10. Transatlantisches Forum der CSU: Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen und Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt Bild: CSU
51. Sicherheitskonferenz

Russland will nicht Partnerschaft, sondern Einflusssphären

Beim 10. Transatlantischen Forum der CSU erklärt Ministerin von der Leyen Berlins Position: Keine Waffenlieferungen an die Ukraine. Doch welche Intentionen treiben die Ukraine an und wie sieht die Zukunft der transatlantischen Beziehungen aus, auf die man sich in letzter Zeit wieder vermehrt besinnt?

In der Krise besinnen sich Europäer und Amerikaner auf ihre transatlantische Verbindung. Kein Wunder, dass das Interesse am 10. Transatlantischen Forum der CSU besonders hoch war. Die kleine intensive Gesprächsrunde gilt inzwischen schon als eine Art Auftakt zur Münchner Sicherheitskonferenz: Dieses Mal saßen Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen, ihr britischer Gegenüber Michael Fallon und Nato-Oberbefehlshaber General Michael Breedlove auf dem CSU-Podium, zusammen mit dem Sicherheitspolitiker und Bundesminister Christian Schmidt.

Der CSU ist es wichtig, mit dem Forum „dieses transatlantische Netzwerk zu pflegen“ versicherte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer. Für die CSU sei der transatlantische Anspruch Selbstverständlichkeit seit Franz Josef Strauß, versicherte Christian Schmidt und erinnerte an das avisierte transatlantische Freihandelsabkommen TTIP: „Wir werden uns von europäischer Seite dafür einsetzen, dass es zustande kommt.“ Auf der großen Sicherheitskonferenz sollten an den folgenden zwei Tagen immer wieder wichtige Redner auch auf TTIP zu sprechen kommen.

Ein Signal an unsere östlichen Verbündeten – und eine Botschaft an Moskau

Was will Russland − in der Ukraine und darüber hinaus? Nach der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim und Moskaus Rückkehr zu einer Politik von Macht- und Einflusssphären wachsen bei östlichen Nato-Partnern die Sorgen vor Moskau. Das Bündnis hat darauf reagiert: Am Tag vor dem CSU-Forum hatten die Nato-Außenminister die Bildung einer 5000 Soldaten großen sehr schnellen Eingreiftruppe („Speerspitze“) beschlossen. Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Polen, Italien und Spanien werden jeweils als „Rahmennation“ die Führungsrolle übernehmen. In den östlichen Nato-Ländern Litauen, Lettland, Estland, Polen, Bulgarien und Rumänien werden kleine Kommando- und Kontrollstützpunkte – ohne Waffen – eingerichtet werden. Das polnisch-deutsch-dänische Multinationale Korps in Stettin wird verstärkt.

„Wir wollen damit unsere absolute Entschlossenheit demonstrieren, was Artikel 5 des Nato-Vertrages [Beistandspflicht, A.d.V.] angeht, das ist wichtig für unsere östlichen Freunde“, betonte Ministerin von der Leyen. „Es geht um ein Signal an unsere östlichen Verbündeten und eine Botschaft an Moskau“, ergänzte von der Leyens Londoner Amtskollege Fallon und fügte eine Mahnung hinzu: Die Schnelle Eingreiftruppe könne immer nur so schnell sein wie die politische Entscheidungsfindung in Brüssel und den Hauptstädten.

Russland wolle nicht mehr Partnerschaft, sondern Macht- und Einflusssphären, analysierte Christian Schmidt. Moskau lehne Integration in Europa ab, ergänzte ein hoher amerikanischer Nato-Vertreter: „Moskau glaubt allen Ernstes, wir wollen in Russland einen Regimewechsel herbeiführen – das ist ein sehr gefährlicher Moment.“ Der amerikanische Gast bezweifelte, dass es möglich sei mit Russland zu einem Ukraine zu finden: „Putin will Regimewechsel in Kiew. Das macht einen großen Handel schwierig.“

Während wir reden vollzieht sich die militärische Lösung in der Ukraine

Ein ehemaliger deutscher Nato-Spitzenmilitär kritisierte die Berliner Formel, dass es in der Ukraine keine militärische Lösung geben könne und warb dafür, Kiew mit Waffenlieferungen zu unterstützen: Es gehe jetzt darum, Russlands militärische Lösung zu verhindern und der Ukraine „eine Chance zu geben, sich zu verteidigen“. „Während wir reden vollzieht sich die militärische Lösung in der Ukraine“, pflichtete ein anderer Forumsgast bei – „und wir lassen uns abschrecken.“

Soll man Kiew Verteidigungswaffen liefern oder nicht? „Eine bittere Entscheidung“, gab Ministerin von der Leyen zu – um dann so ruhig wie nachdrücklich den deutschen Standpunkt zu erläutern: „Denken Sie über das Risiko nach. Sind wir wirklich sicher, dass wir das gewinnen können, wenn wir Waffen schicken?“ Der Waffennachschub der Separatisten sei unbegrenzt und Russland erhielte einen Vorwand, „offen in den Konflikt einzugreifen“, warnte die Ministerin. Die Leiden der Bevölkerung in der Ostukraine würden wachsen.

Zudem habe der Westen mit den Wirtschaftssanktionen Moskaus wunden Punkt getroffen, so von der Leyen: Russlands Wirtschaft sei geschrumpft, potentielle Investoren verlieren das Vertrauen. Die Ukraine-Bilanz des Westens sei so schlecht nicht: Putin habe nicht alles bekommen, was er wollte. Moskau habe etwa die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in der Ukraine verhindern wollen – vergeblich. Von der Leyens britischer Kollege gab ihr recht: „Die Kämpfe in der Ukraine müssen enden – aber das geht nicht mit militärischen Mitteln, sondern nur mit wirtschaftlichen.“

Putin sei so isoliert wie nie, überlegte von der Leyen zum Schluss. Vor allem eines habe er während der gesamten Ukraine-Krise nicht erwartet: „Die Geschlossenheit des Westens.“ Die ist jetzt so wichtig wie selten zuvor, und Europäern wie Amerikanern ist das klar. Das vor allem war aus der Diskussion auf dem Transatlantischen Forum der CSU herauszuhören.