Sohn und Vater Pausch des Automobilzulieferers RAPA, seit über 90 Jahren in Selb ansässig. Foto: OP
Firmenübergabe

Geregelte Nachfolge – Garant für den Erfolg

Während in Berlin um eine Reform des Erbschaftssteuergesetzes gerungen wird, zeigen Familienunternehmen, wie gelungene Nachfolge funktionieren kann. Beispiel dafür sind zwei mittelständische Unternehmen in Bayreuth und in Selb, die erfolgreich die Geschäfte an die nächste Generation übergeben haben.

Die Nachfolge in Unternehmen ist ein großes Thema für die bayerische Wirtschaft. Einige Firmen haben diese für die wirtschaftliche Zukunft entscheidende Frage hervorragend gelöst. Zwei Beispiele dafür aus Oberfranken.

Walküre in Porzellan

Gegründet 1899 von Siegmund Paul Meyer sorgte die „Erste Bayreuther Porzellanfabrik“ schon zwei Jahre nach ihrer Gründung für Furore: Meyer brachte das feuerfeste Koch- und Backgeschirr „Walküre“ auf den Markt – eine Innovation, die 1920 der Firma ihren Namen gab. Bald entwickelte sich eine florierende Porzellanherstellung am Fuße des Festspielhügels in Bayreuth. Seit den siebziger Jahren spezialisierte sich „Walküre“ auf Hotel- wie Gastronomiebedarf und erschloss erfolgreich Nischenmärkte.

Das Unternehmen wird heute in vierter Generation von Dr. Wolfgang und Siegmund Meyer geführt. Das war auch der Grund, warum der Bayernkurier Dr. Wolfgang Meyer zum Thema Nachfolge befragte. „Ich glaube, es gibt einige wichtige Schritte, die wir gemacht haben, um das Unternehmen in einem kontinuierlichen Prozess an meinen Bruder und mich zu überführen“, verrät Meyer, der sich die Geschäftsführung mit seinem Bruder Siegmund, seiner Mutter und seinem Vater teilt: „Mein Vater ist verantwortlich für den Gesamtbetrieb, meine Mutter und ich für den Bereich Marketing, Vertrieb – dazu gehören auch Produktentwicklung und Design -, mein Bruder für den technischen Bereich. Da ist in beiden Fällen Neigung und Eignung zusammengekommen.“

Wolfgang war nach dem BWL-Studium und der Promotion 2005 in die Firma eingestiegen. Siegmund hatte Werkstofftechnik studiert und als Wirtschaftsingenieur abgeschlossen. Er ist seit 1999 im Betrieb. Das Entscheidende, sagt Wolfgang Meyer, ist: „Mein Bruder und ich haben Entscheidungsfreiheit und -hoheit. Daher läuft es gut und es gibt keine Konfrontationen.“

Das Hineinwachsen in die Firma sei auch dadurch entstanden, erzählt der Nachfolger, weil das Elternhaus auf dem Firmengelände liegt. „Das war also auch unser Spielplatz als Kinder, und so sind wir richtig in die Porzellanwelt hineingewachsen. Wir haben das während unserer Kindheit alles mitbekommen und haben dadurch eine ganz andere Affinität zum Porzellan als andere, die das gar nicht so richtig erleben.“ Die Eltern übten keinerlei Zwang zur Nachfolge aus. Schon in der Jugend sei der Bruder eher der Technikbegeisterte und er der kaufmännisch Interessierte gewesen. „Das hat sich einfach glücklich zusammengefügt.“ Dennoch hätten die Brüder zunächst „alles offengehalten“, alle möglichen Studienrichtungen erwogen, um dann doch bei den alten Neigungen zu bleiben.

Einen weiteren Grund für ihre gelungene Nachfolge sieht Meyer darin: „Wir sitzen jeden Tag gemeinsam am Mittagstisch, da haben wir Zeit, die Dinge in Ruhe zu besprechen. Das ist unser täglicher fester Termin. Wir haben aber auch zweimal im Jahr ein Strategietreffen, wo wir uns mehrere Tage Zeit nehmen, abseits des Alltagsgeschäfts, ein paar Tage zu beraten – nur wir vier.“

„Bitte schreiben Sie noch das“, sagt Wolfgang Meyer zum Schluss: „Auf keinen Fall sollte man jemand zur Nachfolge zwingen. Wenn es jemand nicht machen will, macht es keinen Sinn. Und: Bei mehreren Nachfolgern sollte jeder seinen eigenen Verantwortungsbereich haben.“ Sein Bruder Siegmund hat übrigens schon drei Kinder. Das ist dann schon die fünfte Porzellan-Generation.

Automobiles in Selb

Ein weiteres Beispiel fanden wir im oberfränkischen Selb. Als einer der führenden Automobilzulieferer und Entwicklungs- und Lieferpartner für hydraulische und pneumatische Komponenten und Systeme in den Bereichen Exterieur, Fahrwerk und Antriebsstrang ist dort RAPA (Rausch & Pausch GmbH) ein regional verwurzelter Arbeitgeber mit 270 Mitarbeitern. RAPA, seit über 90 Jahren in Selb ansässig, immer in Familienbesitz, hat sich dem Standort verschrieben. Dies zeigt sich auch in den laufenden Investitionen und der Bereitschaft, Verantwortung für Selb und für die Region mit zu übernehmen:

Seit 2011 wird die Firma von Dr. Roman Pausch geleitet. Er hatte nach der Schule zunächst seinen Doktor in Physik gemacht und in Oxford Finanzmathematik studiert. War dann Investment Banker und absolvierte ein Wirtschaftsaufbaustudium in Vancouver und Sydney, bevor er in die Firma einstieg. Er gehört der vierten Besitzer-Generation an. Zum Thema „Nachfolge in Unternehmen“ sagte Pausch gegenüber dem Bayernkurier: „Das Wichtigste ist, die Nachfolge rechtzeitig zu regeln. Bei uns war das ein zehnjähriger Prozess, in dem mich mein Vater in den Betrieb eingeführt hat. In dieser Zeit wird man auch als Führungskraft im Unternehmen akzeptiert. Zwischen den Mitarbeitern und dem Nachfolger entsteht ein Vertrauensverhältnis. Die Mitarbeiter müssen das Gefühl haben, dass der Nachfolger die Führung verdient hat. Und der Nachfolger muss führen durch Vorbild.“

Gerade 2009, als die Produktion bei RAPA wegen der Wirtschaftskrise fast stillstand, hätten die Angestellten erlebt, dass es Kontinuität gibt. Dass es weitergeht. Dass die Firma zusammensteht. „Vater und ich“, erinnert sich Roman Pausch, „wir ließen uns nie von unserem Kurs abbringen. Wir hatten einen Übergabe-Fahrplan erstellt. Von 2004 bis 2010 habe ich die Produktentwicklung geleitet – da war tägliche Kommunikation mit meinem Vater Pflicht. Dann war ich gemeinsam mit ihm Geschäftsführer. 2011 nahm er seinen Abschied als Geschäftsführer. Aber er ist immer noch an Bord und das hoffentlich noch lange.“

Um seine eigene Nachfolge macht sich Roman Pausch keine Gedanken. Seinen drei Töchtern lässt er freie Wahl, welchen Beruf sie einmal ergreifen möchten. Die hatte er auch. Vielleicht war genau dies das Geheimnis der gelungenen Nachfolge bei RAPA.

„Walküre“ und RAPA sind gelungene Beispiele für die Nachfolge in Familienunternehmen. Nach einer Studie der Universität St. Gallen sieht es in der Regel ganz anders aus: Nur ein Viertel der Erben hat schon einmal darüber nachgedacht, die elterliche Firma zu übernehmen. Knapp die Hälfte denkt nicht mal ab und zu daran. Lediglich sieben Prozent der Befragten wollen direkt nach dem Studium zu Hause einsteigen. Nach Ende ihres Studiums würden vierzig Prozent lieber eine eigene Firma gründen, als beim eigenen Familienunternehmen mitzumachen.