Frauen tragen Burka - in den öffentlichen Gebäuden der Niederlande soll das künftig verboten sein. (Foto: imago/Ralph Peters)
Umfrage

Lage gut, Stimmung mies

Die allgemeine Stimmung der Deutschen ist schlecht, obwohl sie ihre wirtschaftliche Lage als gut und sicher einschätzen. Dieses paradoxe Ergebnis hat eine Allensbach-Umfrage ergeben, die das Institut bei der Klausurtagung der SPD-Bundestagsfraktion vorlegte. Demnach ist die Stimmung in der Bevölkerung so miserabel wie in der Finanzkrise 2008 und nach den Terroranschlägen 2001.

Die Stimmung unter den Deutschen ist paradox: In materieller Hinsicht geht es den Allermeisten gut. Sie haben, was sie brauchen, ihre Jobs sind sicher. Aber gleichzeitig haben die Menschen Angst und sind voller Sorge im Hinblick auf die Zukunft. Das geht aus einer Umfrage des Allensbach-Instituts im Auftrag der SPD-Bundestagsfraktion hervor, aus der der Spiegel und die Zeit in ihren Online-Ausgaben zitieren.

„Die Stimmungslage der Bürger ist zur Zeit von einer ungewöhnlichen Konstellation geprägt“, heißt es in der 34-seitigen Präsentation. „Die materielle Zufriedenheit wächst, die Sorgen um die Sicherheit des eigenen Arbeitsplatzes bewegen sich auf niedrigem Niveau, aber der Zukunftsoptimismus ist steil zurückgegangen.“ Nur 36 Prozent aller Befragten sehen dem kommenden Jahr „mit Hoffnungen entgegen“ – und das, obwohl 54 Prozent die eigene wirtschaftliche Lage als „gut“ oder „sehr gut“ einstufen. So schlecht war die Stimmung zuletzt zu Beginn der Finanzkrise 2008 und nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001.

Grund für Pessimismus: Flüchtlingskrise, Terrorgefahr

Zur Begründung schreibt Allensbach-Chefin Renate Köcher, die Bürger seien verunsichert durch den Flüchtlingsstrom, die Häufung von Terrorakten, die internationalen Krisen, die Entwicklung der inneren Sicherheit und die Veränderungen in der Gesellschaft. 70 Prozent antworten auf die Frage, wie gut es ihrem Betrieb zur Zeit gehe, mit „gut“ oder sogar „sehr gut“. Jobsorgen machen sich in Ostdeutschland 19 Prozent der Befragten, im Westen sogar nur 15 Prozent.

Vor allem die Integration der Flüchtlinge bereitet den Deutschen der Umfrage zufolge Sorgen. Jeder Zweite schätzt die Chancen dafür als „weniger gut“ ein, nur ein Prozent als „sehr gut“. Bei der Frage, welche Partei das beste Konzept für den Umgang mit der Flüchtlingssituation habe, steht die CDU mit 13 Prozent vor der AfD mit 9, der CSU mit 8 und der SPD mit 6 Prozent. 29 Prozent aller Befragten gaben an, dass keine der Parteien ein gutes Konzept habe.

Kultur- und Wertunterschiede zwischen Zuwanderern und Deutschen „sehr groß“

Laut Allensbach-Chefin Köcher halten außerdem 90 Prozent aller Deutschen die Unterschiede der Kultur- und Wertvorstellungen zwischen Flüchtlingen und Einheimischen für „sehr groß“ und „groß“. Neben dem großen Zuzug von Flüchtlingen, den Terroranschlägen, internationalen Krisen und Entwicklungen der inneren Sicherheit seien für die schlechte Stimmung auch allgemeine gesellschaftliche Veränderungen verantwortlich. Konkrete Ängste haben die Deutschen vor Gewalt und Kriminalität, vor einem Anschlag im Inland, vor mehr Flüchtlingen und einer Einmischung der Bundesrepublik in militärische Konflikte.

Die pessimistische Stimmung bedingt Sympathie für Protestparteien wie die AfD. 46 Prozent der Befragten begrüßen das gute Abschneiden der Partei bei den letzten Landtagswahlen mit der Begründung, dass das anderen Parteien einen Denkzettel verpasst habe. Unzufriedenheit und Misstrauen ziehen sich als Grundhaltung durch die Studie: So stimmt mehr als die Hälfte der Deutschen der Aussage zu, dass man seine „Meinung zur Flüchtlingssituation in Deutschland nicht mehr frei äußern“ könne.

Man kann die Meinung zu Flüchtlingen nicht mehr frei äußern

Dieses Ergebnis deckt sich auffällig mit einem Umfrageergebnis von Infratest-dimap unmittelbar nach der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern („Exit-Polls“). Eines der weniger beachteten Ergebnisse bezog sich auf die allgemeine Lage im Land und verriet ebenfalls eine miserable Stimmung. Auf die Frage „Geben die Verhältnisse derzeit eher Anlass zur Zuversicht oder Anlass zur Beunruhigung?“ antworteten – bezogen auf Deutschland – nur 38 Prozent „Zuversicht“, aber 52 Prozent „Beunruhigung“.

Auffällig: Je näher das eigene Lebensumfeld abgefragt wurde, desto besser wurde die Stimmung. Denn bezogen auf das eigene Bundesland Mecklenburg-Vorpommern, das weder wirtschaftlich noch kulturell besonders hervorsticht, antworteten die Bürger zu 53 Prozent „Zuversicht“ und zu 40 Prozent „Beunruhigung“. Also eine genaue Umkehrung der Bundes-Werte.

(Zeit-Online/Spiegel-Online/wog)