Anschlag in Manchester: Verletzte Konzertbesucher werden erstversorgt. (Bild: Imago/Zuma/Joel Goodman)
Attentat

Höchste Terrorwarnstufe in England

Großbritannien unter Schock: Bei einem Terroranschlag auf ein Popkonzert in Manchester starben 22 Menschen, darunter viele Kinder und Jugendliche. Die Sicherheitsbehörden halten ein weiteres unmittelbar bevorstehendes Attentat für möglich.

Nach dem verheerenden Anschlag auf ein Popkonzert in Manchester mit mindestens 22 Todesopfern hat Großbritannien die Terrorwarnstufe auf das höchste Niveau angehoben. Das gab die britische Premierministerin Theresa May am späten Dienstagabend in London bekannt. Die Sicherheitsbehörden halten damit ein unmittelbar bevorstehendes Attentat für möglich. Die Regierungschefin betonte mit Blick auf die bisherigen Ermittlungen, dass eine größere Gruppe von Personen hinter der Tat in Manchester stecken könnte. Diese Möglichkeit könne nicht ignoriert werden.

May kündigte an, das Militär werde die bewaffnete Polizei bei Wachaufgaben entlasten und so mehr Polizeistreifen ermöglichen. Auch bei Großereignissen wie Konzerten oder Sportveranstaltungen könnten Soldaten die Polizei unterstützen. Sie betonte, die militärischen Kräfte stünden dabei unter dem Kommando der Polizei. May sagte, sie wolle die Bevölkerung nicht unnötig beunruhigen. Die Vorkehrungen seien aber angemessen und vernünftig.

Laut der britischen Nachrichtenagentur PA hat die Regierung die höchste Sicherheitsstufe in den vergangenen knapp elf Jahren zwei Mal ausgerufen – im August 2006 und im Juni 2007. Die Stufe galt jeweils aber nur für wenige Tage.

Bombenexplosion nach Konzert

Am Montagabend war am Ende des Konzerts von Teenie-Star Ariana Grande in Manchester ein Sprengsatz im Foyer des Konzertsaales detoniert. Der Attentäter hatte so mindestens 22 Menschen mit sich in den Tod gerissen. Es war die schwerste Terrorattacke in Großbritannien seit fast zwölf Jahren.

Die Polizei in Manchester nannte den 22 Jahre alten Salman Abedi als Hauptverdächtigen für das Selbstmordattentat. May bezeichnete ihn als den „Täter“ und sagte, er sei in England geboren und aufgewachsen. Nach Medienberichten war Abedi der Sohn libyscher Flüchtlinge. Er sei 1994 in Manchester geboren worden und habe an der Salford Universität in der nordenglischen Stadt studiert. Seine Familie soll sehr religiös gewesen sein und sich in einer Moschee der Stadt engagiert haben. Einige Familienmitglieder sollen kürzlich nach Libyen zurückgekehrt sein.

Das bislang jüngste Todesopfer der Attacke auf die Konzerthalle in Manchester war ein achtjähriges Mädchen. Mindestens 59 Verletzte kamen in Krankenhäuser. Den Rettungskräften zufolge waren unter ihnen zwölf Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren. Etwa 60 weitere Opfer wurden rund um den Anschlagsort von Helfern versorgt, meldete die Zeitung Manchester Evening News unter Berufung auf Rettungskräfte. Die Polizei bestätigte die Gesamtzahl von 120 Verletzten aber nicht.

IS reklamiert Attentat für sich

Die Polizei hatte am Dienstag in Manchester mehrere Häuser durchsucht, darunter das Wohnhaus des Verdächtigen Abedi. Außerdem wurde ein 23-Jähriger festgenommen. Welche Rolle dieser Mann gespielt haben könnte, war zunächst unklar.

Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hatte die Attacke für sich reklamiert. Eindeutige Belege dafür fehlen aber bislang.

Großbritannien war bereits mehrfach Ziel terroristischer Angriffe. Im Juli 2005 hatten vier Muslime mit britischem Pass in der Londoner U-Bahn und in einem Bus Sprengsätze gezündet. 56 Menschen starben, 700 wurden verletzt. Erst vor zwei Monaten traf eine Attacke die Hauptstadt erneut, als ein Mann ein Auto absichtlich in Fußgänger auf einer Brücke steuerte und danach einen Polizisten erstach.

Weltweite Betroffenheit

Die Explosion bei dem Ariana-Grande-Konzert löste weltweit Betroffenheit aus. Bundeskanzlerin Angela Merkel äußert sich entsetzt über den Anschlag. „Es ist unbegreiflich, dass jemand ein fröhliches Popkonzert ausnutzt, um so vielen Menschen den Tod zu bringen oder ihnen schwere Verletzungen zuzufügen“, erklärte sie in Berlin. Der mutmaßliche terroristische Anschlag werde nur die Entschlossenheit stärken, „weiter gemeinsam mit unseren britischen Freunden gegen diejenigen vorzugehen, die solche menschenverachtenden Taten planen und ausführen“. „Entsetzliche Nachrichten aus #Manchester!“, schrieb Bundesaußenminister Sigmar Gabriel. „Unsere Gedanken sind jetzt bei unseren britischen Freundinnen und Freunden. United we stand.“

Dieser feige Anschlag richtet sich gegen die freiheitlichen Werte in Europa.

Gerda Hasselfeldt, Vorsitzende CSU-Landesgruppe

Die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe, Gerda Hasselfeldt, sagte: „Dieser feige Anschlag ist unfassbar und richtet sich gegen die freiheitlichen Werte in Europa und der westlichen Welt. Wir werden weiterhin entschlossen Freiheit, Demokratie und Menschenrechte gegen diesen menschenverachtenden Terrorismus verteidigen“.

Merkel und Seehofer verzichten auf Bierzelttreffen

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und CSU-Chef Horst Seehofer haben aus Mitgefühl mit den Terroropfern von Manchester eine Wahlkampfveranstaltung in München abgesagt. An einem solchen Tag könne man eine solche Veranstaltung wirklich nicht machen, sagte Seehofer der Deutschen Presse-Agentur. Die Entscheidung habe er gemeinsam mit Merkel getroffen. Zu dem Bierzelt-Auftritt waren mehr als 2500 Menschen erwartet worden. Nach Angaben von Staatskanzleichef Marcel Huber wurden bayernweit alle Bierzeltveranstaltungen abgesagt, auf denen Kabinettsmitglieder sprechen wollten. „Man kann nicht einerseits seine Betroffenheit für die Anschlagsopfer von Manchester ausdrücken und sich gleichzeitig mit einer Maß Bier zuprosten“, sagte auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU).