Schärfere Asylregeln in Paris
Frankreichs Nationalversammlung hat eine Verschärfung des Einwanderungsrechts gebilligt: Paris will Asylanträge schneller bearbeiten und härter gegen illegale Migranten vorgehen. Die Länge der Abschiebehaft wird verdoppelt.
Frankreich

Schärfere Asylregeln in Paris

Frankreichs Nationalversammlung hat eine Verschärfung des Einwanderungsrechts gebilligt: Paris will Asylanträge schneller bearbeiten und härter gegen illegale Migranten vorgehen. Die Länge der Abschiebehaft wird verdoppelt.

Frankreich erhält ein neues Asyl- und Einwanderungsgesetz. Nach intensiver Debatte über mehrere Tage hinweg hat die Nationalversammlung in Paris es vor kurzem gebilligt. Das „Gesetz für eine kontrollierte Einwanderung und ein effektives Asylrecht“ soll die Voraussetzungen dafür schaffen, Asylanträge schneller zu bearbeiten und härter gegen illegale Einwanderung vorzugehen.

Können wir jedes Jahr eine mittlere Großstadt bauen, um diese Flüchtlinge aufzunehmen?

Gérard Collomb, Frankreichs Innenminister

Innenminister Gérard Collomb hatte die Debatte über seine Gesetzesvorlage mit einer drastischen Warnung eröffnet: „Manche Regionen sind dabei sich zu zerlegen, weil sie vom Strom der Asylbewerber überflutet werden.” Collomb weiter: „Wenn wir darauf nicht reagieren, dann sind das mehrere Hunderttausende von Personen, die wir dann jedes Jahr aufnehmen müssten.”

Verweis auf Deutschland

Collomb, einst Gründungsmitglied der Sozialistischen Partei und 16 Jahre Bürgermeister von Lyon, führte den Abgeordneten vor Augen, was das hieße: „Können wir jedes Jahr eine mittlere Großstadt bauen, um diese Flüchtlinge aufzunehmen?”

Bei der Vorstellung seines Gesetzes im vergangenen Februar hatte Collomb von der Asylpraxis in Deutschland gesprochen, die eine Verschärfung der französischen Gesetze notwendig mache: „Deutschland hat, nachdem es viele aufgenommen hat, innerhalb von drei Jahren 500.000 Personen abgewiesen, die jetzt versuchen, nach Frankreich zu kommen.” Collomb hatte dies Szenario mit einer düsteren Prognose verbunden: „Wenn wir diese Problematik nicht berücksichtigen, dann können wir nicht mehr für das Asylrecht in Frankreich garantieren.”

Abweichler in der Regierungsfraktion

Nach 61 Stunden Beratungen stimmten schließlich 228 Abgeordnete für den Entwurf. Aber 139 votierten dagegen. Selbst in der Regierungspartei des sozialliberalen Präsidenten Emmanuel Macron gab es Abweichler: 14 Abgeordnete von La République En Marche enthielten sich, ein Abgeordneter stimmte gegen die aus seiner Sicht zu repressiven Regeln und gab seinen Rückzug aus der Fraktion bekannt.

Nun muss der von der Opposition dominierte Senat über das Vorhaben beraten, wo die konservativen Republikaner die größte Fraktion stellen. In der öffentlichen Debatte und in der Nationalversammlung hatten die Konservativen noch schärfere Regeln gefordert.

Schnellere Asyl-Entscheidungen

Das in der öffentlichen Debatte nach dem Innenminister „loi Collomb” genannte Gesetz ist ein wichtiger Baustein in Macrons neuer Migrationspolitik. Er und seine Regierung setzen einerseits auf eine harte Linie im Hinblick auf Wirtschaftsmigranten, die kein Anrecht auf Schutz in Frankreich haben. Andererseits sollen die Bedingungen für Asylbewerber und anerkannte Flüchtlinge verbessert werden.

Über Asylanträge soll künftig innerhalb von sechs Monaten entschieden werden. Schutzsuchende sollen schneller nach ihrer Ankunft ihren Asylantrag stellen und weniger Zeit haben, Widerspruch gegen einen negativen Bescheid einzulegen. Die Behörden sollen auch festlegen können, dass Asylbewerber in einer bestimmten Region wohnen müssen.

Sonst können wir morgen nicht mehr für das Asylrecht in Frankreich garantieren.

Gérard Collomb

Die mögliche Dauer der Abschiebehaft soll von 45 auf 90 Tage verlängert werden. Das ist immer noch weniger als in einigen deutschen Bundesländern. Die Regierung hatte ursprünglich 135 Tage vorgeschlagen. Es bleibt weiterhin möglich, auch Minderjährige in Abschiebehaft zu nehmen.

Über Twitter erklärte Innenminister Collomb, es handele sich um einen „notwendigen Text, um die illegale Einwanderung besser zu beherrschen und diejenigen besser aufzunehmen, die vor Kriegen und Verfolgung fliehen”. Das Gesetz sieht denn auch einige Verbesserungen für Geflüchtete vor − etwa längere Aufenthaltserlaubnisse für subsidiär Schutzberechtigte.

Mehr als 100.000 Asylanträge

Collomb hatte die Gesetzesinitiative auch damit begründet, dass die Anzahl der Asylanträge in Frankreich im vergangenen Jahr weiter gestiegen sei, obwohl sie sich in Europa insgesamt halbiert habe. In Frankreich wurden 2017 mehr als 100.000 Anträge registriert. Das sind 17 Prozent mehr als im Jahr zuvor, aber immer noch weniger als in Deutschland.