Bundeskanzlerin Angela Merkel und Ministerpräsident Horst Seehofer. (Bild: A. Schuchardt)
CDU/CSU

Spitzenkandidatin Angela Merkel

CDU-Chefin Angela Merkel wird nun auch offiziell von der CSU als Kanzlerkandidatin unterstützt. Das erklärte Horst Seehofer in der gemeinsamen Sitzung der Parteipräsidien. Wie bei dem Spitzentreffen in München deutlich wurde, herrscht in den meisten politischen Feldern Übereinstimmung zwischen den Schwestern. Die verbliebenen Unterschiede seien kein Grund für Zwietracht.

Das wohl wichtigste Ergebnis der zweitägigen gemeinsamen Präsidiumssitzung in München: Angela Merkel ist jetzt auch offiziell die gemeinsame Kanzlerkandidatin von CDU und CSU für die anstehende Bundestagswahl. Gemeinsam stellen sich die Schwesterparteien nun für den anstehenden Wahlkampf auf und zurren in der sogenannten „Münchner Erklärung“ die inhaltliche Schlagrichtung fest. Darin wird deutlich, wie groß die Übereinstimmungen innerhalb der Union sind.

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Pressekonferenz nach der gemeinsamen Präsidiumssitzung von CSU und CDU

Obergrenze im „Bayernplan“ enthalten

„Wir haben in weit über 90 Prozent aller politischen Themen absolute Übereinstimmung“, sagte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer schon zum Auftakt der Klausur in der Münchner CSU-Zentrale. Die Unterschiede zwischen Christsozialen und Christdemokraten, die es beispielsweise in der Asylpolitik gebe, seien kein Grund, sich nicht gemeinsam für die Bundestagswahl aufzustellen, betonte Scheuer. Die CSU-Forderung nach einer Obergrenze für Flüchtlinge etwa sei in jedem Fall im CSU-„Bayernplan“ festgeschrieben. Zudem, so betonte der Generalsekretär, sei es ganz und gar nicht ungewöhnlich, wenn CDU und CSU in einer Frage einmal unterschiedliche Auffassungen verträten. Wichtig sei vielmehr, dass die Union nun gemeinsam arbeite, um den erfolgreichen Weg der Bundesrepublik weitergehen zu können, „und eine linke Republik zu verhindern“, wie Scheuer deutlich machte.

Nichts wird unter den Teppich gekehrt

Auch Ministerpräsident Horst Seehofer machte deutlich, dass das Tema Obergrenze sehr offen und sehr ausführlich während der Klausur noch einmal miteinander diskutiert worden sei. Hier bleibe der Unterschied auch bestehen. „Wir respektieren unsere gegenteiligen Positionen, aber zugleich sind die Gemeinsamkeiten so groß, dass wir einen gemeinsamen Wahlkampf mit Überzeugung führen können. So ist es unser gemeinsames Anliegen, dass sich das Jahr 2015 nicht wiederholen darf.“ In vielen anderen Bereichen der Flüchtlingspolitik sei man ebenfalls einer Meinung, etwa bei der Bekämpfung der Fluchtursachen, den Rückführungen oder den sicheren Drittstaaten. Ein gemeinsamer Wahlkampf bleibe daher möglich.

Bayern gehört zu Deutschland, das will ich gerne bestätigen, jedenfalls für den Augenblick.

Horst Seehofer, scherzhaft über Abspaltungstendenzen der CSU

Man müsse zudem sagen, dass in der Zwischenzeit „eine deutliche Veränderung“ beim Flüchtlingszustrom erreicht worden sei: ein klarer Rückgang der Flüchtlingszahlen aufgrund verschiedener Maßnahmen wie der Schließung der Balkanroute, dem Türkei-Deal, den zwei Rückführungszentren in Bayern oder den aktuellen Bemühungen, auch die Mittelmeerroute zu schließen.

„Monatlich sind es nach meinen Informationen derzeit 12.000 Flüchtlinge, die zu uns kommen, das läge aufs Jahr gerechnet deutlich unter der Obergrenze“, ergänzte Seehofer. „In der Politik ist es ja öfter so, dass unterschiedliche Instrumente das gleiche Ziel gewährleisten.“ Er habe sich auch selbst und durch Rückmeldungen der Abgeordneten versichert, dass die CSU-Basis diesen Weg mehrheitlich mittragen werde. „Wir wollen die Bundestagswahl als Startrampe für die bayerische Landtagswahl nutzen, wir hoffen auf Rückenwind. Mein oberstes Ziel ist es deshalb, diese anstehende Wahl zu gewinnen.“

Wer bei uns Schutz sucht, muss das Seinige tun, um an der Identitätsfeststellung mitzuwirken.

Angela Merkel

Auch die Kanzlerin machte deutlich, dass man sich dem Streitpunkt Obergrenze gestellt habe, dass man der Debatte nicht ausweichen wolle. „Wir haben es in den vergangenen Monaten nicht immer leicht miteinander gehabt“, so Merkel. Aber man habe nun „sehr ehrlich und ausführlich“ über diesen Unterschied gesprochen. „Die Obergrenze ist nicht zugekleistert, aber wir respektieren unsere unterschiedlichen Ansichten. Das Jahr 2015 darf sich jedenfalls nicht wiederholen, da sind wir uns einig.“ Sie habe auch nicht die Absicht, ihre bisherige Position in dieser Frage zu ändern.

Zugleich müsse man aber auch die vielen Gemeinsamkeiten sehen. „Wer bei uns Schutz sucht, muss das Seinige tun, um an der Identitätsfeststellung mitzuwirken“, so laute beispielsweise eine gemeinsame Forderung der Union. Hier habe es auch schon Fortschritte gegeben durch das neue Kerndatensystem, das seit Herbst 2016 Mehrfachregistrierungen durch Fingerabdrücke und weitere Daten verhindere. „Bei den Ausländerbehörden ist das schon gut vorangeschritten, aber noch nicht bei den Sozialbehörden.“ Zudem müsse man mehr bei den Rückführungen tun, da rund 40 Prozent der Asylanträge abgelehnt würden.

Seehofer und Merkel betonen Gemeinsamkeiten

Um eine linke Bundesregierung unter SPD, Linken und Grünen zu verhindern, müsse Eintracht zwischen den Schwesterparteien herrschen. „Wir brauchen die Eintracht in der Union, und wir brauchen die Eintracht mit unserer Bevölkerung,“ betonte Seehofer. Diese beiden Säulen seien entscheidend für einen erfolgreichen Wahlkampf. Es gebe in Teilen der Bevölkerung trotz bester wirtschaftlicher Lage Verlustängste, die die Politik ernst nehmen müsse, betonte der Bayerische Ministerpräsident. „Und die Politik muss auch darauf reagieren.“

Wir brauchen die Eintracht in der Union, und wir brauchen die Eintracht mit unserer Bevölkerung.

Horst Seehofer

Zwei weitere Gründe nannte Seehofer, warum er trotz der unterschiedlichen Auffassung bei der Frage der Obergrenze einen gemeinsamen Wahlkampf will: Zum einen könne niemand bestreiten, dass es nach 12 Jahren, in denen CDU und CSU gemeinsam Verantwortung getragen hätten, Deutschland gut gehe. „Deutschland steht blendend da, Deutschland ist eine Insel der Stabilität“, betonte Seehofer. Zum anderen sei die Welt derzeit im Umbruch wie selten zuvor, viele Krisenherde, beispielsweise durch den Krieg in der Ukraine und dem Bürgerkrieg in Syrien. Die politischen Beziehungen zu den wichtigsten Handelspartnern USA und Großbritannien, aber auch zu Russland liefen derzeit nicht positiv und müssten geklärt werden. Auch im Inneren sei vieles in Bewegung, nach derzeitigem Stand würden sieben Parteien im neuen Bundestag vertreten sein.

Das Grundprinzip der sozialen Marktwirtschaft gilt nach wie vor. Der Staat setzt die Leitplanken, die wirtschaftliche Dynamik muss sich entfalten können.

Angela Merkel

Zudem sei auch in den intensiven, „spannenden“ Debatten der letzten zwei Tage („zwei sehr gute Tage“) klar geworden, wie groß das gemeinsame Fundament der beiden Parteien sei, mit dem christlichen Menschenbild, dem Bekenntnis zur sozialen Marktwirtschaft, den gemeinsamen Wurzeln im christlich-sozialen, im liberalen und auch im konservativen Bereich. Er verwies auf das erarbeitete gemeinsame Papier mit sechs Orientierungsbereichen. Und es bestehe Einigkeit bezüglich des Zieles: „Wir wollen wieder stärkste Fraktion im Bundestag werden. Das ist die beste Gewähr dafür, dass es nicht zu einer Rot-Rot-Grün geführten Bundesregierung in Deutschland kommt.“ Die Generalsekretäre sollen in den nächsten Wochen ein gemeinsames Programm herausarbeiten. Seehofer lud die Bundeskanzlerin ausdrücklich ein, beim Wahlkampf in Bayern gemeinsam mit ihm aufzutreten.

Merkel erklärte, neben der Flüchtlingsfrage sei auch entscheidend, wie man die Stärke Deutschlands erhalten könne. Am Samstag wäre Ludwig Erhard 120 Jahre alt geworden, erinnerte sie. „Und das Grundprinzip der sozialen Marktwirtschaft gilt nach wie vor. Der Staat setzt die Leitplanken, die wirtschaftliche Dynamik muss sich entfalten können, damit Arbeitsplätze und Wohlstand, Sicherheit im umfassenden Sinne entstehen.“

Gelassenheit gegenüber Schulz-Kandidatur

Die Kür von Martin Schulz zum designierten SPD-Chef und sozialdemokratischen Kanzlerkandidaten sieht die Unionsspitze dagegen gelassen. „Ich freue mich auf die Auseinandersetzung“, sagte Horst Seehofer. „Allerdings ist eine Sache schon bemerkenswert: Herr Schulz sagt, in Deutschland gehe es nicht gerecht zu. Da weise ich gerne darauf hin, dass die SPD seit Jahren die Schlüsselministerien für soziale Gerechtigkeit besetzt, vom sozialen Wohnungsbau bis zur Rente“, so der Ministerpräsident weiter. „Da bin ich gespannt, wie Herr Schulz das denn konkret meint.“ Die Union konzentriere sich auf sich selbst, „und darauf, das beste Ergebnis für die Union zu erzielen“, betonte Seehofer am Sonntag. Am Montag ergänzte er: „40 Prozent sind ein hohes Ziel, aber es zeigt, dass wir kämpfen, dass wir siegen wollen. Man muss siegen wollen, kämpfen wollen, zusammenhalten – und dass, was die Wähler bewegt, muss man dabei aufnehmen.“

40 Prozent sind ein hohes Ziel, aber es zeigt, dass wir kämpfen, dass wir siegen wollen.

Horst Seehofer

Auch Kanzlerin Merkel stimmte bei der Abschlusspressekonferenz auf die kommenden Monate ein: „Der Wahlkampf wird der Schwierigste, den ich bisher erlebt habe. Das hat mit den Entwicklungen im Lande und mit den internationalen Entwicklungen zu tun. Wir können diese Aufgaben aber bewältigen.“ Sie habe bei jeder Wahl ihre Herausforderer ernstgenommen und ihnen Respekt gezollt, „das gilt auch dieses Mal“.

„Fake News“

Einen weiteren wichtigen Punkt sprach Merkel auch noch an: „Wir müssen bei der gemeinsamen Verteidigungsbereitschaft Europas mehr tun.“ Da sei sie einer Meinung mit der neuen US-Administration.

Auch Ministerpräsident Horst Seehofer erläuterte noch einmal seine Sicht auf den neuen US-Präsidenten Donald Trump und wie die deutschen Medien das tendenziös verkürzt hatten. „Ich habe seine schnellen Entscheidungen gelobt, aber ausdrücklich gesagt, dass das nicht für den Inhalt der Entscheidungen gilt. Auf Nachfrage habe ich sogar ausdrücklich gesagt, dass ich das US-Einreiseverbot für falsch halte. Und das wurde wieder einmal falsch weitergegeben. Ich brauche mich nicht über ‚fake news‘ aus Russland zu beschweren, ich habe sie auch hier bei uns.“

Klöckner: Geht um mehr als Flüchtlingspolitik

Auch CDU-Vize Julia Klöckner betonte die große Bedeutung einer geschlossenen Union: „In der deutschen Politik geht es um mehr als um Flüchtlingspolitik.“ Mit Blick auf die steigenden Umfragewerte der SPD mit ihrem Kanzlerkandidaten Martin Schulz sowie den anstehenden Wahlkampf mit der AfD riet auch sie der Union zu Gelassenheit. Die Union müsse aber gut vorbereitet sein und mit Themen punkten.

(avd/dos)