Der neue stv. CSU-Generalsekretär Markus Blume. Bild: BK
Zukunftskongress

Zeit der Veränderung

Im Interview mit dem Bayernkurier zieht Markus Blume eine Bilanz der Auftaktveranstaltung des Zukunftskongresses und spricht über seine Ziele mit der Grundsatzkommission und die möglichen Entwicklungsperspektiven der Veranstaltungsreihe.

Bayernkurier: Das letzte Grundsatzprogramm ist aus dem Jahr 2007 – warum ist es so wichtig, dass sich die CSU jetzt wieder ein neues gibt?

Markus Blume: Es gibt einen unverbrüchlichen Grundwerteteil des Grundsatzprogramms, der ist heute noch so aktuell wie 2007 und daran wird sich auf absehbare Zeit auch nichts ändern. Aber wir müssen auch feststellen, dass sich die Welt seit 2007 deutlich verändert hat. Sie ist schneller, komplexer, konfliktträchtiger und digitaler geworden. Auf solche Veränderungen müssen wir uns einstellen.

Bayernkurier: Manchmal kann man das Gefühl bekommen, unsere Gesellschaft bricht aufgrund der Globalisierung, der Digitalisierung, des demografischen Wandels und anderer Faktoren immer weiter auseinander, sie wird immer individueller, vielleicht sogar eigensinniger. Sehen Sie das auch so und welche Klammern könnten unser Gemeinschaft in Zukunft noch zusammenhalten?

Blume: In der Tat erleben wir, dass viele etablierte Strukturen erodieren. Gefährlich ist dies deshalb, weil der gesellschaftliche Kitt – man könnte auch sagen: das soziale Kapital – einer der wesentlichen Gründe dafür ist, dass es uns in Bayern und Deutschland so gut geht. In Regionen, wo Menschen füreinander einstehen, in Vereinen für ihre Zielsetzungen engagiert sind oder gemeinsam Kultur und Brauchtum hochhalten, dort gibt es erwiesenermaßen weniger Kriminalität und mehr Wirtschaftswachstum. Umso wichtiger ist, dass wir auch in Zukunft eine starke Bayern-Identität haben. Damit möglichst alle sagen können: ‚Bayern ist meine Heimat‘, müssen wir auf den Erwerb der deutschen Sprache drängen, auf Bildung setzen und umfängliche Teilhabe am bayerischen Erfolgsmodell ermöglichen.

In Regionen, wo Menschen gemeinsam Kultur und Brauchtum hochhalten, gibt es weniger Kriminalität und mehr Wirtschaftswachstum.

Markus Blume

Bayernkurier: Inwieweit spielt auch die digitale „Revolution der Medien“ eine Rolle bei den gesellschaftlichen Veränderungen?

Blume: Das Internet ist der Katalysator Nummer Eins für gesellschaftliche Veränderungen. Die Zeitspanne, in der diese stattfinden, ist deutlich kürzer geworden, das Ausmaß, in dem sie wirken, deutlich größer geworden

Bayernkurier: Die Auftaktveranstaltung beschäftigte sich mit dem Thema Gesellschaft und legte den Schwerpunkt auf Fragen rund um die Integration. Welche Erkenntnisse konnten Sie aus der Veranstaltung gewinnen und wie finden diese bei Ihrem Grundsatzprozess Berücksichtigung?

Blume: Zunächst einmal stelle ich fest, dass es ein riesiges Interesse am Grundsatzprozess gibt und alle Altersgruppen den Weg zum Kongress gefunden haben. Wir haben von den Fachreferenten wie auch aus dem Publikum zahlreiche Anstöße mitnehmen können, obwohl wir vieles – ich denke nur an große Themen wie Inklusion oder Familie – noch gar nicht im Detail angesprochen haben. Was wir auf jeden Fall schon jetzt sagen können, sind drei Punkte: 1. Die Erfolgsformel für Bayern heißt auch in Zukunft, Heimat und Weltoffenheit zusammenzubringen. 2. Die bayerische Identität mit ihrer Wertebindung und der christlichen Prägung ist wichtig und auch mit Selbstbewusstsein zu vertreten, aber ohne auszugrenzen oder auf Privilegien zu pochen. Und 3. Falsche Toleranz und ein Übermaß an Relativismus ohne eigenen Standpunkt erschweren Integration anstatt sie zu erleichtern.

Bayernkurier: Wie ist Ihre Einschätzung nach der hochkarätig besetzten Diskussionsrunde – wie kann Integration gelingen?

Blume: Integration gelingt dann gut, wenn die Rahmenbedingungen zum Beispiel am Arbeitsmarkt stimmen, gute Politik gemacht wird und die Menschen Vertrauen haben. Deshalb klappt Integration in Bayern bisher auch vergleichsweise gut, wie uns vom Soziologen Prof. Nassehi bestätigt wurde. Frau Papak wiederum, die als Minderjährige nach Deutschland geflohen war, wies daraufhin, dass es gute Vorbilder und klare Vorgaben brauche. Auch dem ist voll zuzustimmen: Nur wenn wir selbst wissen, wo wir stehen, können wir auch andere integrieren.

Vielleicht müssen wir unsere Vorstellungen von Rechten und Pflichten im Zusammenhang mit Integration noch deutlicher artikulieren. Als Grundsatzkommission werden wir deshalb auch diskutieren, ob wir vielleicht neue oder zusätzliche gesetzliche Grundlagen brauchen. Das österreichische Islamgesetz, das von Bundesminister Kurz vorgestellt wurde, fand durchaus Zuspruch, nämlich um grundlegende Spielregeln auch für den Islam zu bestimmen – mit Rechten, aber eben auch Pflichten. Völlig einig war man sich übrigens bei „Null Toleranz“ gegenüber Hasspredigern und allen, die die Scharia über das Grundgesetz stellen wollen.