Im großen Spiel um Euro und Europa erhöhen zwei Währungshüter den Einsatz: sie fordern ein zentrales EU-Finanzministerium. (Bild: Imago/Ralph Peters)
Superministerium

An der Kreuzung zwischen Souveränität und Solidarität

Im gemischten Doppel fordern Bundesbankpräsident Jens Weidmann und der französische Notenbank-Chef Francois Villeroy de Galhau ein zentrales EU-Finanzministerium. Europa stehe "am Scheideweg", behaupten die beiden Währungshüter.

Flüchtlingswelle, zunehmender Terrorismus, Schuldenkrise, Arbeitslosigkeit in vielen EU-Staaten – zu Beginn des Jahres 2016 stehe die Europäische Union „am Scheideweg“. So beschreiben Bundesbankpräsident Jens Weidmann und der Gouverneur der französischen Notenbank, Francois Villeroy de Galhau, die aktuelle Situation des Kontinents.

In einem gemeinsamen Meinungsbeitrag für die „Süddeutsche Zeitung“ beschreiben die beiden im gemischten, deutsch-französischen Doppel zwei mögliche Pfade in die Zukunft: Entweder die Mitgliedstaaten lassen sich von der offensichtlich mangelnden Solidarität etwa angesichts der ungleichen Verteilung von Migranten oder dem Staatsschuldengefälle innerhalb der Union unterkriegen – und fallen zurück in nationale Politikmuster. Oder sie forcieren die europäische Integration in diesem krisenhaften Moment erst recht und versuchen, aus den Vorteilen der EU auch Kraft für die Zukunft zu sammeln. „Die derzeitige Asymmetrie zwischen nationaler Souveränität und gemeinschaftlicher Solidarität stellt eine Gefahr für die Stabilität der Währungsunion dar“, glauben die beiden Notenbank-Chefs.

Zentraler Fiskus

Weidmanns und Villeroy de Galhaus leiten aus dieser Analyse ihre zentrale Forderung ab: „Aufbau einer effizienten und weniger fragmentierten europäischen Verwaltung, Schaffung eines gemeinsamen Finanzministeriums für den Euro-Raum“. Diese zentrale EU-Finanzbehörde müsste flankiert werden von einem unabhängigen Fiskalrat, sowie einem starken politischen Gremium, das politische Entscheidungen treffe und parlamentarischer Kontrolle unterliege.

Selbstverständlich gebe es auch den anderen gangbaren Weg, räumen die zwei fiskalpolitischen Autoren ein: ein dezentraler Ansatz mit strengeren Regeln. Dazu müssten die einzelnen Staaten die Fiskalregeln härten, die Anfälligkeiten der Banken in der Schuldenkrise verringern, womöglich private Anleger stärker an ESM-Rettungsprogrammen beteiligen. Dass ihnen dieser zweite Weg missfällt, daraus machen Weidmann und Villeroy de Galhau keinen Hehl. „Würde man diesen Weg beschreiten, so könnten die Euro-Länder ihre nationale Souveränität behalten – bei entsprechend geringerer Solidarität.“