Autos in Damenhand: Mitarbeiterin im Ingolstädter Audi-Werk. (Foto: Imago/Stephan Görlach)
Arbeitsmarkt

Werben um die Frauen

Mit Bayerns Unternehmen schließt Ministerpräsident Markus Söder einen Pakt zur Gewinnung zusätzlicher Fachkräfte. Dabei fokussieren sich die Firmen auf die Damenwelt: Mit mehr Kinderbetreuung soll ihnen Erwerbsarbeit in Vollzeit erleichtert werden.

Der Countdown läuft. In die entscheidenden Tage vor der Landtagswahl startet Ministerpräsident Markus Söder mit gehörig Rückenwind. Aufmunterung und Lob in einem spendet Alfred Gaffal, Präsident der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw): „Umfragen sind das eine, die Bilanz der Staatsregierung das andere.“ Der Freistaat stehe schlicht „glänzend“ da, sei das „wachstumsstärkste Flächenland Deutschlands“, verbuche mit einer Arbeitslosenquote von 2,8 Prozent „praktisch Vollbeschäftigung“.

Eine Viertelmillion neue Fachkräfte bis 2023

Damit dies auch so bleiben kann, hat der Industrieverband zum Start dieser wichtigen Woche öffentlichkeitswirksam einen Pakt mit dem Regierungschef geschlossen. Söder und Gaffal setzten ihre Unterschrift unter eine förmliche „Vereinbarung für ein Fachkräfteprogramm“. Bis ins Jahr 2023 wollen bayerische Unternehmen zusammen mit staatlichen Behörden rund 250.000 zusätzliche Fachkräfte gewinnen. „Das Ziel ist halbe/halbe aus dem In- und aus dem Ausland“, kündigt Söder an.

Schon seit Beginn der derzeitigen Hochkonjunktur läuft das so: Fast die Hälfte der insgesamt eine Million neuen Jobs wurden mit Bewerbern aus dem Ausland besetzt. Doch Unternehmer klagen noch immer, dass sie angesichts der Vollbeschäftigung in Bayern weiterhin zunehmend Schwierigkeiten haben, qualifizierte Arbeitnehmer zu finden. Mit dem neuen Pakt wollen sie nun neben Mitarbeitern etwa aus den EU-Nachbarländern verstärkt „inländische Potenziale“ heben: Frauen, die bislang in Teilzeit arbeiten oder aus dem Mutterschutz zurückkehren, Langzeitarbeitslose, Ältere und Behinderte.

Wir brauchen eine Bildungsoffensive, müssen Zuwanderung gezielt gestalten.

Alfred Gaffal, vbw-Präsident

Vor allem auf weiblichen Arbeitskräften ruht dabei die Hoffnung. Mit einer Initiative „Sprungbrett Back to work“ sollen sie gelockt werden. Ministerpräsident Söder kündigte an, es würden in der nächsten Legislaturperiode Krippen-, Kindergarten-, Hort-Angebote weiter ausgebaut – damit Frauen besser in Vollzeit arbeiten können. Auch kreative Projekte regte er dabei an, wie einen „Kita-Bus“ für München, damit die arbeitenden Eltern nicht in den Stress der Hetze vom Arbeitsplatz zum Kinderabholen geraten. „Die Not macht erfinderisch“, erklärte vbw-Chef Gaffal.

Einwanderung nur in Arbeit

Damit keine Missverständnisse bezüglich im Ausland angeworbener Arbeitskräfte aufkommen, stellte Söder klar: „Fachkräfte sollen in Arbeit zuwandern, nicht in die Sozialsysteme.“ Die Vereinbarung der schwarz-roten Bundesregierung zum Fachkräfte-Zuzug müsse in Gesetzesform gegossen und praktisch nutzbar gemacht werden. Der so genannte „Spurwechsel“ aus Asylverfahren in Programme zur Gewinnung etwa von Pflegekräften sei nur in absoluten Ausnahmefällen denkbar.

Ein eisiger Wind der Veränderung zieht über Europa.

Markus Söder, Ministerpräsident

Für Bayern sieht Ministerpräsident Söder die anstehende Landtagswahl als wichtige Richtungsentscheidung für wirtschaftliche Stabilität im Freistaat. Europaweit gewinnen nach seiner Analyse populistische Bewegungen Boden. Die Folge sei jedoch in den entsprechenden Ländern: „Weniger Stabilität!“ Gottlob sei die ökonomische Lage in Deutschland gut, in Bayern sehr gut. „Aber jetzt lassen Sie mal die wirtschaftliche Situation schwächer werden. Dann geraten die demokratischen Rahmenbedingungen unter Druck“, sagte er in der bis auf den letzten Platz mit Zuhörern besetzten Zentrale der vbw. Damit die Wirtschaft stark und die Demokratie stabil bleibe – dafür werbe er um jede Stimme im Land. „Es steht mehr auf dem Spiel, als viele meinen“, warnt Söder.