Mittlerweile steckt VW knietief im Skandal um manipulierte Abgaswerte. Es wird sich zeigen, ob und wann der Konzern sich davon erholen wird. Foto: imago/Christian Ohde
Abgasskandal

VW kämpft an allen Ecken und Enden

Der Skandal um manipulierte Abgaswerte bei Dieselmotoren hat VW weiter fest im Griff. Klar ist nun: Elf Millionen Fahrzeuge sind betroffen, acht Millionen davon in der EU. In Wolfsburg bemüht man sich um Schadensbegrenzung und darum, das Vertrauen der Kunden zurückzugewinnen.

Gute zehn Jahre ist es her, dass die deutschen Autobauer mit dem Unternehmen starteten, ihre Dieselmotoren in den USA zu etablieren. Kein leichtes Unterfangen, denn in Amerika gelten besonders strenge Abgasnormen. Strengere als in der EU. Doch irgendwie musste es ja gelingen. Und so besteht die Vermutung, dass bei VW zu dieser Zeit die Entscheidung getroffen wurde, eine manipulierte Software zu verbauen, die die gewünschten Werte bei Messungen liefert.

In Dieselmotoren mit der Bezeichnung EA 189, die VW ab dem Jahr 2008 baute und die sich unter anderem in den Modellen Golf oder Passat, aber auch in Fahrzeugen von Audi, Seat oder Skoda finden, wurde fortan eine Software eingebaut, die erkennt, ob das Fahrzeug sich gerade in einem Testverfahren befindet und dann den Ausstoß von Stickoxiden nach unten drückt.

In Kalifornien nahm alles seinen Lauf

Als erstes stellt die amerikanische Non-Profit-Organisation „International Council on Clean Transportation“ (ICCT) Diskrepanzen bei den Messwerten fest. Die ICCT versorgt die amerikanischen Umweltbehörden mit wissenschaftlichem Input. Zunächst fallen die Abweichungen nur bei europäischen Dieselmotoren auf, später auch bei amerikanischen Modellen.

Die Grenzwerte für Stickoxide lagen im normalen Fahrbetrieb um das 10- bis 40-Fache höher als die erlaubten Grenzwerte.

Als VW von den Behörden informiert wird, heißt es dort: Technische Mängel seien Schuld an der Abweichung. Der Rückruf von 500.000 Fahrzeugen in den USA und ein Update der Software sollen alles wieder richten.

Als danach erneut getestet wird, ist klar: Es kann nicht an der Technik liegen.

Ende des Versteckspiels

Als die US-Umweltbehörde EPA und die Umweltbehörde des Staates Kalifornien VW damit drohen, die neuen 2016er-Modelle des Autobauers nicht zu zertifizieren, räumen die Wolfsburger ein, in den Dieselmotoren eine Manipulationssoftware verwendet zu haben.

VW ruft daraufhin im September eine halbe Million Fahrzeuge in den USA zurück. Neben den Kosten für die Rückholaktion steht auch eine Strafe in Höhe von 18 Milliarden Euro im Raum. Als in Amerika der Verkauf von Dieselfahrzeugen mit vier Zylindern gestoppt wird, stürzt die VW-Aktie ab. Doch schnell ist klar: Nicht nur in den USA sind Fahrzeuge betroffen, sondern auch in Europa.

Mittlerweile sind die Zahlen bekannt: Bei elf Millionen Fahrzeugen wurde die Software manipuliert, davon bei fast drei Millionen deutschen Fahrzeugen.

Ein Konzern kämpft um das Vertrauen seiner Kunden

Für VW geht es nach dem Schuldeingeständnis nun um Schadensbegrenzung. Dies versucht man in Wolfsburg auch durch eine offene Kommunikation zu erreichen.

Wir werden keine Zeit verlieren. Wir arbeiten mit Hochdruck an einer Lösung und informieren jeden betroffenen Kunden schnellstmöglich über die geplanten Maßnahmen.Wir versichern, dass wir den eingeschlagenen Weg der Aufklärung und Transparenz konsequent weiter gehen.

Stellungnahme des Konzerns auf seiner Internetseite

Am „Tag der deutschen Einheit“ sorgte VW in den sozialen Netzwerken mit einer Eigenanzeige für Aufsehen:

Auch Audi, Seat und Skoda informieren betroffene Kunden im Netz über die notwendigen nächsten Schritte. Immer wieder wird darauf verwiesen, dass die Fahrzeuge trotz der manipulierten Software fahrtauglich und sicher sind.

„Das wird nicht ohne Schmerzen gehen“

In einer außerordentlichen Betriebsversammlung in Wolfsburg sprach am heutigen Dienstag der neue VW-Chef Matthias Müller zum ersten Mal zu seinen Angestellten. Rund 22.000 waren zu der Versammlung im Stammwerk gekommen. Müllers Kernaussage: Der Konzern muss sparen und das kann auch ziemlich schmerzhaft werden. Zugleich versicherte er aber, dass im Zuge der Sparmaßnahmen keine Jobs gestrichen werden sollen.

Bernd Osterloh, Chef des Betriebsrates, machte kein Geheiminis daraus, dass der Abgasskandal negative Auswirkungen auf das Ergebnis der Kernmarke haben könne und dies sich wiederum auf den an die Mitarbeiter gezahlten Bonus auswirken könne. Doch Osterloh betonte auch, dass man genau hinsehen werde, „wie der Bonus für den Vorstand aussehen soll.“