Artenreich: Der Bayerische Wald, hier bei Neuschönau. (Bild: Imago/Westend61)
Artenvielfalt

Insekten erobern den Bayerischen Wald

Der Nationalpark Bayerischer Wald gilt als eines der 30 Hotspot Gebiete für biologische Vielfalt in Deutschland. Dass es dort nur so vor seltenen Insektenarten wimmelt, überrascht Biologen eines internationalen Insektenfang-Projekts. Die Ergebnisse zeigen: Es gibt weit mehr seltene Arten, als bisher angenommen.

Als Teil eines internationalen Insektenfang-Projekts wurde im Nationalpark Bayerischer Wald eine sogenannte Malaise-Falle aufgebaut. Malaise-Fallen sind zeltartige Gebilde, die sich besonders gut zur Erfassung der Biodiversität flugaktiver Insekten eignen.

Fast 30.000 Insekten sammelten die Naturschützer innerhalb fünf Monaten. Die Tiere konnten 2530 Arten zugeordnet werden. „Eine enorme Zahl, wenn man bedenkt, dass in den bisherigen Langzeiterfassungen für den Nationalpark erst 3257 Insektenarten sicher nachgewiesen wurden“, sagt Franz Leibl, Leiter der Nationalparkverwaltung. Schätzungen gehen derzeit von über 7000 Insektenarten für den Nationalpark Bayerischer Wald aus.

Im Hinblick auf das ansonsten weithin beobachtete Artensterben ist dieses Ergebnis sehr erfreulich. Nicht zu Unrecht gilt der Nationalpark Bayerischer Wald als eines der 30 Hotspot Gebiete für biologische Vielfalt in Deutschland.

Franz Leibl, Leiter der Nationalparkverwaltung

Eine weitere Überraschung zeigt die lange Liste der Arten aus dem Bayerischen Wald: Knapp die Hälfte der bestimmten Arten ist nur jeweils durch ein einziges Exemplar vertreten – sogenannte Singletons. „Dies zeigt uns deutlich, dass es weit mehr seltene Arten gibt, als bisher angenommen“, sagt Stefan Schmidt von der Zoologischen Staatssammlung München. Gerade solche Funde, wie die sehr seltene und mikroskopisch kleine Erzwespe Mymar pulchellum, freuen den Hautflügler-Experten Schmidt ganz besonders:

Es wird viel von Biodiversität geredet, dabei sind viele Arten vor allem kleinerer Insekten noch unentdeckt, und das sogar in unseren heimischen Wäldern.

Stefan Schmidt, Zoologischen Staatssammlung München

Initiator des internationalen Insektenfang-Projekts ist der kanadische Forscher Paul Hebert. Er will weltweit alle Tierarten genetisch erfassen und hat dazu in Kanada ein Analyselabor aufgebaut.

Seit 2012 wurden an 50 Standorten über den gesamten Erdball verteilt jeweils eine Malaise-Falle aufgestellt.

Die Fangergebnisse stehen kurz vor der endgültigen Auswertung. Insgesamt rund eine Millionen Insektenproben sollen genetisch erfasst werden. Zur Bestimmung der Arten werden sogenannte DNA-Barcodes erstellt, also DNA-Sequenzen, die für jede Art einzigartig sind. Spannendes Ziel des Malaise-Programms ist der globale Vergleich der Insektenvielfalt auf der Erde. Als optimaler Standort für Mitteleuropa wurde als naturnahe Waldlandschaft der Nationalpark Bayerischer Wald ausgewählt.

Juwel der Alpen: Nationalpark Berchtesgaden

Eine weitere Destination in Bayern, die nicht nur wichtige Tourismusregion ist, sondern ebenfalls reich an Tierarten: der Alpenraum. Doch die Region steckt in der Krise. Eine „Zukunftsstrategie“ soll helfen, den Spagat zu schaffen zwischen attraktivem Lebensraum, Wirtschaftsstandort und Naturschutz. Wie das funktionieren kann, zeigt die Entwicklung in Berchtesgaden-Königssee. Lesen Sie mehr dazu: Berge mit Zukunft.

Juwel der Alpen: Nationalpark BerchtesgadenPlay Video
Juwel der Alpen: Nationalpark Berchtesgaden

SNSB: eine der größten Sammlungen der Welt

Die ZSM beherbergt rund 25 Millionen zoologische Objekte und gehört, als Teil der Staatlichen Naturwissenschaftlichen Sammlungen Bayerns (SNSB), weltweit zu den größten naturkundlichen Sammlungen. Im Rahmen der Initiativen „Barcoding Fauna Bavarica“ (BFB) und „German Barcode of Life“ (GBOL) verfolgen die Münchener Forscher das ehrgeizige Ziel, alle deutschen Tierarten genetisch zu erfassen und in einer Online-Bibliothek für Fachleute weltweit zur Verfügung zu stellen. Mit dem Nationalpark Bayerischer Wald kooperiert die ZSM im Rahmen des GBOL-Projekts bereits seit Jahren erfolgreich.