„Bayern muss Automobilstandort bleiben”
CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer warnt vor einer hysterischen Debatte über die Automobilindustrie. Die steht vor einem historischen Strukturwandel. Auf dem Spiel stehen allein in Bayern mindestens 400.000 Arbeitsplätze − europaweit 13 Millionen.
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„Bayern muss Automobilstandort bleiben”

CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer warnt vor einer hysterischen Debatte über die Automobilindustrie. Die steht vor einem historischen Strukturwandel. Auf dem Spiel stehen allein in Bayern mindestens 400.000 Arbeitsplätze − europaweit 13 Millionen.

Der Automobilstandort Deutschland darf nicht fahrlässig kaputt geredet werden. Diese Warnung spricht Thomas Kreuzer, der Vorsitzende der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag, aus. Außerdem warb Kreuzer dafür, offensiv neue Antriebe anzugehen, gleichzeitig aber technologieoffen zu sein, also auch den Verbrennungsmotor nicht zu verteufeln.

Der CSU-Fraktionsvorstand hat sich von Bertram Brossardt, dem Hauptgeschäftsführer der vbw − Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. und der Arbeitgeberverbände der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie bayme vbm, über den Automobilstandort informieren lassen. Dazu stellte Brossardt zwei Studien vor.

Historischer Strukturwandel

„Die Automobilindustrie steht in einem historischen Strukturwandel mit mehreren technologischen Treibern”, so Brossardt. Für diesen Strukturwandel seien Bayerns Unternehmen zwar grundsätzlich gut aufgestellt. Der Wandel werde aber massiv beschleunigt durch Regulierung, insbesondere durch die neuen CO2-Grenzwerte auf europäischer Ebene. Brossardt: „Der Staat steht daher jetzt in der Verantwortung, den Unternehmen in diesem Wandel Orientierung und Unterstützung zu geben.”

In den Studien wird unter anderem davon gesprochen, dass es zwischen 2030 und 2040 zu Beschäftigungsrückgängen kommen kann. Bei der Diskussion in der EU über CO2-Grenzwerte und beim deutschen Klimaschutzgesetz müsse berücksichtigt werden, dass Strukturbrüche in der Automobilbranche drohen. Der Staat müsse einen innovationsfreundlichen Rechtsrahmen für das autonome Fahren vorgeben sowie Forschung und Entwicklung von neuen Antriebstechnologien fördern.

Schlag gegen Bayerns Leitindustrie

Schon Ende März hatte Brossardt die jüngst vom Europäischen Parlament beschlossene drastische Reduzierung des CO2-Ausstoßes für Neuwagen ab 2021 scharf kritisiert. Die Verschärfung sei für die europäische und insbesondere deutsche und bayerische Automobilindustrie eine starke Belastung im internationalen Wettbewerb. So sollen nach EU-Vorstellungen die Autohersteller ab 2021 bis 2030 den CO2-Ausstoß ihrer Neuwagenflotte um 37,5 Prozent senken. Brossardt wörtlich: „Das ist ein industriepolitischer Schlag gegen unsere Leitindustrie.”

Das ist ein industriepolitischer Schlag gegen unsere Leitindustrie.

Bertram Brossardt, vbw-Hauptgeschäftsführer

Das Ziel einer emissionsfreien Mobilität müsse im Einklang mit der ökonomischen Machbarkeit stehen, warnt der vbw-Hauptgeschäftsführer. Vor allem der Ausbau der Infrastruktur, eine ausgewogene Industriepolitik und Maßnahmen zur Arbeitsplatzsicherung seien hier zu nennen. Brossardt: „Die Vertreter der EU-Kommission, des EU-Parlaments und des europäischen Rates vernachlässigen diese Kriterien allerdings.”

Pakt für die Zukunft der Automobilindustrie

Auch Kreuzer bemängelt nun, dass „die öffentlichen Debatten teils irrationale Züge annimmt und Fakten immer weniger durchdringen”. In den von manchen hysterisch geführten Debatten gehe unter, dass moderne deutsche Dieselmotoren die strenge Abgasnorm „Euro 6d-Temp” teils weit unterbieten. „Stattdessen machen wir uns in Deutschland in einem Akt der Selbstzerstörung daran, die Industrienation zu schwächen, die mit die saubersten Autos der Welt baut.” Der CSU-Fraktionschef weiter: „Es wäre ein schlechter Witz der Industriegeschichte und des Umweltschutzes, wenn die Nation mit den besten Autos ihre Produktion kaputt macht und die schlechteren Autos der anderen übrig blieben.”

Bayern muss Autoland bleiben.

Thomas Kreuzer, Vorsitzender der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag

Die Bayerische Staatsregierung hat auf die neuen Herausforderungen und grundlegenden Umwälzungen in der Automobilbranche bereits reagiert. Im letzten Jahr wurde der „Pakt zur Zukunft der Fahrzeugindustrie in Bayern“ auf den Weg gebracht. Die wesentlichen Akteure aus Wirtschaft und Politik kommen im Zukunftsforum Automobil zusammen, um eine bayerische Gesamtstrategie für die Fahrzeugindustrie und ihre 400.000 Beschäftigten zu entwickeln. „Bayern muss Autoland bleiben”, betont Kreuzer. Neben innovativen Antriebstechnologien müssten leistungsfähige und umweltschonende Batterietechnologien weiterentwickelt werden, genauso wie synthetische Kraftstoffe.

Europaweit geht es um 13 Millionen Arbeitsplätze

Die Automobil- und Zulieferindustrieindustrie sei für Bayern von essentieller Bedeutung, betont auch Brossardt. Sie biete rund 200.000 Beschäftigten Arbeit − 2,7 Prozent aller Erwerbstätigen in Bayern. Dazu kommen noch einmal die gleiche Anzahl von Arbeitsplätzen in Handwerk, Dienstleistungen und anderen Industriebranchen. Brossardt: „Die Branche steht allein für 30 Prozent der industriellen Wertschöpfung und für fast 30 Prozent der gesamten bayerischen Exporte.”

Der Weg, den wir hier einschlagen, führt in die Sackgasse, und das wird sehr schmerzhaft werden.

Carlos Tavares, Peugeot-Chef

Noch bitterer fällt die Warnung des französischen Peugeot-Chefs Carlos Tavares aus. Die Entscheidung des Europaparlaments für die drastischen CO2-Grenzwerte ab 2021 nennt er im Interview mit der Pariser Tageszeitung Le Figaro ein „Votum gegen die europäische Industrie”. Europaweit stünden 13 Millionen Arbeitsplätze auf dem Spiel. Tavares: „Das verdient zumindest eine professionelle und wissenschaftliche Annäherung an die Fragen, um die es geht.” Der Peugeot-Chef warnt: „Der Weg, den wir hier einschlagen, führt in die Sackgasse, und das wird sehr schmerzhaft werden.” (BK/H.M.)