Der britische Premier David Cameron gerät durch die Veröffentlichungen über dubiose Beteiligungen an Briefkastenfirmen in der Steueroase Panama unter Druck. Nach tagelangem Zögern räumte er jetzt ein, dass er vor seiner Amtszeit Geld in einem Offshore-Trust seines Vaters in Panama angelegt hatte. Der Name von Camerons 2010 gestorbenem Vater Ian war in den „Panama Papers“ aufgetaucht. Er erscheint dort als Vorstand des Investmentfonds Blairmore Investment Trust.
Knapp 40000 Euro im Steuerparadies
Cameron und seine Ehefrau hätten ihre Anteile an dem Fonds im April 1997 für 12.497 Pfund gekauft und im Januar 2010 für 31.500 Pfund (heute fast 39.000 Euro) verkauft, sagte der britische Regierungschef am Donnerstagabend dem Sender ITV. Sie hätten dafür in Großbritannien Steuern bezahlt. Zunächst hatte Cameron lediglich erklärt, gegenwärtig keine Offshore-Fonds zu besitzen. Zudem hatte er mitteilen lassen, dass es sich bei den Finanzgeschäften seiner Familie um eine „private Angelegenheit“ handele. Auch nach seinem Geständnis beteuerte Cameron, er habe sich nichts vorzuwerfen. „Ich habe wirklich nichts zu verbergen“, beteuerte Cameron im Fernsehen. „Ich besitze zwei Häuser, von denen ich eines vermiete, und ich beziehe mein Einkommen als Premierminister.“ Er besitze keine Aktien mehr, verfüge aber über Ersparnisse.
Ich weiß nicht, ob ihm das britische Volk verzeihen wird.
Tom Watson, Labour-Chef
Opposition und Medien reagierten mit heftiger Kritik auf das Geständnis. Er hätte gleich zu Beginn auch die Anteile in der Vergangenheit ansprechen müssen, heißt es. Die Labour Partei wirft Cameron Heuchelei vor. Ihr Vorsitzender, Jeremy Corbyn, rief Cameron auf, seine Steuererklärungen zu veröffentlichen.
Der stellvertretende Labour-Chef Tom Watson sagte, der Premier sei in Bezug auf seine finanziellen Angelegenheiten nicht „vollkommen aufrichtig“ zu den Briten gewesen. „Ich weiß nicht, ob ihm das britische Volk verzeihen wird.“ Nun würden noch viel mehr Fragen auf Cameron zukommen, bevor dieser Skandal zu den Akten gelegt werden könne.
Opposition fordert Rücktritt
Der Labour-Politiker Richard Burgon forderte von Cameron, im Parlament zu den Vorwürfen Stellung zu beziehen. Burgon erklärte, Camerons Eingeständnis zeige, dass die konservative Regierung in einer „moralischen Krise“ stecke. „Nachdem er sich vier Tage lang geweigert hat, diese Frage zu beantworten, war Cameron nun letzten Endes dazu gezwungen, zuzugeben, dass er direkt von Blairmore profitiert hat, einer Firma, die 30 Jahre lang keine Steuern gezahlt hat.“ Der Labour-Abgeordnete John Mann forderte Cameron gar zum Rücktritt auf. Dem Guardian sagte er, der Premierminister habe in der Affäre „verschleiert und in die Irre geführt“.
Cameron hat die verheerendste Woche seiner Amtszeit erlebt.
Telegraph
Auch die Medien in Großbritannien gehen hart mit Cameron ins Gericht. Cameron habe gerade die „verheerendste Woche“ seiner Amtszeit erlebt, schreibt der Telegraph, und „ein Bilderbuch-Beispiel“ dafür geliefert, wie man es nicht machen solle. Gleichzeitig deutet die Zeitung an, welche Fragen und Nachforschungen Cameron noch zu erwarten hat: „Der Premierminister hat immer noch nicht gesagt, ob seine Mutter Mary an einem Offshore-Fonds beteiligt ist und ob seine Familie einmal davon profitieren kann.“
Affäre vor dem EU-Referendum
Für Cameron kommen die Enthüllungen zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Der britische Premier steht bereits wegen der Debatte um einen möglichen EU-Austritt seines Landes unter großem Druck. Nicht nur die rechtspopulistische Ukip kämpft dafür, dass Großbritannien die Gemeinschaft verlassen soll, sondern auch prominente Parteifreunde Camerons wie Londons Bürgermeister Boris Johnson machen sich für einen „Brexit“ stark. Britanniens Premier möchte sein Land dagegen wie auch der überwiegende Teil der Wirtschaft und auch ein sehr großer Teil der schottischen Bevölkerung in der EU halten. Eine Diskussion über seine Person und seine Amtsführung kann er dabei nicht gebrauchen. Schon im Juni werden die Briten in einem Referendum über den Verbleib in der EU abstimmen.