Erneut legte die GDL große Teile des deutschlandweiten Zugverkehrs lahm. Für die Wirtschaft entwickelt sich das zunehmend zum Problem. Bild: Fotolia, Patrick Poendl
Lokführer-Streik

Streik belastet Wirtschaft

Der erneute Streik der Lokführer erzürnt die Pendler und alle anderen Bahnreisenden. Die Ausstände schädigen die Wirtschaft immer stärker. Aktuell drohen Verluste von bis zu einer halben Milliarde Euro. Politik und Wirtschaft fordern die Tarifparteien dazu auf, endlich eine Lösung am Verhandlungstisch zu finden.

„Wer glaubt, dass er eine Woche streiken kann, sollte auch zeigen, dass er eine Woche am Stück verhandeln kann“, kritisierte Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) vor allem die Lokführergewerkschaft GDL, die eine Schlichtung zunächst ablehnte. „Für die Verweigerung fehlt mir das Verständnis“, so Dobrindt. „Ein Streik dieser Länge ist unverantwortlich“, sagte Bertram Brossardt mit Blick auf den angekündigten siebentägigen Ausstand im Personen- und Güterverkehr. Der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft rechnete vor, wie schwer der Ausstand die Wirtschaft trifft: Die Bahn befördere bundesweit gut 13 Prozent aller in Deutschland transportierten Güter. Allein aus Bayern heraus würden jährlich rund 25 Millionen Tonnen Güter per Bahn versandt, in den Freistaat hinein gelangten 30 Millionen Tonnen.

„Störungen oder gar Ausfälle im Produktionsablauf“ seien Folgen des Streiks, warnte Brossardt. „Dies schadet der Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen erheblich.“ Betroffen seien viele bayerische Zulieferer, deren Kunden im Ausland säßen. „Sie können ihre Waren nicht rechtzeitig anliefern. Damit besteht die Gefahr, dass diese zur Konkurrenz in anderen Ländern abwandern.“ „Alles in allem drohen Streikkosten von einer halben Milliarde Euro“, warnte auch Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages. „Lager laufen leer, die Produktion stottert, es kann sogar zu Produktionsausfällen kommen.“

15 Prozent mehr Autonutzung, 14 Prozent mehr Unfälle

Streiks im öffentlichen Personennahverkehr führen laut einer Studie des ifo Instituts und der Universität Passau zu 15 Prozent mehr Autonutzung, zu 14 Prozent mehr Unfällen, zu 20 Prozent mehr Verletzten und zu 14 Prozent mehr Luftverschmutzung. 11 Prozent mehr kleine Kinder werden wegen Atemwegsbeschwerden ins Krankenhaus eingeliefert. Die Fahrtzeiten zum und vom Arbeitsplatz verlängerten sich an Streiktagen um durchschnittlich 9,3 Prozent. Ein eintägiger Streik in einer Stadt verlängerte die Fahrtzeiten um 91700 Stunden. Das entspricht Kosten von rund 4,8 Millionen Euro pro Tag, dazu kommen im Schnitt Einnahmeverluste des bestreikten Unternehmens, die pro Streiktag auf 1,2 Millionen Euro geschätzt wurden.

Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer forderte die GDL vergeblich auf, den Streik sofort wieder abzusagen. „Er trifft die ganze Breite der deutschen Industrie, vor allem aber die Automobil- und Stahlindustrie sowie die Chemie- und Rohstoffindustrie, die ohne pünktliche Zulieferungen innerhalb kürzester Zeit Produktionsausfälle erleiden“, verdeutlichte der Arbeitgeberpräsident.

Ökonomen rechnen damit, dass der Ausstand der Lokführer das Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal 2015 um 0,1 Prozentpunkte drücken könnte. Je länger der Streik dauere, umso größer sei die Gefahr, dass Aufträge storniert würden. Brossardt begrüßte daher den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Tarifeinheit, der solche Ausstände ausbremsen soll.