Die CSU-Vizechefin Angelika Niebler lädt ein zur "Langen Nacht der Frauen". (Bild: Imago/Sven Simon)
EU-Parlament

Führungswechsel in Straßburg?

Die CSU-Europaabgeordneten drängen darauf, den Sozialdemokraten Martin Schulz an der Spitze des EU-Parlaments abzulösen. Sie berufen sich auf eine Vereinbarung aus dem Jahr 2014. Der SPD-Politiker möchte seinen Posten aber nicht räumen. "Die Amtszeit von Martin Schulz geht zu Ende", sagt Angelika Niebler, die Vorsitzende der CSU-Europagruppe.

Die CSU-Abgeordneten im Europaparlament beharren darauf, den Sozialdemokraten Martin Schulz als Präsidenten des EU-Parlaments abzulösen und durch einen konservativen Politiker zu ersetzen. „Die Amtszeit von Martin Schulz geht zu Ende“, sagt Angelika Niebler, die Vorsitzende der CSU-Gruppe im Europäischen Parlament. Anfang kommenden Jahres, zur Hälfte der Legislaturperiode, müsse der Wechsel erfolgen.

Zuvor hatte bereits die konservative EVP-Fraktion im EU-Parlament, zu der die Abgeordneten von CSU und CDU gehören, beschlossen, einen eigenen Bewerber für die Wahl des Parlamentspräsidenten im Januar aufzustellen. „Auch eine andere Führung des Europäischen Parlaments ist in der Lage, die Probleme, die wir aktuell haben, zu lösen“, erklärte dazu der Vorsitzende der EVP-Fraktion, der CSU-Vize Manfred Weber. Es sei ein „völlig normaler Vorgang“, dass die EVP jetzt einen Kandidaten aufstelle, ergänzt Niebler.

Vereinbarter Führungswechsel

Hintergrund ist eine Vereinbarung, die EVP und Sozialdemokraten nach der Europawahl im Jahr 2014 getroffen haben. In ihr verständigten sich die beiden größten Gruppen im Parlament darauf, sich das Spitzenamt für jeweils die halbe Legislaturperiode zu teilen. Dementsprechend unterstützten die EVP-Abgeordneten die Wahl von Schulz für die erste Halbzeit. Im Gegenzug fordern sie nun, dass die Sozialdemokraten einen Kandidaten der EVP wählen sollen.

Bereits in der vorangegangenen Sitzungsperiode hatten sich EVP und Sozialdemokraten den Spitzenposten im Abgeordnetenhaus aufgeteilt. Nach der Halbzeit übernahm Schulz im Januar 2012 das Amt von seinem konservativen polnischen Vorgänger Jerzy Buzek.

Schulz möchte allerdings dem Vernehmen nach eine weitere Amtszeit anhängen und fühlt sich nach eigenem Bekunden nicht an die Absprache von 2014 gebunden. Der Tageszeitung Die Welt sagte er, er sehe die Sozialdemokraten im Europäischen Parlament nicht in der Pflicht, den Posten des EU-Parlamentspräsidenten im kommenden Jahr an einen Kandidaten aus der konservativen EVP-Fraktion abzugeben. „Das ist ein offener Prozess“, sagte er zur Neuwahl des EU-Parlamentspräsidenten am 17. Januar 2017.

Schulz soll Wort halten

Die Sozialdemokraten verweisen zudem darauf, dass die Konservativen mit EU-Ratschef Donald Tusk und EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker bereits zwei der drei EU-Top-Posten besetzen. „In einer Großen Koalition kann nicht alles an eine Partei fallen“, zitierte jüngst die Bild einen Vertreter des Schulz-Lagers. Und auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sprach sich vor Kurzem dafür aus, den Sozialdemokraten aus Gründen der Stabilität im Amt zu behalten.

Ich gehe davon aus, dass Herr Schulz ein Ehrenmann ist und sein Wort hält.

Angelika Niebler

Bei den Konservativen im Parlament stößt dieses Taktieren auf Unverständnis. „Ich gehe davon aus, dass Herr Schulz ein Ehrenmann ist und sein Wort hält“, sagt Angelika Niebler. Den Einwand, die Konservativen könnten zu viele Posten bekleiden, lässt sie nicht gelten. Jede EU-Institution wähle ihren eigenen Präsidenten, betont sie. Zudem gebe es durchaus eine Vielzahl einflussreicher Sozialdemokraten in Brüssel. Außerdem sei bereits die Wiederwahl von Schulz eine Ausnahme gewesen. „Das EU-Parlament darf nicht zur Schulz-Show werden“, sagt Niebler.

Auch andere Unionspolitiker pochen auf den Machtwechsel. „Es gibt eine klare Verabredung. Wir halten uns immer an Verabredungen“, erklärt der CDU-Politiker Herbert Reul. „Ich hoffe, dass die Sozialdemokraten das auch tun. Das heißt, dass wie üblich nach zweieinhalb Jahren gewechselt wird.“

Manfred Weber setzt auf Dialog

EVP-Fraktionschef Weber setzt ebenfalls auf die Kooperation der Sozialdemokraten: „Der eine gibt was und der andere gibt was. Das ist das Grundprinzip der Demokratie“, sagt Weber. Bis zur Wahl im Januar 2017 sei aber noch viel Zeit. „Ich möchte, dass wir das im Dialog mit allen anderen Fraktionen im Parlament diskutieren, wie die Institution Europäisches Parlament sich weiterentwickelt, und das werden wir mit aller Gelassenheit tun.“