Die Schnäppchenjäger zieht es nach Wolfratshausen. Beim Ausverkauf bietet Möbel Mahler Nachlässe von bis zu 75 Prozent. Bild: von Rohland
Möbel Mahler

Gescheitert im Konzert der Großen

Ein stolzes Möbelhaus samt „Erlebniswelt“ ist nur noch eine Resterampe: Der Ausverkauf bei Möbel Mahler in Wolfratshausen läuft. Das schwäbische Familienunternehmen Mahler blickt auch in der bayerischen Flößerstadt auf eine lange Geschichte zurück. Nach 33 Jahren geben die Schwaben neben ihrem Heimatstandort Bopfingen das oberbayerische Haus auf. Der österreichische Möbelhändler XXXLutz folgt.

Seniorchef Gerhard Mahler zog im November die Reißleine und gab die Schließungen der Häuser in Bopfingen und Wolfratshausen bekannt. Er sprach von einer „der schwersten Entscheidungen in der Geschichte unseres Familienunternehmens“. Sie ist lang und war die meiste Zeit von Erfolg geprägt.

Die Ära Mahler begann im Jahr 1900 in Kirchheim am Ries

Vor 115 Jahren hatte Georg K. Mahler im beschaulichen Kirchheim am Ries (östliches Baden-Württemberg) zwischen Bopfingen und Nördlingen seine Schreinerei eröffnet. Sohn Georg übernahm die Firma 1936 und baute die väterliche Werkstatt mit pfiffigen Ideen und unternehmerischem Geschick weiter aus. Der Zweite Weltkrieg bremste die Erfolgsgeschichte der Mahlers, aufhalten konnte er sie nicht. Als Georg Mahler aus der Kriegsgefangenschaft zurückkehrte, ging er sofort wieder ans Werk. 1951 feierte er mit einem Küchenbuffet erste größere Erfolge. Das Wirtschaftswunder spielte ihm in den Jahren darauf in die Karten. Unter dem Motto „Wohlstand für Alle“ gründete Mahler 1955 den Möbelhandel. Vier Jahre später ließ er an seine Schreinerei eine Ladenfront anbauen und verkaufte immer mehr Einrichtungsgegenstände.

Wolfratshausen wurde zweites Standbein der Unternehmer-Familie

Den nächsten logischen Schritt vollzog 1974 Mahlers Sohn Gerhard, der heutige Senior-Chef des Möbel-Imperiums. An der Bundesstraße 29 errichtete er in Bopfingen ein modernes Möbelhaus. Einem Ausbau folgte der nächste, neue Märkte wurden erschlossen, vor allem in Bayern. 1982 öffnete in Wolfratshausen das zweite Einkaufszentrum der Mahlers. Es wurde über die Jahre immer größer. Bis auf 40.000 Quadratmeter Verkaufsfläche wuchs es bis 2002, ebenso wie das Heimathaus in Bopfingen. Die Familie hatte noch längst nicht genug: 2009 öffnete das dritte Möbel-Mahler-Erlebnisland im sächsischen Siebenlehn, 2013 kam das vierte und größte Haus in Neu-Ulm dazu. Die Familie investierte 32 Millionen Euro in den neuen Standort, der sich nun jedoch als Sargnagel für die übrigen Filialen erweist. Dennoch betont der Seniorchef: „Ich habe mich nicht verzockt“, so Gerhard Mahler vergangene Woche in der Augsburger Allgemeinen Zeitung. Man habe versucht, „im Konzert der Großen“ mitzuspielen, das sei misslungen.

Möbelhaus ist fester Bestandteil der Loisachstadt

Das Haus in Sachsen gaben die Mahlers schon Ende 2013 ab, ein Jahr später schließen nun die anderen beiden in Oberbayern und Baden Württemberg. Schon die Ankündigung, dass Mahler seine Traditionshäuser an Nachfolgeunternehmen übergeben wollte, sorgte für tiefe Betroffenheit. In der Loisachstadt ist eine ganze Generation mit dem Möbelhaus groß geworden. Die Mahlers sponserten Sportvereine, Werbebanner klebten an Bussen und Taxis, auch die Stadt profitierte von dem großen Arbeitgeber.

XXXLutz greift sich den Braten

Es kam noch schlimmer als befürchtet. Die angestrebte geordnete Übergabe an Mitbewerber der Mahlers klappte nicht: „Die mit mehreren Unternehmen geführte Verhandlungen führten leider nicht zum ersehnten Erfolgt“, teilte Seniorchef Gerhard Mahler Mitte November mit. Man habe sich entschieden, beide Standorte zu schließen und die Immobilien zu veräußern. Medienberichten zufolge greift sich XXXLutz den Braten und übernimmt zumindest das Haus in Wolfratshausen, sobald es Ende Januar leergekauft ist.

Letzter verbliebener Standort Neu-Ulm soll „Qualitätsführer“ werden 

Die Zukunft der Mahlers soll jetzt einzig und allein in Neu-Ulm liegen und wieder zum Erfolg führen. Man sei finanziell sehr solide aufgestellt, heißt es in dem Bericht der Augsburger Allgemeinen, der Gruppen-Umsatz liege bei 160 Millionen Euro. Juniorchef Michael Mahler (29) will das Haus in Neu-Ulm zusammen mit Geschäftsführer Uwe Kern zum „Qualitätsführer“ in der Region formen, sagt er.

Schnäppchenjäger erbeuten Restposten

In Wolfratshausen quälte sich am Samstag eine lange Pkw-Schlange den Autobahn-Zubringer zum Gewerbegebiet hinab. Die Schnäppchenjäger bescherten dem Möbelhaus einen Ansturm wie nie zuvor: Mit Rabatten von 75 Prozent lockt Mahler beim Ausverkauf vor Weihnachten. „Da wird versucht zu verkaufen, was zu verkaufen ist“, sagt Bürgermeister Klaus Heilinglechner in der SZ. Mahler habe in Wolfratshausen keine Verluste gemacht, der Standort sei konkurrenzlos, weiß der Rathauschef. 260 Mitarbeiter sind laut Bericht dabei, ihren eigenen Laden abzuwickeln, die Auszubildenden wollen die Mahlers in anderen Betriebe in der Region unterbringen. Nicht wenige Beschäftigte werden aber auch ihre Koffer packen. Die 400-Kopf-Belegschaft in Neu Ulm soll deutlich aufgestockt werden.