Wirtschaftsstaatssekretär Franz Josef Pschierer und der Portugiesische Staatssekretär Eurico Brilhante Dias (l.) treffen sich in München. (Bild: AS)
Kooperation

Netzwerk mit Portugal

Interview Was bietet Portugal Bayern und wie profitieren beide Länder von Kooperationen? Der BAYERNKURIER hat Wirtschaftsstaatssekretär Franz Josef Pschierer und den Portugiesischen Staatssekretär Eurico Brilhante Dias zum Interview getroffen.

Deutschland ist für Portugal der wichtigste Investor in die ausländische Industrie. Bayerns Wirtschaftsstaatssekretär Franz Josef Pschierer und der Portugiesische Staatssekretär Eurico Brilhante Dias wollen das Netzwerk zwischen Unternehmer, Start-ups und Studenten beider Länder enger knüpfen. Wie das funktionieren soll, welche Vorteile eine Kooperation bietet und welchen Einfluss der Brexit auf Portugals Wirtschaft hat, erklären sie im Gespräch mit dem BAYERNKURIER.

In welchen Bereichen wollen Bayern und Portugal künftig zusammenarbeiten?

Pschierer: Bayern und Portugal arbeiten in verschiedensten Bereichen eng zusammen. Über 1400 bayerische Unternehmen pflegen Geschäftsbeziehungen zu Portugal. Heute geht es jedoch vor allem darum, die Zusammenarbeit im Bereich der Luftfahrt weiter zu entwickeln. Bayern ist in dem Bereich der Luft- und Raumfahrt sehr stark aufgestellt. Wir haben die großen Weltmarktführer, etwa Airbus und MTU, aber auch zahlreiche erfolgreiche kleine und mittlere Unternehmen. Ähnlich ist es in Portugal, und das ist eine gute Voraussetzung für  Kooperationen zwischen beiden Ländern.

Dias: Für uns ist die Luft- und Raumfahrt ein aufstrebender Industriezweig, und wir verstärken die Zusammenarbeit in dieser Branche. Wir haben rund 70 Unternehmen in diesem Bereich, die rund 87 Prozent ihrer Produkte exportieren. Der Sektor ist also nicht nur für uns, sondern auch für Europa wichtig.

Wie wollen Sie den Austausch junger Menschen fördern?

Dias: Nach einer sehr schwierigen Zeit zwischen 2011 und 2014, als viele Menschen Portugal verlassen haben, bemühen wir uns sehr stark darum, nicht nur den Status quo zu halten, sondern neue Arbeitsplätze zu schaffen und Anreize für junge Menschen zu setzen. Das ist auch der Grund, warum die Luft- und Raumfahrt für uns so eine wichtige Industrie ist. Dort entstehen hochqualifizierte Arbeitsplätze, die Technik, Informations-, und Kommunikationstechnologie verbinden.

Pschierer: Das ist das zweite wichtige Thema: die Kooperation nicht nur zwischen Unternehmen, sondern auch zwischen den Hochschulen und Institutionen im Bereich Forschung und Entwicklung. Davon profitieren beide Länder.

Welchen Einfluss hat der Brexit auf die Entwicklungen in Portugal?

Dias: Im Moment haben wir in Portugal mehr Exporteure nach Großbritannien als vor einem Jahr. Und wir exportieren mehr. Auch im Tourismus hatten wir eine Steigerung in den ersten Monaten in diesem Jahr, doch dann im Juli und August war es vorbei. Trotzdem ist Großbritannien ein sehr wichtiger Handelspartner für Portugal, und wir versuchen unsere Beziehungen weiterhin gut zu entwickeln. Unter Beachtung, dass Portugal mit der Position der Europäischen Union vollkommen übereinstimmt.

Welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang Bayern für Sie?

Dias: Bayern gehört zu Deutschland, und Deutschland ist nach Spanien und Frankreich unser drittwichtigster Handelspartner. Wichtig dabei ist, dass Deutschland der wichtigste ausländische Investor in die Industrie ist.

Und wie profitiert Bayern davon?

Pschierer: Bayerns wirtschaftlicher Erfolg basiert zu einem Großteil auf dem Export. Deshalb sind gute Handelsbeziehungen für uns ganz entscheidend. Für mich ist es auch wichtig, nicht nur Geschäftsverbindungen zwischen Unternehmen zu pflegen, sondern auch die Zusammenarbeit in der Forschung zu vertiefen – etwa mit der Technischen Universität in München und der Hochschule für angewandte Wissenschaften. Aber auch das Forschungsprojekt Galileo bietet beiden Seiten gute Möglichkeiten zur Zusammenarbeit.

Dias: Unsere Beziehung mit Deutschland als ein föderaler Staat war immer schon wichtig. Nicht nur als Handelspartner, auch als Freund in schwierigen Zeiten, beispielsweise während der Revolution 1974. Und allein die Dimensionen beider Länder – Portugal hat knapp über zehn Millionen Einwohner und Bayern 12,5 Millionen Einwohner – zeigt die Nähe beider Staaten. Und wir wollen Beziehungen nicht nur zu Deutschland, sondern auch zu einzelnen Bundesländern fördern. Weil wir glauben, sie sind näher dran an einigen Problemen, die wir auf dem Arbeitsmarkt im Zusammenhang mit unserer Entwicklung haben, und können uns helfen, damit umzugehen.

Stichpunkt Start-ups – wie sieht es da mit der Zusammenarbeit aus?

Pschierer: Wir hatten ein erfolgreiches Seminar mit Start-ups aus beiden Ländern Mitte Juni in München – für Start-ups sind Vernetzung und Austausch ja noch wichtiger. Und wir haben den Nationalfeiertag von Portugal gefeiert, um die Partnerschaft zwischen Bayern und Portugal sichtbar zu machen.

Worin liegt der Vorteil für bayerische Unternehmensgründer an der Zusammenarbeit mit portugiesischen Firmen oder wenn sie nach Portugal gehen?

Pschierer: Es geht um den Austausch von Erfahrungen und Wissen. Das ist generell wichtig und für junge Gründer einmal mehr. Genauso profitieren wir davon, wenn junge Leute aus Portugal nach Bayern kommen. Wir können auch voneinander lernen, wenn es darum geht, die Probleme von Start-ups zu lösen, die in beiden Ländern ähnlich sind: Start-ups haben etwa oft Schwierigkeiten, eine Finanzierung zu finden. Das ist aber notwendig, wenn aus einer zum Beispiel an der Universität entwickelten Idee ein Unternehmen werden soll.

Dias: Ich arbeite jetzt zwar für die portugiesische Regierung, aber ursprünglich bin ich Professor an der Universität gewesen. Wir haben eine Menge ausländischer Studenten, aber die meisten von ihnen sind Deutsche.

Was ist der Grund dafür?

Dias: Es ist beides: Die Lebensqualität in Portugal, aber auch der ausgezeichnete Ruf unserer Universitäten. Zwei der 25 besten weltweiten MBA-Universitäten sind in Portugal. Und uns stehen nach der Krise gute Zeiten bevor: Die Wirtschaft wächst, die Jugendarbeitslosigkeit sinkt, und der Export steigt. Wir haben also ansprechende Voraussetzungen für Geschäfte und auch für das Privatleben. Wir sind eine sehr aufgeschlossene Gesellschaft. Wir empfangen gerne Menschen aus Deutschland und Bayern.

Das Schlüsselwort ist also „networking“?

Dias: Ja, netzwerken und Teil des Netzwerkes zu sein. Wenn du nicht integriert bist, kannst du in Zeiten der Globalisierung nicht bestehen. Türen zu schließen, ist keine Lösung.