Frauke Petry und Jörg Meuthen führen gemeinsam die AfD. (Foto: Imago/Christian Thiel)
Rechtspopulisten

Machtkampf in der AfD-Spitze

Der Konflikt zwischen den beiden Parteivorsitzenden Frauke Petry und Jörg Meuthen eskaliert. In Stuttgart hat sich die AfD-Fraktion im Landtag gespalten. Auslöser ist der Umgang mit einem baden-württembergischen Abgeordneten, dem antisemitische Äußerungen vorgeworfen werden. Die nötige Mehrheit für einen Ausschluss kam nicht zustande.

Die AfD ist auf dem besten Weg, sich selber zu zerlegen. Wenige Monate nach den spektakulären Erfolgen bei den Landtagswahlen im März ist in der Parteispitze ein heftiger Machtkampf entbrannt. Äußerlicher Auslöser des Konflikts zwischen den beiden Parteivorsitzenden Jörg Meuthen und Frauke Petry ist der Streit um die Antisemitismus-Vorwürfe gegen den baden-württembergischen AfD-Politiker Wolfgang Gedeon.

Weil es ihm nicht gelungen war, eine Zweidrittel-Mehrheit für den Ausschluss Gedeons zu erlangen, trat am Meuthen am Dienstag mit zwölf Getreuen aus der AfD-Fraktion im baden-württembergischen Landtag aus. Am selben Abend verkündete der Abgeordnete Gedeon seinen Rückzug aus der AfD-Fraktion.

Abstruse Verschörungstheoerien

Gedeon hatte in früheren Veröffentlichungen den Holocaust als „gewisse Schandtaten“ bezeichnet und geschrieben, „das Talmud-Judentum“, sei „der innere Feind des christlichen Abendlandes“. Zudem hält der Politiker, der nach eigenen Aussagen früher Marxist und Anhänger Maos war, die „Protokolle der Weisen von Zion“, ein auf Fälschungen beruhendes antisemitisches Pamphlet, aus denen Antisemiten Theorien über eine angebliche jüdische Verschwörung ableiten, für „eher“ keine Fälschung.

Meuthen will Bruch der Fraktion

Parteichefin Petry hatte persönlich in die Auseinandersetzung in der Landtagsfraktion eingegriffen. Sie war nach Stuttgart gekommen und trat gemeinsam mit Gedeon vor die Kameras , als dieser seinen Rückzug verkündete. Meuthen hatte zuvor vergeblich versucht, seiner Widersacherin ein Hausverbot in Räumen des Landtages zu erteilen. Petry erklärte in Stuttgart, die Spaltung der Fraktion „müsse jetzt beendet“ werden. Meuthen widersprach umgehend: „Der Fraktionsbruch ist rechtskräftig.“ Er setzt darauf, dass sich AfD-Abgeordnete ihm anschließen werden. „Wenn nun mindestens fünf Abgeordnete überlaufen zu uns, dann kann die andere Gruppe nicht als Fraktion existieren. Dann gibt es eine neue AfD-Fraktion frei von Antisemitismus“, sagte Meuthen.

Gauland gegen Petry

Der Partei-Vize der AfD, Alexander Gauland, stellte sich hinter Meuthen und kritisierte Petry scharf. Es sei nicht „zielführend“ gewesen, dass sie nach Stuttgart gereist und in die Fraktion eingegriffen habe, sagte Gauland im Morgenmagazin von ARD und ZDF. Von Petrys Reise nach Stuttgart habe er nichts gewusst. Gauland erklärte weiter, die Debatte um Gedeon sei benutzt worden, um Meuthen zu schaden. Auf die Frage, ob Petry und Meuthen bis zur Bundestagswahl gemeinsam an der Spitze der Partei stehen werden, antwortete er, er nehme dies an, sei aber nicht mehr bereit, „in der Partei lange Voraussetzungen zu treffen“.

Auch der AfD-Bundesvorstand unterstützte Meuthen. In einer einstimmig beschlossenen Erklärung der Parteispitze vom Dienstag heißt es: „Der Bundesvorstand distanziert sich von denjenigen Mitgliedern der Fraktion, die nicht mit Jörg Meuthen die Fraktion verlassen.“ Als Vertreter der AfD im Landtag von Baden-Württemberg werde nur die Gruppe um Meuthen anerkannt. Petry nahm an der Besprechung des Bundesvorstandes dem Vernehmen nach nicht teil.

Machtkampf an der Parteispitze

Der Politologe Albrecht von Lucke wertet im Deutschlandfunk die Auseinandersetzung innerhalb der AfD als Versuch, „die Fronten schon mit Blick auf den nächsten Bundestagswahlkampf zu begradigen“. Wobei sich interessanter Weise die „radikaleren Kräfte“ im Vorstand hinter dem eher moderaten Meuthen versammelten und ihn im Machtkampf gegen Frauke Petry stützten.

Umstritten ist derzeit noch, welche Gruppe im Stuttgarter Landtag künftig die AfD vertreten wird. Die Gruppe von AfD-Abgeordneten um den bisherigen Fraktionschef Jörg Meuthen, die die Fraktion am Dienstag verlassen hatte, besteht ebenso wie die Restgruppe darauf, die wahre AfD zu sein. Formal ist das aber nicht möglich. „Wir können nicht zwei Fraktionen mit gleichem Namen im Landtag haben“, heißt es dazu bei der Landtagsverwaltung in Stuttgart. Die Juristen der Verwaltung seien derzeit mit der Prüfung der Fragen im Zusammenhang mit der AfD beschäftigt. Laut Landtagsverwaltung sind mindestens sechs Abgeordnete notwendig, um eine Fraktion im Landtag zu bilden. Meuthen und seine Anhänger gründeten am Mittwoch eine neue Fraktion namens „Alternative für Baden-Württemberg“. Seine Kontrahentin, Frauke Petry, erklärte, für sie seien die übrigen acht Angeordneten „die AfD-Fraktion“.

(mit Material von dpa)