Katar ist isoliert
Saudi-Arabien und andere arabische Länder haben alle Kontakte zu Katar abgebrochen. Die Staaten werfen dem Emirat vor, Terrororganisationen zu unterstützen. Wie schwer trifft Katar der Abbruch der diplomatischen Beziehungen?
Arabien

Katar ist isoliert

Saudi-Arabien und andere arabische Länder haben alle Kontakte zu Katar abgebrochen. Die Staaten werfen dem Emirat vor, Terrororganisationen zu unterstützen. Wie schwer trifft Katar der Abbruch der diplomatischen Beziehungen?

Katars Nachbarländer Saudi-Arabien, Bahrain und die VAE schlossen in einem koordinierten Vorgehen am 5. Juni die Grenzen. Sie forderten Bürger Katars binnen 14 Tagen zur Ausreise auf. Auch Ägypten und der Jemen brachen alle Beziehungen zu Katar ab. Katarische Diplomaten müssen die betroffenen Staaten innerhalb von 48 Stunden verlassen. Saudi-Arabien, Bahrain und Ägypten stoppten auch den Luftverkehr mit Katar. Zuvor hatten mehrere Fluglinien aus Golfstaaten erklärt, vom 6. Juni an ihre Verbindungen mit dem Emirat einzustellen. Das katarische Außenministerium erklärte, die Maßnahmen seien ungerechtfertigt und basierten auf falschen Behauptungen.

Katar: Gefahr für Stabilität der Region?

Die Vereinigten Arabischen Emirate haben den Abbruch der diplomatischen Kontakte zum Nachbarland Katar verteidigt. Die Entscheidung sei nach Jahren der Provokation und nach Jahren der Beratung und Geduld gefällt worden, erklärte der emiratische Außenminister Anwar Karkasch bei Twitter. Es gehe um die Ablehnung einer Politik, die die Sicherheit und Stabilität der Region untergrabe. In Riad hieß es, Katar wolle Saudi-Arabien spalten, wie die staatliche saudi-arabische Nachrichtenagentur SPA meldete. Katar umarme zahlreiche Terrororganisationen, um der Stabilität in der Region einen Schlag zu versetzen. Dazu zählten neben der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) und den Muslimbrüdern auch Gruppen, die vom schiitischen Iran gefördert würden. In Katar unterhielt die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas ihr Hauptquartier, bis ihre Anführer zur Ausreise aufgefordert wurden.

Trump schwört Saudis auf Anti-Iran-Front ein

Die USA, die Europäische Union und der Iran zeigten sich besorgt über die Entwicklungen. Das US-Militär befürchtete zunächst keine Auswirkungen für seine Einsätze im Nahen Osten, etwa im Kampf gegen den IS. Sowohl Katar als auch Saudi-Arabien, Bahrain, die VAE und Ägypten sind Verbündete der USA. So hat Washington mehr als 10.000 Soldaten auf der Luftwaffenbasis Al-Udeid in Katar stationiert. US-Präsident Donald Trump hatte die arabischen Verbündeten während eines Besuchs Ende Mai in Saudi-Arabien auf einen gemeinsamen Anti-Terror-Kampf und eine gemeinsame Anti-Iran-Front eingeschworen.

Der schiitische Iran ist ein Erzrivale von Saudi-Arabien und der anderen von Sunniten regierten Golfstaaten. Riads Truppen bekämpfen im Bürgerkriegsland Jemen Huthi-Rebellen, die dem Iran nahestehen.

DFB-Präsident warnt vor Boykott

Der Fußball-Weltverband FIFA kommentierte den Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Katar nicht. Die FIFA sei „in regelmäßigem Kontakt“ mit dem lokalen Organisationskomitee und weiteren Stellen, die sich um Angelegenheiten in Zusammenhang mit der Weltmeisterschaft 2022 kümmern, teilte der Weltverband auf Anfrage mit.

Deutlicher wurde DFB-Präsident Grindel. Bis zur WM müssten politische Lösungen den Vorrang vor Boykott-Androhungen haben, sagte in einem auf der DFB-Homepage veröffentlichten Interview. „Aber eines steht unabhängig davon fest: Grundsätzlich sollte sich die Fußballgemeinschaft weltweit darauf verständigen, dass große Turniere nicht in Ländern gespielt werden können, die aktiv den Terror unterstützen.“

Vorwurf der Terrorfinanzierung

In Medienberichten war dem Golfemirat in den vergangenen Jahren immer wieder vorgeworfen worden, Terrororganisationen wie den Islamischen Staat (IS) oder Al-Kaida zu unterstützen. Im syrischen Bürgerkrieg gilt es als offenes Geheimnis, dass aus Katar Geld an die radikalsten Gegner von Präsident Baschar al-Assad fließt. Vor allem private Financiers vom Golf sollen sich dabei großzügig zeigen. Zu diesem Ergebnis kommt etwa ein Bericht der konservativen Foundation for Defense of Democracies aus Washington. Sie kritisierte Anfang des Jahres Katars nachlässige Bemühungen, die Terrorfinanzierung zu stoppen.

Bereits vor drei Jahren hatten Saudi-Arabien, die VAE und Bahrain für einige Monate ihre Botschafter aus Doha abgezogen. Damals eskalierte ein Streit um die Muslimbrüder, die von Katar unterstützt und vom dort ansässigen TV-Kanal Al-Dschasira protegiert werden.

König Salman verteidigt eigene Interessen

Der Abbruch der diplomatischen Beziehungen dürfte Katar trotz seines Reichtums aus Öl und Gas schwer treffen, auch weil die wirtschaftlichen Kontakte davon betroffen sein werden. Dabei sieht sich auch Saudi-Arabien bis heute dem Vorwurf ausgesetzt, den Terroristen des IS und von Al-Kaida den Weg bereitet zu haben sowie islamistische Terrorgruppen und die Ausbreitung eines steinzeitlichen Islam finanziell zu unterstützen. Dies soll ebenfalls über „private“ Stiftungen und Privatleute erfolgen, was in einem vollständig kontrollierten Land wie Saudi-Arabien aber nur unter Billigung des Staates passieren kann. Die in Saudi-Arabien vorherrschende strenge Lesart des Islam, der Wahhabismus, ist zudem eng mit der radikalen Ideologie der Dschihadisten verwandt. So findet nicht zuletzt die anti-schiitische Propaganda des IS in Saudi-Arabien viele Anhänger.

Damit drängt sich der Verdacht auf, dass für den Abbruch der Beziehungen zu Katar auch andere Motive eine zentrale Rolle spielen. Ende Mai sorgte ein Bericht für Aufsehen, Katars Emir Tamim bin Hamad Al Thani habe ausgerechnet den schiitischen Iran gelobt, den Erzrivalen Saudi-Arabiens. Zwar erklärte Katar schnell, der Bericht sei gefälscht gewesen – doch die Empörung war trotzdem groß. Von Saudi-Arabien finanzierte Medien wie der Nachrichtensender Al-Arabija begannen eine Kampagne, die kein gutes Haar an Katar ließ.

Katar: Gastgeber der Fußballweltmeisterschaft 2022

Das Emirat Katar im Osten der arabischen Halbinsel ist geografisch zwar nur etwa halb so groß wie Hessen, gewinnt international aber sowohl politisch als auch wirtschaftlich immer mehr an Bedeutung. Große Vorkommen an Erdöl und Erdgas machten Katar zu einem der reichsten Länder der Erde. Das Land ist 2022 Gastgeber der Fußballweltmeisterschaft. Hier halten sich durch zahlreiche Medienberichte hartnäckig Vorwürfe, die Vergabe der WM an Katar sei nur durch Bestechung von FIFA-Funktionären möglich gewesen. Heute gilt es als gesichert, dass seit den 90er Jahren jede Fußball-WM durch Bestechung dieser Funktionäre begleitet wurde.

Rund 2,2 Millionen Menschen leben in Katar, von denen der Großteil aus dem Ausland kommt und als Gastarbeiter beschäftigt ist. Das Land hat zahlreiche Beteiligungen an europäischen Unternehmen, darunter etwa Anteile am VW-Konzern. Der arabische Nachrichtensender al-Dschasira hat seinen Sitz in Katar.

(dpa/AS)