Das 33. Internationale Filmfest München findet von 25. Juni bis 4. Juli statt. (Foto: Filmfest München)
Filmfest München

Starke Produktionen, starke Protagonisten

Am 25. Juni startet das 33. Filmfest München. Bis 4. Juli werden aus 54 Ländern 179 aktuelle Filme gezeigt, die alle als Deutschland-Premiere, einige davon sogar als Welt- oder Europa-Premiere laufen. Thematisch steht das diesjährige Filmfestival unter dem Motto „Grenzen überschreiten“.

Grenzen sind dazu da, überschritten zu werden. Unter dieser Aussage könnte man die inhaltliche Ausrichtung des diesjährigen, 33. Filmfests München subsumieren. Ob geografisch-politisch, persönlich oder formal-ästhetisch – Beschränkungen sollen durchbrochen und neues Terrain betreten werden, lautet das Credo des Münchner Filmfests 2015. Deshalb zeigt das Filmfest dieses Jahr bewusst Produktionen aus filmisch bislang wenig bekannten Regionen. Darunter befinden sich mit „Theeb“ ein bildgewaltiges Wüsten-Epos aus Jordanien genauso wie mit „God Loves the Fighter“ Trinidads Antwort auf „City of God“, die vom harten Leben in den Problemvierteln der Hafenmetropole Port-of-Spain erzählt. Und aus Vietnam kommt der Film „The Inseminator“, in dem eine junge Filmemacherin jahrhundertealte gesellschaftliche Tabus bricht; ihr Film wurde deshalb in ihrer Heimat verboten.

Von Grenzen und Grenzerfahrungen

Grenzerfahrungen macht auch bereits beim Eröffnungsfilm „Den Menschen so fern“ sein Held Viggo Mortensen. Dieser spielt einen zwischen den Kulturen wandelnden französischstämmigen Lehrer in Algerien zur Zeit des Bürgerkriegs in den frühen 1950er Jahren. Um Grenzerfahrungen, eigentlich sogar Todeserfahrungen, geht es auch beim Film „Mediterranea“, der ein brandaktuelles Thema aufgreift, indem er die Geschichte afrikanischer Flüchtlinge erzählt, die die lebensgefährliche Reise über das Mittelmeer wagen, getrieben von der Hoffnung auf ein besseres Leben in Europa.

Am Puls der Zeit präsentieren sich auch die zahlreichen Filme aus dem arabischen Raum, die zeigen, was nach den politischen und sozialen Umwälzungen vom Arabischen Frühling übrig geblieben ist. Heiß diskutiert wird in diesem Zusammenhang bereits der Film „Much Loved“, der ungewöhnlich offen von vier jungen Prostituierten in Marrakesch erzählt – und dafür in Marokko auf den Index kam. „Viele der gezeigten Filme spiegeln eine globale Gesellschaft im Umbruch wider, in der sich die Grenzen auf allen Ebenen spürbar verschieben. Im Kino rücken diese Grenzgänge besonders eindrucksvoll in den Fokus“, sagt Festivalleiterin Diana Iljine.

Zahlreiche Dokumentarfilme gesellschaftspolitisch brisanten Inhalts

Überhaupt seien Dokumentarfilme, vor allem solche, die sich politisch brisanten Themen widmen, auf dem diesjährigen Filmfest zahlreich und prominent vertreten, erläutert Iljine weiter. So porträtiert der Oscar-prämierte Regisseur Alex Gibney in „Going Clear: Scientology and the Prison of Belief“ die Praktiken der Scientology-Sekte, während sich „The Great Invisible“ mit der Katastrophe der explodierten Ölbohrinsel Deepwater Horizon beschäftigt. Dem Umweltthema verschreibt sich auch der Film „How to Cange the World“, der Bob Hunter, dem Vorreiter und Mitbegründer von Greenpeace, ein filmisches Denkmal setzt. Und als deutsches Thema rollen mit „Mollath – Und plötzlich bist du verrückt“ zwei junge bayerische Filmemacherinnen, Annika Blendl und Leonie Stade, den Fall Gustl Mollath auf. In dem umstrittenen Fall urteilte 2014 ein Gericht vorerst abschließend, dass Mollath zwar zu Unrecht in die Psychiatrie eingewiesen worden war und zu entschädigen sei. Zugleich wurde in dem Urteil aber offenbar, dass der Mann nicht so unschuldig und normal war, wie er und seine Unterstützer ihn immer darstellten. Das Gericht sah es nämlich auch als erwiesen an, dass er seine damalige Frau im Jahr 2001 körperlich schwer misshandelt und gewürgt hat. Nicht mehr zu klären sei, ob er dabei schuldunfähig gewesen sei oder nicht. Zu seinen Gunsten werde daher eine „wahnhafte Störung“ gewertet. Für eine Geisteserkrankung gebe es keine Hinweise. Gegen das Urteil legte Mollath Revision ein.

Auch beim Lachen gibt es keine Grenzen

Es gibt beim 33. Filmfest aber nicht nur schwere, traurige Kost, sondern auch viel zu lachen. Das Filmfest könne in diesem Jahr sogar mit einer ungewöhnlich großen Anzahl von Komödien aufwarten, freuen sich die Veranstalter. Vom herrlich durchgeknallten „Men & Chicken“ mit Mads Mikkelsen und Nikolaj Lie Kaas bis zur schon stürmisch gefeierten afro-amerikanischen Teen-Comedy „Dope“ reicht das Spektrum. Auch zwei große New Yorker Komödien-Spezialisten sind mit ihren Star-besetzten neuen Filmen dabei: Peter Bogdanovich mit der Screwball-Comedy „Broadway Therapy“ und Noah Baumbach mit der Beziehungs-Tragikomödie „Gefühlt Mitte Zwanzig“.

Auch eher Gefühls- als politisches Kino bietet zum Abschluss des Festivals „Das Märchen der Märchen“ von Matteo Garone. Es ist die fantasievolle Adaption dreier Märchen des neapolitanischen Autors Giambattista Basile mit Salma Hayek, Vincent Cassel und John C. Reilly in den Hauptrollen. Ebenso ein Schwelgen in den Gefühlen und der Fantasie bietet der aus der Dominikanischen Republik stammende Film „Dólares de Arena“, der über eine Liebesgeschichte zwischen einer jungen Einheimischen und einer älteren Europäerin, gespielt von Geraldine Chaplin, berichtet. Mit diesem Beitrag gehöre die Dominikanische Republik gleichzeitig, wie die Festivalbetreiber verraten, zu jenen Filmregionen, darunter die Karibik, die Geheimtipps seien und nur darauf warteten, entdeckt zu werden.

Wettbewerbe, Ehrenpreisträger und besondere Premieren

Auch in diesem Jahr haben die Festivalbetreiber wieder eine Einteilung aller Filme in Programmreihen vorgenommen. Dazu gehören erneut die Wettbewerbsreihen „CineMasters“ und „CineVision“: „CineMasters“ zeichnet den besten internationalen Film aus, „CineVision“ den besten internationalen Nachwuchsfilm. Auf deutscher Ebene konkurrieren in der Reihe „Neues deutsches Fernsehen“ herausragende Fernsehspielfilme des kommenden Jahres um den Bernd-Burgemeister-Fernsehpreis und in der Reihe „Neues deutsches Kino“ deutsche Nachwuchstalente um den Förderpreis „Neues deutsches Kino für Schauspiel, Regie, Drehbuch und Produktion“. Die Namen zweier Preisträger sind dagegen schon bekannt: Die diesjährigen Ehrenpreisträger heißen Rupert Everett und Jean-Jacques Annaud.

Daneben gibt es – außer Konkurrenz – Filme der Reihen „Spotlight“ als „Kino für Genießer“, „International Independents“ als „Kino für Entdecker“ und natürlich abends auf der Piazza vor dem  Festivalzentrum Gasteig das Open-Air-Kino – dieses Jahr mit Kultfilmen zum Thema „Swing“. Seine „Hommage“ macht das 33. Filmfest dem 54-jährigen US-amerikanischen Regisseur, Drehbuchautor und Oscar- und Golden-Globe-Gewinner Alexander Payne. Dem Filmemachen an sich widmet sich auch die Reihe „Lights! Camera! Action!“ – dieses Jahr mit dem frisch restaurierten Director‘s Cut einer „Tatort“-Folge des legendären Hollywood-Regisseurs Sam Fuller sowie mit einem Special zum 30. Todestag des Filmfest-Initiators Joe Hembus. Nicht zu vergessen ist auch das Kinderfilmfest, das von Anfang an zum Filmfest gehörte und die besten internationalen Kinderfilm-Produktionen eines Festivaljahrs zeigt.

„Andy-Warhol-Mania“ in München

Das spezielle Festival-Augenmerk – unter der Filmfest-Rubrik „Specials“ – ist dieses Jahr dem Jahrhundertkünstler Andy Warhol gewidmet. Hierfür zeigt das Filmfest eine Auswahl von zum Teil noch nie in Europa gezeigten Warhol-Filmen, die von dem Warhol-Vertrauten Glenn O’Brien und der Kuratorin des Andy Warhol Museum Pittsburgh, Geralyn Huxley, zusammengestellt wurden. In Ergänzung dazu stellt das Museum Brandhorst erstmals seine komplette Andy-Warhol-Sammlung mit über 100 Werken aus – von frühen Werbegrafiken bis zu ikonografischen Siebdrucken. „Wir freuen uns außerordentlich, den Ausnahmekünstler Andy Warhol gemeinsam mit dem Museum Brandhorst in München in all seinen Facetten zu feiern. ‚YES!YES!YES! WARHOLMANIA IN MUNICH‘ verknüpft auf eindrucksvolle Weise bildende Kunst und Film und eröffnet so einen neuen Blick auf Warhols visionäres multimediales Universum“, bewertet Iljine die Sonderveranstaltung.

33. Internationales Filmfest München:

Es findet von 25. Juni bis 4. Juli in München – über mehrere Kino- und andere Gebäude verteilt – statt. Festivalzentrum ist der Gasteig.

Weitere Informationen unter: www.filmfest-muenchen.de.