Traditionelle Weihnachtskrippe am Christkindlesmarkt im Nürnberger Handwerkerhof. (Bild: Imago/Peter Widmann)
Weihnachten

Ein Platz für Jesus Christus

Gastbeitrag Ist noch Platz für die Menschwerdung des Gottessohns - unter all den Geschenken und nach all den Einkaufs-Events? Der Anschlag von Berlin zerreißt den Weihnachtsfrieden brutal. Der Staat hat die Pflicht, die Menschen zu schützen. Der Krieg des IS gegen den Westen ist ein Krieg gegen das Christentum. Den können wir nur gewinnen, wenn wir uns wieder auf Christus besinnen.

Wenn jetzt am 24. Dezember der Heilige Abend da ist, dann ist Schluss mit allem Vorgeplänkel. Dann ist es vorbei mit den zahllosen mehr oder meist weniger christlich geprägten „Weihnachtsfeiern“, mit den Glühwein-, Lebkuchen- und Plätzchen-Partys auf Weihnachtsmärkten, den Einkaufs-Events und dem „Adventsstress“, über den viele so gerne jammern, dem sich aber auch keiner freiwillig entzieht. Dann gibt es endlich die Geschichte von der Geburt des Jesuskindes in der Krippe zu hören und nicht mehr die Geschichten von im Ofen verbrannten Weihnachtsgänsen, beim Schmücken umgestürzten Christbäumen oder unerwünschten Geschenken auf Tournee. Und der eigene Christbaum ist gekauft, aufgestellt und geschmückt.

Wo hat Christus noch Platz unter all den Geschenken?

Das alles ist nun erledigt, jetzt wird es ernst mit Weihnachten. Am Heiligen Abend gehen viele Menschen in den Gottesdienst. An den Weihnachtstagen treffen sich die Familien. Es wandern die Geschenke erst unter den Baum und dann in die Hände der Empfänger. Und viele hoffen auf Schnee. Doch wo bleibt Christus selbst bei all den Traditionen und all dem Brauchtum, wo bleibt Er unter all den Geschenken? Dabei ist Er doch das größte Geschenk überhaupt, das wir Menschen je bekommen haben. Unsere Geschenke zu Weihnachten erinnern ja genau daran, dass Gott uns Menschen das größte Geschenk überhaupt gemacht hat: Seinen Sohn. Unsere Geschenke sind im Vergleich dazu aber nur ein fader Abglanz.

Anschlag von Berlin überschattet Weihnachten

In diesem Jahr steht Weihnachten unter dem Eindruck des schrecklichen Anschlags von Berlin. Das lässt sich alles nicht mehr länger mit der üblichen Trauer- und Betroffenheitsrhetorik bewältigen. Die Menschen wollen sicher leben. Und sie haben Angst. Sie fühlen sich unsicher und so gefährdet wie seit Kriegsende nicht mehr. Galten die Attentate der RAF führenden Vertretern des Establishments, so gelten islamistisch motivierte Attentate allen Menschen, die nicht radikale Moslems sind. Was für ein menschenverachtendes Menschenbild steckt hinter dieser Interpretation des Islam und in dieser Lesart des Korans!

Aus christlicher Sicht hat der Staat die Pflicht zum Schutz der Menschen

Die Menschen erwarten zu Recht, dass der Staat handelt und sie schützt, auch wenn es nie eine Letztgarantie gegen Anschläge dieser Art gibt. Der Staat ist nach der Christlichen Soziallehre und dem Naturrecht hier auch in seiner ordnenden und beschützenden Funktion gefragt. Und zur Ordnungs- und Schutzfunktion des Staates gehört es auch, die Sicherheit der Grenzen und der Bürger zu garantieren. Vergessen wir nicht: Auslöser der Wanderung von Josef und seiner schwangeren Maria nach Betlehem war eine vom Kaiser angeordnete staatliche Volkszählung.

Friedensverheißung Gottes ist keine Einbahnstraße

Unsere meist nostalgische Weihnachtserwartung wurde mit den Bildern aus Berlin heuer massiv in Frage gestellt. Viele äußern jetzt (wieder einmal) tiefe Bestürzung gerade angesichts des Zeitpunkts dieses feigen Anschlags in der Woche vor Weihnachten. Weihnachten verkündigt eine Botschaft des Friedens. Doch damit ist nicht nur ein Zuspruch, sondern auch ein Anspruch Gottes verbunden. Die Friedensverheißung Gottes muss auch von Menschen, Völkern und Religionen angenommen werden, wenn sie auf Erden Wirklichkeit werden soll.

Wehrhafte Demokratie ist besser als Radikalpazifismus

Das beinhaltet auch das Recht und sogar die Friedenspflicht des Staates, sich gegen religiös oder politisch motivierten Terror notfalls mit Waffengewalt zu verteidigen. Dadurch droht keine Gewaltspirale, sondern der Staat nimmt seine Schutz- und Ordnungsfunktion für seine Bürger wahr. Nach einem erlittenen Schlag auch die andere Wange hinzuhalten ist ein gutes Bild für Deeskalation im Bereich der Individualethik, im privaten Streit. Für Völker, Gesellschaften und Nationen taugt dieses Bild nur bedingt. Hier gilt das Recht auf Verteidigung. Auch Hitler wurde mit Waffengewalt bezwungen. Ein Radikalpazifismus mag moralisch unhinterfragbar und verlockend erscheinen und das eigene Gewissen beruhigen. Zum nachhaltigen Frieden braucht es aber eine wehrhafte Demokratie.

Christen müssen Zeugnis ablegen für ihren Glauben

Für die Christen ist in so einer Krisensituation wie jetzt einmal mehr entscheidend, welche Haltung sie zu Jesus Christus und dem eigenen Glauben einnehmen. Christen haben in diesen schwierigen Zeiten Farbe zu bekennen und Zeugnis abzulegen für Jesus Christus und ihren Glauben. Leider hört man von den Kirchenleitungen in Deutschland zur Christenverfolgung weltweit weitaus weniger als zu manchen tagespolitischen Fragen zweiten Ranges.

Jesus Christus lässt sich nicht ideologisch vereinnahmen

Wir stehen als Christen in der Nachfolge Jesu Christi. Und diese Nachfolge entscheidet sich schon darin, wie wir zu dem Jesuskind in der Krippe stehen. Ob wir Weihnachten vor allem für unsere ganz persönliche winterliche emotionale Gefühlswellness brauchen, oder ob wir wirklich die Geburt des Heilands und Erlösers der Welt und des Sohnes Gottes feiern. Es gibt viele Jesusbilder, in die Menschen ihre Vorstellungen hineinprojizieren. All das wird Jesus nicht gerecht. Christus lässt sich nicht politisch-ideologisch vereinnahmen. Er will vielmehr die Welt für sich vereinnahmen.

Krieg des IS gegen Westen ist Krieg gegen Christentum

Das beginnt mit Seiner Geburt, die wir jetzt feiern. Auf welchen Widerstand Christus in der Welt stößt, wird in dem Krieg sichtbar, den der sogenannte „Islamische Staat“ gegen den Westen und besonders das Christentum führt. Vielleicht wird Weihnachten 2016 einmal zu einem ganz anderen Fest und bringt viele zum Nachdenken über ihren Glauben. Das könnte unserem Land und Volk nur gut tun.

Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern des Bayernkuriers ein gnadenreiches Weihnachtsfest zur Geburt unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus und ein gesegnetes und friedvolles Neues Jahr 2017!

Der Autor

Dr. Jürgen Henkel, Selb, ist Pfarrer der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern und Publizist. Er hat von 2003 bis 2008 die Evangelische Akademie Siebenbürgen geleitet und ist Gründungsherausgeber der „Deutsch-Rumänischen Theologischen Bibliothek/DRThB“. Er wirkt als Gemeindepfarrer in Selb-Erkersreuth und ist Bezirksvorsitzender des Evangelischen Arbeitskreises der CSU (EAK) in Oberfranken.