Die Heini-Klopfer-Schanze in Oberstdorf kurz vor Start des Skiweltcups. (Bild: Skisport- und Veranstaltungs GmbH/fkn)
Ski-Weltcup

Neuer Rekord am „Finger Gottes“?

Weltweit gibt es nur fünf Skiflugschanzen. Die in Oberstdorf ist pünktlich zum Ski-Weltcup fertig umgebaut worden. Vielleicht wird hier bald ein neuer Rekord gefeiert?

Ein Höhenflug von acht Sekunden: 251,5 Meter sauste der Norweger Anders Fannemel im Februar 2015 beim Weltcupspringen im norwegischen Vikersund durch die Luft. Damit hält der Skiflieger bisher den Weltrekord. Das könnte sich an diesem ersten Februarwochenende 2017 in Oberstdorf ändern. Dann schnellen Profisportler dort erstmals seit vier Jahren von der runderneuerten Heini-Klopfer-Skiflugschanze durch die Luft. Pünktlich zum Skiflug-Weltcup ist die Schanze im Allgäu fertig geworden.

225 Meter Hillsize

Wer den Jungfernsprung bei der Eröffnung am 2. Februar wagt, ist noch streng geheim. Ab da an geht es dann drei Tage lang im Oberstdorfer Stillachtal beim Skifliegen um die größten Weiten und besten Haltungsnoten. Zuvor wird das Bauwerk gesegnet, Showprogramm und Feuerwerk begleiten die Party am Abend.

Der Stolz der Oberstdorfer auf ihr neues Wintersport-Wahrzeichen ist berechtigt – schließlich ist die Schanze jetzt mit 225 Metern Hillsize um einiges höher als zuvor. Und gehört damit zu den vier größten Anlagen der Welt, der Kulm in Österreich, der Vikersundbakken in Norwegen und der Letalnica in Slowenien. Eine weitere mit 205 Metern Größe gibt es in Tschechien in Harrachov. Weltweit wurden nur sechs Skiflugschanzen gebaut, doch die im amerikanischen Copper Peak (Bundesstaat Michigan) wurde 1994 stillgelegt.

Das Wahrzeichen von Oberstdorf bietet seinen Besuchern einen einzigartigen Ausblick.

Joachim Herrmann, Bayerns Sportminister

Mit mehr als 100 km/h rasen die Springer von der Schanze und fliegen dann mit 140 km/h Richtung Ziel. In Oberstdorf ist Harri Olli vor sieben Jahren 225,5 Meter geflogen und hält damit den Rekord für diese Schanze. Heini Klopfer, der Architekt des Bauwerks, hätte zu seinen Lebzeiten wohl kaum angenommen, dass Menschen einmal so weit durch die Luft fliegen. Er selbst wagte vor 67 Jahren den Premierensprung auf der Skiflugschanze, damals noch eine Holzkonstruktion. 90 Meter weit kam der Allgäuer, heutzutage „Normalschanzen-Niveau“. 1968 verstarb der in Immenstadt geborene Klopfer, seinen Namen trägt die Schanze auch noch nach der Modernisierung.

„Ich freue mich sehr, dass es jetzt auf der traditionellen Heini-Klopfer-Schanze wieder losgehen kann und auf einmalige sportliche Höchstleistungen. Die Flugschanze im Oberstdorfer Stillachtal gehört jetzt zu den vier größten Sprunganlagen der Welt. Es ist eine einmalige Wettkampfstätte in Deutschland mit ebenso einmaliger Atmosphäre“, so Bayerns Innen- und Sportminister Joachim Herrmann. Er erinnerte daran, dass der Freistaat Bayern insgesamt rund 5,9 Millionen Euro für den Umbau der Schanze in Oberstdorf bewilligt habe. Der Bund beteiligt sich mit 3,7 Millionen Euro an der insgesamt 11,8 Millionen Euro teuren Sanierung. Mit ihrer freitragenden Konstruktion aus Spannbeton, die bis heute als statische Meisterleistung gelte, sei die Skiflugschanze auch eine Attraktion für den Tourismus. „Das Wahrzeichen von Oberstdorf bietet seinen Besuchern einen einzigartigen Ausblick – von der Aussichtsplattform des Turms kann man auf den Schanzentisch und rundherum in die Allgäuer Bergwelt blicken“, lobte Herrmann.

Generalprobe für Weltmeisterschaft

Knapp zwölf Millionen Euro steckten also Bund und Freistaat in die Renovierung der Anlage. Viel Geld kostete vor allem die aufwändige Konstruktion des vor 43 Jahren nahezu freistehend aufgebauten Anlaufturms. Da dessen Sockel nicht verrückt werden konnte, musste der Schanzentisch als Stahlkonstruktion 7,50 Meter zurück und fünf Meter höher gesetzt werden. Die Einheimischen nennen ihn auch „Schiefer Turm von Oberstdorf“ oder „Finger Gottes“. Architekt Hans-Martin Renn erwartet den Jungfernsprung mit hoher Spannung, wie er dem Bayerischen Rundfunk sagte.

Auf diese Baustelle kann man ganz sicher stolz sein. Zumal es auf der Welt nur fünf Skiflugschanzen gibt. Und bei einer – und dann auch noch vor der Haustür – mitwirken zu können – das ist eine großartige Sache und da bin ich auch den Auftraggebern höchst dankbar.

Hans-Martin Renn, Architekt

Zudem gilt das diesjährige Weltcup-Wochenende als Generalprobe für die Skiflug-Weltmeisterschaft vom 18. bis 21. Januar 2018, für die Oberstdorf den Zuschlag erhalten hat. Bis dahin werden die Bauarbeiten im Besucherzentrum abgeschlossen sein, auch einen Themenweg, 3D-Brillen und Gastronomie soll es dann geben.

Aus alt mach neu: die Heini-Klopfer-Skiflugschanze

43 Jahre alt war die Schanze – alt genug für eine Modernisierung. Der bestehende Schanzentisch wurde auf eine Länge von 45 Metern abgebrochen, der neue Schanzentisch versetzt und als Stahlkonstruktion auf dem bestehenden Spannbetonbauwerk des Anlaufturmes aufgesetzt. Am Schanzenkopf wurden die Räumlichkeiten erweitert und das Profil des Aufsprunghanges neu modelliert. Neu ist auch die Tribünenanlage und der barrierefreie Personenschrägaufzug. Er ersetzt den ehemaligen Sessellift und soll künftig Touristen auch im Sommer auf die Schanze bringen. Die Bauzeit betrug ein dreiviertel Jahr. Fertig ist bisher nur die Schanze. Wie geplant ist sie pünktlich zum Skiflug-Weltcup Anfang Februar sprungbereit. Einlass ins Stadion ist am 2. Februar um 18.00 Uhr. Shuttlebusse (ab Prinzenstraße) transportieren die Zuschauer ins Stillachtal und bis 21.00 Uhr wieder zurück.