des Dorfes. Diese gemeinsame Belebung durch öffentliche Hand und Aktiengesellschaft ist selten. 7,5 Millionen Euro fielen an Bau-, Planungs- und Finanzierungskosten an, rund sechs Millionen Euro flossen an Fördermitteln.

Doch auch, wenn der Ort ein neues, kräftig schlagendes Herz hat – es gibt noch Baustellen. Damit Gemeinden wie Neudrossenfeld es schaffen, ihre Ortskerne wieder attraktiv zu machen, hat der Freistaats Bayern die „Förderoffensive Nordostbayern“ ins Leben gerufen. Sie soll helfen, Leerstände in den Zentren zu beseitigen.

Initiative für Nordostbayern

Der Strukturwandel hat Nordostbayern in den vergangenen Jahrzehnten hart getroffen. Die Folgen sind Bevölkerungsverluste und Leerstände. Dadurch verlieren Ortskerne Attraktivität. Deswegen hat der Freistaat auf sein Budget der Städtebauförderung und der Dorferneuerung eine Schippe draufgepackt: in den Jahren 2017 bis 2020 wird die Förderung von Maßnahmen, die Stadt- und Ortskerne wiederbeleben mit einem höheren Satz gefördert, nämlich satten 90 Prozent. 25 Millionen Euro stehen dafür allein in diesem Jahr zur Verfügung. Dies gilt in den oberfränkischen Landkreisen Hof, Kronach, Kulmbach und Wunsiedel sowie der kreisfreien Stadt Hof und im Landkreis Tirschenreuth in der Oberpfalz. Die Offensive soll helfen, die Region aufzuwerten und Zuwanderung zu unterstützen. Denn es geht bei den Maßnahmen nicht nur um Wirtshäuser oder Museen, die Orte attraktiv machen – es geht auch um Wohnraum.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann, in dessen Ressort die Städtebauförderung angesiedelt ist, hat im Oktober nach Fürth zur ersten Fachtagung ‚Wohnraum- und Städtebauförderung in Bayern‘ eingeladen. Unter dem Motto „Wohnen und Leben mittendrin“ haben Vertreter von Kommunen, Wohnungsunternehmen und Planern über Möglichkeiten gesprochen, den Immobilienmarkt fit für die Zukunft zu machen und gleichzeitig Städte lebendig zu erhalten.

„Unser Ziel ist mehr bezahlbarer und attraktiver Wohnraum in Bayern“, sagt Bauminister Herrmann. Bauen, Bauen und nochmals Bauen sei das Gebot der Stunde. „Wir brauchen vor allem auch eine aktivere Wohnungs- und Städtebaupolitik in Berlin.“ In den Ballungsräumen werden händeringend bezahlbare Wohnungen gesucht, in den strukturschwachen ländlichen Gegenden müssen die Versorgungsstrukturen gesichert werden. Die Länder und Kommunen dürfen laut Herrmann mit dieser schwierigen Aufgabe nicht alleingelassen werden. Dazu gehören beispielsweise bessere Rahmenbedingungen für den Wohnungsbau: „Der Bund ist in der Pflicht, schnell für die richtigen Weichenstellung zu sorgen.“ Bauen müsse sich für Kommunen, Wohnungsbauunternehmen und Investoren rentieren.

Milliarden für den Wohnungsbau

Der Freistaat Bayern stellt gemeinsam mit dem Bund für die Städtebauförderung allein im Jahr 2017 rund 260 Millionen Euro zur Verfügung. Zusammen mit den Mitteln der Kommunen können damit Maßnahmen für knapp 370 Millionen Euro angeschoben werden. Für den Wohnungspakt Bayern stellt der Freistaat bis 2019 rund 2,6 Milliarden Euro bereit. Herrmann: „Das ist ein echter Kraftakt und eine wichtige Investition in die Zukunft unserer Städte und Gemeinden. Wir wollen damit flächendeckend für mehr Wohnraum sowie für sichere und attraktive Städte und Gemeinden sorgen. Es geht uns um eine lebenswerte Heimat für unsere Bürgerinnen und Bürgern.“ Zu den Mitteln aus der Städtebauförderung kommen in Bayern noch die Fördergelder für die Dorferneuerung, die das Landwirtschaftsministerium bereitstellt: Die Ämter für Ländliche Entwicklung bearbeiten derzeit rund 1150 Dorferneuerungen, die in 460 Fällen in Kombination mit einer Flurneuordnung durchgeführt werden.

Zurück in Oberfranken. Unweit von Neudrossenfeld schmiegt sich der Markt Thurnau an einen Hügel am nördlichen Rand der Fränkischen Schweiz. Wer einmal hier war, schwärmt von dem Örtchen. Thurnau ist eine Hochburg der Töpfer-Kunst, das Schloss mitten im Ort gehört zu den größten innerörtlichen Schlossanlagen Frankens. Der Markt ist auch als Wohnort beliebt. Auch hier gilt: Von Thurnau aus ist man schnell anderswo. Thurnau liegt an der Autobahn A70 und ist dadurch mit Bamberg, Bayreuth, Hof und Kulmbach verbunden.

Auch Thurnaus Wahrzeichen – das Schloss – profitiert von der Förderoffensive Nordostbayern, also von diesem ordentlichen Plus bei der Städtebauförderung. Ein Teil der Sanierung des Schlosses wird aus dem Topf bezuschusst. Und damit nicht genug: Das ehemalige Bahnhofsgelände wird durch den Abbruch eines maroden Gebäudes aufgewertet, weitere Schandflecken beseitigt. Thurnau wird sich zum Positiven verändern – wie das nahe Neudrossenfeld.