Die großen Shopping-Center wie hier in Frankfurt ziehen viele konsumfreudige Kunden an, während immer mehr Ladengeschäfte leer stehen. Bild: Imago/Ralph Peters
Mehr Shopping-Center

Segen für Investoren, Fluch für den Einzelhandel?

Die Zinsen sind weltweit am Boden, Immobilien gelten mehr denn je als sichere Häfen. Ausländische Investoren steckten ihr Geld zuletzt vor allem in große deutsche Shopping-Center. Das aus gutem Grund: Der private Konsum ist hierzulande auf Rekordniveau, die Center sind beliebt. Die Not des innerstädtischen Einzelhandels wird derweil größer.

Im laufenden Jahr ist die Taktzahl offenbar etwas niedriger als zuletzt. Darauf lassen zumindest die Ergebnisse des aktuellen „Shopping-Center-Reports 2016“ des EHI Retail Instituts in Köln schließen: Bis Ende 2016 werden demnach bundesweit nur vier neue Center ihre Tore öffnen, nachdem 2014 neun und im vergangenen Jahr 13 Neueröffnungen gezählt worden waren. Doch das ist wohl nur die berühmte Ruhe vor dem Sturm: Die Dynamik in der Branche lasse sich noch feststellen, heißt es von dem Kölner Institut, das auf die Planungen für 2017 verweist. 26 neue Shopping-Center sollen dann deutschlandweit entstehen. „Zudem setzen die Investoren nach wie vor verstärkt auf die Revitalisierung von bestehenden Centern“, heißt es. Die Einkaufszentren werden also zurzeit modernisiert und ausgebaut.

Center beliebteste Handelsimmobilien im vergangenen Jahr 

Die Shopping-Center blieben 2015 bei Investoren die beliebtesten Handelsimmobilien, berichtete jüngst auch die Fachzeitschrift Der Handel. Die Zahl der großflächigen Einkaufszentren stieg demnach auf 475, rund 5,6 Milliarden Euro legten die Investoren auf den Tisch. Das war beinahe das Dreifache von dem, was sie noch 2014 in dem Segment anlegten; damals waren es rund zwei Milliarden Euro. Nach Angaben des Immobiliendienstleisters Jones Lang LaSalle (JLL) wird die Mehrzahl der Käufe von ausländischen Investoren getätigt. 2015 lag ihr Anteil bei 57 Prozent. Bei den sogenannten Portfoliodeals waren sie sogar zu 90 Prozent vertreten. Dominiert wird der Markt dem Bericht zufolge vor allem von Investoren aus Frankreich und Kanada. Zu den aktivsten Käufern und Verkäufern zählten Fonds-Manager, die das Geld ihrer Kunden anlegen. Auffällig sei, dass Banken und Unternehmen die Bestände reduzierten, während Spezialfonds und Pensionskassen mit jeweils mehr als 500 Millionen Euro auf der Käuferseite aktiv gewesen waren, heißt es.

Auch in prosperierenden Gemeinden mit wachsender Bevölkerung, wie etwa dem Audi-Standort Ingolstadt, sind leer stehende Ladenlokale inzwischen ein Problem.

Aus dem Handelsjournal

Ob das Franken-Center in Nürnberg, das Olympia Einkaufszentrum in München oder das Ingolstadt Village: Bayern steht mit gut 80 Häusern und 1,82 Millionen Quadratmetern mit seinem Angebot an Shopping-Centern bundesweit an zweiter Stelle hinter Nordrhein-Westfalen. Viele Einzelhändler in den Innenstädten betrachten die Entwicklung jedoch mit Argwohn und Sorge, der Leerstand der Geschäfte nimmt auch im Freistaat zu. Und das längst nicht nur in strukturschwachen Regionen: „Auch in prosperierenden Gemeinden mit wachsender Bevölkerung, wie etwa dem Audi-Standort Ingolstadt, sind leer stehende Ladenlokale inzwischen ein Problem“, berichtete jüngst das Handelsjournal. Viele Geschäfte in der Altstadt seien kaum zu vermieten. Der Branchenmix stimme nicht mehr, weil viele Ingolstädter lieber in den Shopping-Zentren außerhalb des Stadtzentrums einkaufen würden, heißt es. „Haben sich derartige Strukturen erst einmal verfestigt, wird auch für die verbliebenen Händler die Luft dünner“, warnen die Experten. Besonders groß sei die Gefahr in der Gruppe der „selektiven Shopper“ zwischen 20 und 29 Jahren, die sich bei Angebotslücken rasch von der jeweiligen Einkaufsregion verabschieden.