Horst Seehofer (vorne) zu den Wahlergebnissen, mit (v.l.) Markus Blume, Angelika Niebler, Ilse Aigner, Gerda Hasselfeldt und Andreas Scheuer. (Bild: Imago/Sven Simon)
Nach der Wahl

„Mitte rechts für die Zukunft“

Parteichef Horst Seehofer bekräftigt am Tag nach der Bundestagswahl die politischen Ziele seiner Partei und verlangt, den Gesamtkurs der Union zu diskutieren. Ziel müsse es sein, eine "tiefe Spaltung des Landes" zu überwinden.

Am Tag nach der Bundestagswahl bekräftigt CSU-Chef Horst Seehofer den Anspruch seiner Partei, ihre Wahlziele in einer künftigen Regierung durchzusetzen. „Uns geht es vor allem um einen klaren Kurs Mitte rechts für die Zukunft“, sagte Seehofer am Montagmorgen vor einer Sitzung des CSU-Vorstandes. „Wir werden auf den Dingen bestehen, die wir der Bevölkerung versprochen haben. Es geht auch darum, den Gesamtkurs der Union festzulegen und zu diskutieren.“ Seehofer sagte, es sei für die CSU eine Frage der „Selbstachtung, dass wir das, was wir der Bevölkerung monatelang zugesagt haben auch weiter verfolgen und darauf bestehen“.

Uns geht es vor allem um einen klaren Kurs Mitte rechts für die Zukunft.

Horst Seehofer

Die Union habe als stärkste Fraktion den Auftrag, alle Optionen für eine Regierungsbildung zu sondieren, sagte Seehofer. „Eine Regierungsbildung ist auch ohne uns nicht möglich, nicht nur ohne die CDU/CSU, sondern auch nicht ohne die CSU. Wir werden mit dieser Sache verantwortungsvoll umgehen“, so der Parteivorsitzende. Er räumte ein, es sei eine „schwierige Gemengelage“, gleichzeitig in Berlin über eine mögliche Koalition mit Grünen und FDP verhandeln zu müssen und die rechte Flanke der Union zu schließen.

Seehofer erklärte, das Wahlergebnis zeige eine  „tiefe Spaltung des Landes“. Ziel der CSU sei es, diese Spaltung zu überwinden. „Die Spaltung gilt nicht nur in Fragen der Zuwanderung, sondern, wie wir in den letzten Wochen gemerkt haben, auch in vielen sozialen Fragen.“ Über Mieten, Wohnungen, Rente, Pflege, Familie bis zu Kindern gebe es eine breite Palette an Fragen, die konkret beantwortet werden müssten.

Das Wahlergebnis vom Sonntag nannte er eine „tiefe Enttäuschung“ und einen „herben Schlag“. Es habe keinen Anlass gegeben, dieses Wahlergebnis anzunehmen. Kritik an einer „Schaukelpolitik“ gegenüber der Bundeskanzlerin wies er zurück. „Das verstehe ich überhaupt nicht. Hätten wir neben der Auseinandersetzung mit den Konkurrenten auch noch eine Auseinandersetzung zwischen CDU und CSU führen sollen?“

Skepsis gegenüber Jamaika

Der CSU droht aus der Sicht von Spitzenkandidat Joachim Herrmann nach der Bundestagswahl kein genereller Rechtsruck. „Wir müssen die rechte Flanke schließen, das heißt aber nicht, dass wir nach rechts rücken“, sagte er am Montag vor der Sitzung des CSU-Vorstands. Die CSU müsse weiter eine Partei der Mitte bleiben. Bei der Wahl habe sie nicht nur Stimmen an die AfD verloren, „sondern genauso viele an die FDP“. Mit Blick auf eine mögliche Jamaika-Koalition aus CDU/CSU, FDP und Grünen äußerte sich Herrmann skeptisch. „Das wird nicht einfach werden, da wir mit den Grünen in den Fragen der Zuwanderung und inneren Sicherheit schon in der Vergangenheit oft gestritten haben.“ Ob er selbst auch ohne Bundestagsmandat nach Berlin gehe, ließ Herrmann offen. Die CSU brauche nun insgesamt eine neue „Aufbruchstimmung“, einen personellen Neuanfang brauche es seiner Meinung nach nicht. Vielmehr gehe es darum, die CSU für die Landtagswahl in Bayern im kommenden Jahr gut aufzustellen und einen starken Einfluss in Berlin gelten zu machen.

Generalsekretär Andreas Scheuer analysierte das Wahlergebnis am Montag ähnlich. Es habe gezeigt, dass die Partei eine offene, rechte Flanke habe, sagte Scheuer. „Der beste Schutzwall gegenüber Rechtsradikalen ist, dass man innerhalb von CDU und CSU klar bestimmt, wie jetzt der Kurs in den nächsten Jahren ist.“ Aus CSU-Sicht müsse zunächst die Union eine eigene Linie für Koalitionsgespräche finden. „Wir brauchen zuerst eine klare Kursorientierung“, sagte Scheuer weiter. Auch er zeigte sich zugleich skeptisch gegenüber einem Jamaika-Pakt. In einem Bündnis mit FDP und Grünen eigene Vorstellungen durchzusetzen, „kann ich mir schwerlich vorstellen“, sagte der CSU-Generalsekretär.

Wir müssen jetzt sehr aufpassen, dass die AfD nicht das wird, was die Linkspartei für die SPD ist.

Markus Söder, Bayerischer Finanzminister

Schonungslose Ursachenanalyse

Nach dem desaströsen CSU-Bundestagswahlergebnis forderte der bayerische Finanzminister Markus Söder eine schonungslose Analyse der Ursachen und Gespräche mit den CSU-Ortsverbänden. „Man muss, glaube ich, auch jetzt sehr in die Partei hineinhorchen, die Stimmung der Basis aufnehmen“, so Söder. Das CSU-Ergebnis sehe so aus, dass man „ganz logischerweise nicht zur Tagesordnung übergehen kann, insbesondere deswegen, weil wir nächstes Jahr die Landtagswahl haben“, sagte Söder am Montag vor der CSU-Vorstandssitzung in München. Er sei aber gegen „Hau-Ruck- und Schnell-Analysen“. Das Wahlergebnis habe Deutschland verändert „und ein Stück weit auch Bayern und die CSU“, sagte der Finanzminister. „Wir sind leider jetzt auch die kleinste Partei im Deutschen Bundestag.“ Die CSU stehe damit vor einer „epochalen Herausforderung“, auch wegen des Erstarkens der AfD. „Wir müssen jetzt sehr aufpassen, dass die AfD nicht das wird, was die Linkspartei für die SPD ist: eine dauerhafte strukturelle Veränderung der Parteienlandschaft“, betonte der CSU-Politiker.

Ohne eine Obergrenze, die auch Obergrenze heißt, brauchen wir nicht aus Berlin zurückzukehren.

Hans Reichhart, JU-Chef, MdL

Bei den anstehenden Koalitionsverhandlungen darf die CSU nach Ansicht von JU-Landeschef Hans Reichhart nicht von ihrer Forderung nach einer Begrenzung der Zuwanderung abrücken. „Ohne eine Obergrenze, die auch Obergrenze heißt, brauchen wir nicht aus Berlin zurückzukehren“, sagte er vor der Sitzung des Parteivorstandes. Sollte die CSU die Obergrenze für Flüchtlinge nicht durchsetzen können, müsse die Partei den Gang in die Opposition antreten – dies gelte auch, wenn in der Folge gar keine Koalitionen mehr möglich wären. „Dann muss es eben Neuwahlen geben“, betonte er. Die von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) vollzogene Positionierung der Union zur politischen Mitte sei gescheitert.