FPÖ klagt gegen Präsidentenwahl
„Unregelmäßigkeiten, Ungereimtheiten und Pannen“ - die bei der Wahl zum österreichischen Bundespräsidenten knapp unterlegene FPÖ hat Klage vor dem Verfassungsgerichtshof eingereicht, um Neuwahlen zu erzwingen. In Österreich hat inzwischen eine Diskussion um die Briefwahl begonnen.
Österreich

FPÖ klagt gegen Präsidentenwahl

„Unregelmäßigkeiten, Ungereimtheiten und Pannen“ - die bei der Wahl zum österreichischen Bundespräsidenten knapp unterlegene FPÖ hat Klage vor dem Verfassungsgerichtshof eingereicht, um Neuwahlen zu erzwingen. In Österreich hat inzwischen eine Diskussion um die Briefwahl begonnen.

Unmittelbar nach der Stichwahl hatte Norbert Hofer, Kandidat der FPÖ um das Bundespräsidentenamt, seine Niederlage gegen den Grünen-Politiker Alexander Van der Bellen noch eingeräumt. Jetzt, knapp drei Wochen nach der Entscheidung, hat die FPÖ die Wahl des Staatsoberhaupts in Österreich beim Verfassungsgerichtshof angefochten. Der Grund seien „Unregelmäßigkeiten, Ungereimtheiten und Pannen“ bei der Stimmenauszählung.

30000 Stimmen entschieden

Bei der Stichwahl am 22. Mai hatte der von den Grünen unterstützte Van der Bellen am Ende nur rund 30 000 Stimmen mehr als Hofer. Gegen diese Wahl hat die FPÖ jetzt Klage eingereicht. Das Gericht muss nun binnen vier Wochen entscheiden, ob Hofer eine zweite Chance erhält. Der neue Bundespräsident soll eigentlich am 8. Juli vereidigt werden. Der amtierende Präsident und Sozialdemokrat Heinz Fischer scheidet nach zwei Amtsperioden verfassungsgemäß aus.

Vorwürfe auf 150 Seiten

Zu den von seiner Partei monierten Pannen sagte FPÖ-Parteichef Heinz-Christian Strache: „Das Ausmaß ist mehr als erschreckend und mehr als relevant.“ Ihre überwiegend formalen Vorwürfe listet die FPÖ auf 150 Seiten auf. Die wichtigsten Punkte: In 94 von 117 Bezirkswahlämtern seien bei der Auszählung der Briefwahlstimmen Gesetzwidrigkeiten festgestellt worden. So seien in Dutzenden Fällen vor Eintreffen der Wahlkommission die Wahlkarten vorsortiert gewesen. Das betreffe nicht weniger als 573 275 Wahlkarten. Zum Beispiel soll  es 17 Fälle geben, in denen die Wahlkarten bereits vor Beginn der Auszählung geöffnet worden sind – betroffen davon seien 120.067 Wahlkarten. In elf Bezirkswahlbehörden sollen die Stimmkuverts bereits vor Auszählung aus den Wahlkartenkuverts entnommen worden sein – davon betroffen:  80.953 Stimmkarten. In sieben Bezirkswahlbehörden sollen nicht zuständige Personen die Wahlkarten ausgezählt haben – davon betroffen: 58.374 Stück. Außerdem habe die Wahlbehörde Briefkarten mit Kuverts in der falschen Farbe verschickt, die dadurch ungültig wurden.

FPÖ will Neuwahlen

Angesichts des Umfangs der Fehler kommt für Strache nur eine Neuwahl infrage. Es mache keinen Sinn, so der FPÖ-Chef, die Stimmen der insgesamt mehr als 700 000 Briefwähler neu auszuzählen. „Ich halte Neuwahlen für sehr realistisch.“ Auch FPÖ-Kandidat Hofer bezeichnet die Aussichten auf eine erfolgreiche Wahlanfechtung als „exorbitant hoch“. Freude habe er daran nicht, aber: „Wenn man das anerkennt, was vorgefallen ist, dann dreht es das Ergebnis.“

Zur Prüfung, ob einzelne Wahlbehörden Amtsmissbrauch begangen haben, hat das österreichische Innenministerium die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft eingeschaltet. Den Hauptvorwurf der FPÖ, bei dem es um die Vorsortierung der Wahlkarten geht, hat der Leiter der Wahlabteilung im Innenministerium bereits mit Verweis auf die Gesetzeslage zurückgewiesen: „Das Vorsortieren mit geöffneter Aufreißlasche, aber geschlossener Wahlkarte, ist vom Gesetzgeber so vorgesehen.“

Diskussion um Briefwahl

Die FPÖ hat bei ihrer Anfechtung auch generell Kritik an der Briefwahl geübt. Es brauche „unbedingt eine Änderung und ich sage am besten die Abschaffung der Briefwahl“, erklärte Partei-Chef Strache. Briefwahlen seien „missbrauchs- und manipulationsanfällig“. Kritik an der Briefwahl übte auch der  österreichische Verfassungsrechtler Theo Öhlinger in der Tageszeitung Der Standard : Es bräuchte „strengere Regeln“, sagte Öhlinger. So könnte eine Briefwahl etwa nur noch zulässig sein, wenn man nachweisen kann, am Wahltag im Ausland zu sein. Öhlinger zeigte sich allerdings skeptisch, dass es zu einer Reform kommen werde. (mit Material von dpa)