Landwirt Josef Brandl und Sohn Maxi stehen konsterniert vor dem, was einmal ihr Wald war mit einem 40 jährigen Bestand. (Foto: Josef Heisl/fkn)
Unwetter

Hilfe für Sturm-Opfer

Waldstücke sind kahlgefegt, Häuser abgedeckt, Gebäude komplett zerstört - das Unwetter hat im Landkreis Passau zu Waldschäden von mindestens 70 Millionen Euro geführt. Für alle Betroffenen in Bayern gelten ab sofort verschiedene steuerliche Hilfen.

Josef Heisl hätte nicht geahnt, was ihn bei seinem Fahrradausflug am vergangenen Wochenende erwartete. Der ehemalige Polizeibeamte aus dem Landkreis Passau machte sich nach dem schweren Unwetter als freier Fotograf auf Bilderjagd für regionale Zeitungen. „Was ich gesehen habe, hat mich sehr betroffen gemacht“, sagte er. Auf manchen Flächen steht quadratkilometerweise kein Wald mehr. „Die Bäume liegen kreuz und quer wie Mikadostäbchen, dort zum Aufräumen hineinzugehen ist unendlich gefährlich“, sagt Heisl.

Einige Gemeinden konnte der Fotograph gar nicht erreichen, weil immer noch umgeknickte Bäume die Fahrbahnen blockierten. Landwirt Josef Brandl traf Heisl mit zusammengeschlagenen Händen über dem Kopf vor seinem zerstörten Wald. Vom 40-jährigen Bestand ist fast nichts mehr übrig. Insgesamt wird die Zahl der betroffenen Landwirte auf über 1000 geschätzt. Die Schäden wirken sich über Generationen aus. Denn bis neu gepflanzte Bäume groß genug zum Schlagen sind, dauert es einige Jahrzehnte. Der Waldschaden liegt im Landkreis Passau bei 70 bis 100 Millionen Euro. Aber nicht nur die Natur, auch Wohnhäuser und gewerbliche Gebäude sowie Infrastruktureinrichtungen sind betroffen. Deren Schäden liegen bei mindestens 40 Millionen Euro.

Hilfe für Geschädigte

Ab sofort gelten für alle Betroffenen in Bayern verschiedene steuerliche Hilfsmaßnahmen, kündigte Finanzminister Markus Söder an. So können im Einzelfall Steuern gestundet, Vollstreckungsmaßnahmen aufgeschoben und Steuervorauszahlungen gestreckt werden.

Wir lassen die Menschen in dieser schweren Situation nicht allein.

Markus Söder, bayerischer Finanzminister

Auch Sonderabschreibungen sind möglich. Muss Hausrat und Kleidung in größerem Umfang wiederbeschafft werden, können auch diese Ausgaben unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich berücksichtigt werden. Söder rät den Betroffenen, sich persönlich mit dem zuständigen Finanzamt in Verbindung zu setzen. Anträge auf Erlass von Grundsteuer müssen sie an die Gemeinden richten. Weitere Unterstützungen des Freistaats, insbesondere für die Waldbauern, werden noch geprüft. Den betroffenen Kommunen wird zur Behebung von Schäden an Schulen und Kindertageseinrichtungen geholfen. Zudem beteiligt sich der Freistaat finanziell an der Instandsetzung beschädigter Straßen und Brücken.

Schockierendes Schadensbild

Um sich ein Bild von der Zerstörung zu machen besuchten Landwirtschaftsminister Helmut Brunner (CSU) und CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer gemeinsam mit dem Passauer Landrat Franz Meyer (CSU) am 20. August die Region. Landrat Meyer sprach von einem „schockierenden Schadensbild“. Im Landkreis Passau verursachte der Sturm rund 3200 Hektar Kahlfläche – das entspricht 3200 Fußballfeldern. Insgesamt waren knapp 12.000 Hektar Waldfläche vom Sturm betroffen, das ist ein Drittel des Waldfläche im Landkreis Passau. Die durch den Windbruch verursachte Schadholzmenge liegt bei rund 1,5 Millionen Festmeter, das entspricht einem Zehntel der jährlichen Holzeinschlagsmenge in ganz Bayern. Die Kosten für die Wiederaufforstung dürften bei rund zehn Millionen Euro liegen. Die Aufräumarbeiten in den Wäldern werden mindestens ein Jahr dauern, die Wiederaufforstung ist ein Projekt der nächsten fünf bis sieben Jahre.

Das Betreten von Waldstücken ist auf Wochen lebensgefährlich.

Franz Meyer, Passauer Landrat

Meyer bat die Bürger eindringlich darum, nicht in die Wälder zu gehen. Er fürchtet Katastrophentourismus. Das Betreten von Waldstücken sei aber noch auf Wochen lebensgefährlich, warnte der Landrat. Tausende Festmeter Holz sind vernichtet. Aus vielen kaputten Bäumen können Landwirte nur noch Hackschnitzel machen, Balken und Latten lassen sich daraus nicht fertigen. Dabei hat der Holzpreis bereits wegen des Käferbefalls gelitten, und nun kommen weitere Unmengen Holz auf den Markt. Der Leiter der bayerischen Staatsforst-Verwaltung Martin Neumeyer versicherte, der Staatsforst werde ab sofort kein Holz mehr in den Markt geben, um so die Preise zu stützen.

Bürgertelefon für Opfer des Sturms

Für Anfragen hat das Landratsamt Passau ein Bürgertelefon eingerichtet, das ab Dienstag, 22. August, unter der Nummer 0851-397 360 freigeschaltet ist. Gleichzeitig richtet der Landkreis unter www.landkreis-passau.de eine Übersicht über Zimmerei-, Spenglerei- und Dachdecker-Betriebe ein. Da bereits jetzt die heimischen Betriebe angesichts zahlreicher Anfragen an der Kapazitätsgrenze arbeiten, sollen sich auch Unternehmen von außerhalb melden. Dies kann unter der E-Mail-Adresse handwerkerhilfe@landkreis-passau.de erfolgen. Dieses Angebot des Landkreises gibt betroffenen Hausbesitzern eine Orientierung, eine Gewähr für die Leistungsfähigkeit der Betriebe kann nicht übernommen werden.

Katastrophenfall in Passau

Unwetter mit Starkregen und Gewitter sind am 18. und 19. August über mehrere Bundesländer gezogen. Den Landkreis Passau traf es besonders schwer: Zwei Todesopfer bei den Aufräumarbeiten, zweistellige Millionenschäden, fast zwei Tage Stromausfall in über 40 Ortsteilen und Ortschaften, bis zu 800 Helfer im Einsatz und eine Landschaft, die sich in manchen Bereichen des Landkreises buchstäblich über Nacht verändert hat: Das Unwetter sorgte für mehrere tausend Einsätze der Feuerwehren und Rettungskräfte, innerhalb von 48 Stunden gingen rund 2350 Notrufe ein, davon 1500 in der Sturm-Nacht selbst.

Der Wert des Waldes

Wie funktioniert Waldumbau? Das scheinbare Chaos in Hans Praxenthalers Wald folgt einem Konzept: Waldumbau. Statt der weit verbreiteten Monokulturen setzen Forstbesitzer inzwischen wieder auf Mischwald. Warum und wie das funktioniert zeigt der Landwirt auf einem Spaziergang.

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