Mit Blasmusik und Hightech
Bei seinem Besuch in China arbeitet Horst Seehofer erfolgreich an der Verbesserung der Handelsbeziehungen zum Riesenreich. Airbus kündigt den Bau einer Hubschrauberfabrik an. Im Geheimen traf Seehofer auch kritische chinesische Intellektuelle.
Handel

Mit Blasmusik und Hightech

Bei seinem Besuch in China arbeitet Horst Seehofer erfolgreich an der Verbesserung der Handelsbeziehungen zum Riesenreich. Airbus kündigt den Bau einer Hubschrauberfabrik an. Im Geheimen traf Seehofer auch kritische chinesische Intellektuelle.

Bayerische Blasmusik, zünftig soll es zugehen, wenn der Freistaat auf offizieller Auslands-Mission unterwegs ist. So auch auf der aktuellen China-Reise von Ministerpräsident Horst Seehofer: Die Denkendorfer Blasmusik begleitet die bayerisch-chinesische Freundschaft – heute wie schon vor mehr als dreißig Jahren. Schon 1985 hat die Kapelle zum ersten Mal in der Provinz Shandong gespielt, als der damalige Ministerpräsident Franz Josef Strauß dort zu Gast war. Jetzt sind sie wieder dabei.

Dreißig Jahre Partnerschaft

Seehofer und seine chinesischen Gastgeber feiern das 30-jährige Bestehen der Provinzpartnerschaft, die von Strauß 1987 besiegelt worden war. Der Empfang ist herzlich – und perfekt organisiert: Ein Dutzend junger Chinesinnen steht schon applaudierend am Hoteleingang bereit, als Seehofer mit seiner Delegation vorfährt. Auf Leinwänden wird der Gast willkommen geheißen, Fahnen wehen vor dem Hotel. Beim festlichen Empfang am Abend fehlt es an nichts.

Bei den Beziehungen zwischen Bayern und China, insbesondere mit den Partnerprovinzen Shandong und Guangdong, geht es um mehr als Blasmusik und weiß-blaue Folklore. Es gibt Kooperationen in vielen Bereichen, von Bildung und Wissenschaft über Landwirtschaft und Umwelt bis zu Städtebau und Sport. Und nebenbei geht es um Geschäfte und viel Geld: 2016 war China mit einem Handelsvolumen von fast 30 Milliarden Euro der drittwichtigste Handelspartner Bayerns weltweit. Gut 2000 bayerische Firmen pflegen Geschäftsbeziehungen ins Reich der Mitte, mehr als 260 haben hier eigene Niederlassungen.

Wir wollen gemeinsam Treiber des Fortschritts sein.

Horst Seehofer

BMW, Siemens, MAN – diese und viele weitere Konzerne aus Bayern verdienen in China schon seit Jahren eine Menge Geld. Andere kommen neu hinzu: Airbus Helicopters baut nun zusammen mit einem chinesischen Partner nahe der Küstenstadt Qingdao eine nagelneue Hubschrauberfabrik. Hundert Hubschrauber sollen dort in den kommenden Jahren ausgeliefert werden. Tendenz anschließend: sehr ausbaufähig. Das Entwicklungspotenzial sei groß, sagt der Geschäftsführer von Airbus Helicopters Deutschland, Wolfgang Schoder.

Charmeoffensive für Europa

Doch nicht nur bayerische Unternehmen profitieren: Insgesamt hat sich der Ton, den China gegenüber Deutschland anschlägt, seit der Wahl von Donald Trump zum neuen US-Präsidenten verändert. Es ist sogar von einer „Charmeoffensive“ insgesamt gegenüber Europa die Rede, wo Deutschland wegen seiner führenden Rolle umworben wird. Andererseits beklagen deutsche Unternehmen in China zunehmend Diskriminierung und zeigen Zurückhaltung beim Ausbau ihres Geschäfts. Ein Drittel gibt in der jüngsten Umfrage der deutschen Auslandshandelskammer an, sich weniger willkommen zu fühlen. Aktuell rechnet jedes vierte deutsche Unternehmen mit Gewinnrückgängen in China. Beklagt werden unter anderem wachsender lokaler Protektionismus und der mangelnde Schutz geistigen Eigentums.

Offene Gespräche auf Augenhöhe

Auch deshalb ist Seehofer in China: um für freien und fairen Handel und einen Abbau von Handelshemmnissen zu werben – unter anderem bei Vizepremier Ma Kai. Sehr geschickt habe Seehofer die Anliegen der bayerischen Unternehmen vorgebracht, loben Teilnehmer anschließend. Der China-Chef von BMW, Olaf Kastner, sagt über Seehofers Visite, derlei Gespräche seien wichtig, um gegenseitiges Verständnis zu erzeugen. „Man kann hier in China Herausforderungen und Probleme in der richtigen Art sehr offen ansprechen.“ Man müsse aber auf Augenhöhe miteinander sprechen und den Partner sehr ernst nehmen. Damit ist nach Seehofers China-Reise sicher: Es wird nicht der letzte Besuch eines bayerischen Ministerpräsidenten gewesen sein. „Wir wollen gemeinsam Treiber des Fortschritts sein“, sagt Seehofer.

Lob von der Opposition

Nach einem weiteren Treffen, diesmal mit kritischen Intellektuellen in China, hat Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer seltenes und einmütiges Lob von der Landtags-Opposition bekommen. Die Vertreter von SPD, Grünen und Freien Wählern zollten dem CSU-Chef zum Abschluss der China-Reise am Freitag Respekt – auch dafür, dass er in den Gesprächen mit Regierungsvertretern sehr geschickt die Bedeutung von Meinungsfreiheit für die Entwicklung eines Landes betont habe.

Seehofer hatte sich – anders als bei seinen früheren China-Besuchen – diesmal auch mit vier Vertretern der Zivilgesellschaft getroffen. Das Gespräch mit den Intellektuellen, das absichtlich geheimgehalten worden war, hatte am Mittwoch in der Deutschen Botschaft in Peking stattgefunden. Neben Seehofer nahmen daran auch Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU), die Landtagsvizepräsidentinnen Inge Aures (SPD) und Ulrike Gote (Grüne) sowie der Freie-Wähler-Abgeordnete Thorsten Glauber teil. Erst am Donnerstag machten sie das Treffen öffentlich. Seehofer berichtete zudem, er habe beim Gespräch mit Vizepremier Ma Kai deutlich gemacht, dass man das, was China wolle – Innovation und Fortschritt – nur mit „Freiheit in den Köpfen“ erreichen könne.

Realpolitik heißt, dass man die Unterschiede, die gerade im menschenrechtlichen Bereich bestehen, benennt, aber dass man trotzdem sich um eine Verbesserung der Beziehungen in allen Ebenen bemüht.

Horst Seehofer

Die Grünen-Politikerin Gote bescheinigte Seehofer nun eine „gewaltige Entwicklung“ in den vergangenen Jahren. Der Ministerpräsident sei in China diesmal sehr gut aufgetreten, habe in jedem Gespräch mit Regierungsvertretern auch kritische Punkte eingebracht. Aures lobte: „Das hat er sehr geschickt gemacht.“

Seehofer besucht zum Abschluss seiner China-Reise am Freitag die Wirtschaftsmetropole Qingdao direkt an der Küste. Am Samstagmorgen wollen er und seine Delegation dann wieder zurück in München sein.

(dpa)