Ende der Illusionen
Donald Trumps neue Afghanistan-Strategie: Es geht nicht mehr um Demokratie-Aufbau, sondern um Amerikas Sicherheit und um Südasien. US-Truppen erhalten größere Befugnisse im Kampf gegen die Taliban. Pakistan wird gedroht, Indien hofiert.
Afghanistan

Ende der Illusionen

Donald Trumps neue Afghanistan-Strategie: Es geht nicht mehr um Demokratie-Aufbau, sondern um Amerikas Sicherheit und um Südasien. US-Truppen erhalten größere Befugnisse im Kampf gegen die Taliban. Pakistan wird gedroht, Indien hofiert.

Das ist ein Kernsatz in Präsident Donald Trumps Afghanistan-Rede: „Wir werden nicht mehr Amerikas militärische Macht nutzen, um in weit entfernten Ländern Demokratien aufzubauen oder um zu versuchen, andere Länder nach unserem Vorbild neu zu bauen. Diese Zeiten sind vorbei.“ Über Afghanistans Zukunft sollen die Afghanen entscheiden. Trump: „Wir sind Partner und Freund, aber wir werden dem afghanischen Volk nicht diktieren, wie es leben oder seine eigene komplexe Gesellschaft steuern soll.“ Und ganz knapp: „Wir machen kein nation building mehr. Wir töten Terroristen.“ Aus Washingtoner Sicht geht es am Hindukusch vor allem um Amerikas Sicherheitsinteressen.

Kein Sicherheitsvakuum

Eigentlich hatte Trump den schon 16 Jahre dauernden amerikanischen Krieg in Afghanistan einfach beenden wollen. Trump in Fort Myer im Staate Virginia: „Mein ursprünglicher Instinkt war Abzug.“ Nun hat er sich das doch ausreden lassen. Denn die Konsequenzen eines Abzugs seien „so vorhersagbar wie unakzeptabel“.

Wir dürfen in Afghanistan nicht den Fehler wiederholen, den unsere Regierung im Irak gemacht hat.

US-Präsident Donald Trump

Trump: „Ein überstürzter Abzug würde ein Vakuum schaffen, das Terroristen wie der Islamische Staat und Al-Kaida sofort füllen würden.“ Der Präsident erinnert an den Irak, wo 2011 der Abzug der US-Truppen dem Islamischen Staat den Raum gegeben habe, sich zu entwickeln. „Wir dürfen in Afghanistan nicht den Fehler wiederholen, den unsere Regierung im Irak gemacht hat.“

Neue Taktik in Afghanistan

Der amerikanische Krieg in Afghanistan soll fortgesetzt werden, aber anders. Nicht mehr „willkürliche Zeitpläne“ sollen Amerikas Strategie am Hindukusch definieren, sondern die Bedingungen vor Ort. Es sei kontraproduktiv, im Voraus laut das Ende oder den Anfang von Militäroperationen zu verkünden, so der Präsident: „Wir werden nicht über Truppenzahlen oder über unsere militärischen Pläne reden.“

Presseberichten zufolge soll das US-Kontingent in Afghanistan von derzeit etwa 8600 Soldaten um etwa 50 Prozent aufgestockt werden. In jedem Fall sollen die Truppen erweiterte Befugnisse für den Kampf gegen „Terroristen und kriminelle Netzwerke erhalten, die in ganz Afghanistan Gewalt und Chaos verbreiten“, so Trump: „Die Killer sollen wissen, dass sie sich nirgendwo verstecken können.“

Drohung gegen Pakistan

Auch nicht in Pakistan. Denn tatsächlich ist Amerikas neue Afghanistan-Strategie vor allem eine neue Pakistan-Strategie. Der Präsident selber spricht sogar von einer „Südasien-Strategie für Amerika“. Trump will darin die Politik gegenüber dem Land auf der anderen Seite des Hindukusch, das „in der Vergangenheit“ ein „geschätzter Partner gewesen ist“, auf eine neue Basis stellen.

Es kann keine Partnerschaft geben mit einem Land, das Terroristen beherbergt, die amerikanische Soldaten und US-Vertreter angreifen.

Donald Trump

Was einer Drohung gleichkommt: „Wir können nicht länger schweigen darüber, dass Pakistan Terrororganisationen wie den Taliban oder anderen Gruppen, die für die ganze Region eine Gefahr darstellen, sichere Zuflucht bietet.“ Amerika, erinnert Trump, habe Pakistan „Milliarden und Milliarden Dollar gezahlt“. Aber gleichzeitig habe Pakistan jenen Terrororganisationen Schutz geboten, die „jeden einzelnen Tag unsere Leute töten“. Auch Osama Bin Laden versteckte sich in Pakistan. Trump: „Das wird sich ändern müssen und es wird sich sofort ändern.“ Der Drohung folgt ein Ultimatum: „Es kann keine Partnerschaft geben mit einem Land, das Terroristen beherbergt, die amerikanische Soldaten und US-Vertreter angreifen.“

Engere Zusammenarbeit mit Indien

Die Ankündigung eines Schwenks in Richtung Indien, seit 70 Jahren Pakistans Erb- und Todfeind, spitzt die Drohung gegen Islamabad weiter zu: Amerika, so Trump, werde „seine strategische Partnerschaft mit Indien“ weiter entwickeln. In seiner Rede spricht er von Indien als der „größten Demokratie der Welt“ und einem „entscheidenden Sicherheits- und Wirtschaftspartner der Vereinigten Staaten“ – was die Islamische Republik Pakistan eben alles nicht ist.

Wir bedanken uns für Indiens wichtige Beiträge zur Stabilität in Afghanistan.

Donald Trump

Ein Trump-Satz wird der Regierung in Islamabad besonders in den Ohren geklungen haben: „Wir bedanken uns für Indiens wichtige Beiträge zur Stabilität in Afghanistan.“ Indisches Engagement in Afghanistan – für Pakistan der Einkreisungs-Albtraum schlechthin.

Unterstützung von den Nato-Partnern

Sieben Monate nach Beginn seiner Präsidentschaft leitet Trump am Hindukusch eine Strategiewende ein. Amerikas Afghanistan-Politik geht in eine neue Phase. Was auch die Verbündeten in Europa betreffen wird. Denn Trump will „unsere Nato-Verbündeten und unsere globalen Partner“ auffordern, „unsere neue Strategie mit zusätzlichen Truppen und Finanzmitteln zu unterstützen“. Der Präsident weiter: „Wir sind sicher, dass sie das tun werden. Seit meiner Amtsübernahme habe ich unseren Verbündeten und Partnern deutlich gemacht, dass sie viel mehr Geld zu unserer gemeinsamen Verteidigung beitragen müssen, und das haben sie getan.“