Kurz vor der umstrittenen Verleihung des Toleranzpreises der Stadt Bayreuth an die US-Bürgerrechtsbewegung „Code Pink“ ist die Debatte um die Auszeichnung voll entbrannt. Stein des Anstoßes sind die Positionen der Organisation zu Israel. Der israelische Botschafter in Deutschland etwa war über die angekündigte Verleihung eines Toleranzpreises an „Code Pink“ entsetzt, die Schauspielerin Jasmin Tabatabai sagte ihre geplante Laudatio ab – zusätzlich haben einige Bürgerrechtsbewegungen Proteste am Abend der Preisverleihung angekündigt.
„Code Pink“, bekannt auch für Störaktionen, soll an diesem Freitag den „Wilhelmine-von-Bayreuth-Preis“ für Toleranz und Humanität erhalten. Die Auszeichung ist mit 10.000 Euro dotiert. Die Gruppe selbst, die vor zwei Jahren bereits den Aachener Friedenspreis erhielt, beschreibt sich als „von Frauen getragene Friedens- und Bürgerrechtsorganisation“. Besonders in der Nahost-Politik hat sich „Code Pink“ immer wieder äußerst israelkritisch geäußert – und genau das wird ihnen nun zum Vorwurf gemacht.
Kritik aus Israel
Ursprünglich hatte die israelische Zeitung Jerusalem Post von der geplanten Verleihung berichtet und „Code Pink“ eine israelfeindliche Einstellung attestiert. Der israelische Botschafter in Deutschland, Yakov Hadas-Handelsman, kritisierte die Verleihung ebenfalls scharf: „Ich bin entsetzt, dass ausgerechnet in Deutschland im Namen von Toleranz und Humanität diese Organisation ausgezeichnet werden soll“, ließ der Diplomat wissen. Der Zentralrat der Juden und die Deutsch-Israelische Gesellschaft Bayreuth-Oberfranken äußerten sich ebenso kritisch.
Die Oberbürgermeisterin der oberfränkischen Stadt, Brigitte Merk-Erbe, hatte daraufhin die Verleihung stoppen wollen. Im Februar aber beschloss eine Mehrheit im Stadtrat, vorerst endgültig, die Auszeichnung doch an die NGO zu vergeben, entgegen der Haltung der Stadtoberhaupts.
Den Vorwurf der Israelfeindlichkeit will die NGO jedenfalls nicht auf sich sitzen lassen. „Code Pink hat nie in Statements das Existenzrecht des Staates Israel geleugnet“, stellte die Sprecherin Ann Wright in einer Reaktion fest. Allerdings stehe man dazu, „dass Israel sich an internationales Recht halten und wirkliche Gleichheit für alle seine jüdischen und arabischen Bürger walten lassen muss.“ Dies sei, so ließ „Code Pink“ wissen, eine Position, die auch von vielen jüdischen Israelis geteilt werde.
Weiterer Kritikpunkt: Mitglieder von „Code Pink“ sollen 2014 an einer Konferenz im iranischen Teheran teilgenommen haben – eine Veranstaltung, bei der unter anderem auch bekannte Holocaust-Leugner Reden hielten. Die Organisation selbst hält Kritik am israelischen und auch am US-amerikanischen Staat für gerechtfertigt, immerhin fordert „Code Pink“ die „Beendigung von Kriegen und Militarismus“. Auch den Iran-Vorwurf wehrte „Code Pink“-Mitgründerin Medea Benjamin in einem Statement ab. Auf der Konferenz 2014 sei sie mit US-Wissenschaftlern gewesen, die am Iran-Atom-Abkommen gearbeitet hätten.
Umstrittene Verleihung
Nun soll der evangelische Dekan von Bayreuth, Hans Peetz, bei der Preisverleihung am Freitag ein paar Worte sagen. Seine Ansprache nennt er offiziell „Gedanken zur Preisverleihung“. Der Nachrichtenagentur dpa sagte Peetz, er wolle keine herkömmliche Laudatio halten, dafür aber die Kritik an den Preisträgern erwähnen. „Das kann man ja nicht verschweigen“, sagte der Dekan. Er persönlich aber halte „Code Pink“ durchaus für preiswürdig. Eine Einschätzung, die die Deutsch-Israelische Gesellschaft in Bayreuth nicht teilt. Deren Chef Günter Beck-Mathieu kündigte Protest für Freitagabend an. Störaktionen seinerseits seien definitiv nicht geplant, sagte er, aber ein Transparent – und ein Tisch mit Stuhl, als Gesprächsangebot an „Code Pink“.