Pflichtlektüre: Franz Josef Strauß und sein Bayernkurier. Bild: BK
Historisches

Franz Josef Strauß und der Bayernkurier

Kolumne Franz Josef Strauß erkannte früher als andere die Tragweite der Pressearbeit für die Politik - und schuf für die CSU den Bayernkurier. Dieser

„Der Erfolg einer zukünftigen Regierung hängt nicht allein davon ab, ob ihre Maßnahmen gut oder schlecht sind; er hängt maßgeblich auch davon ab, wie diese Maßnahmen dem Volke dargestellt werden. Jede Regierung wird zum Scheitern verurteilt sein, wenn Presse und Rundfunk sich gegen sie verschworen haben.“ Franz Josef Strauß formulierte diesen Schlüsselsatz bereits 1946, als kaum jemand in der neugegründeten CSU die Tragweite der Pressearbeit erkannte. Obwohl er später kritisierte, dass die Darstellung der Politik, das ‚politische Theater’, die notwendige inhaltliche Ortsbestimmung und Auseinandersetzung überlagere, blieb er doch von der Unentbehrlichkeit der Pressearbeit überzeugt. Vor allem während der Oppositionsjahre klagte er immer wieder darüber, wie sehr die in seinen Augen „liberal-sozialistisch“ geprägte Presselandschaft in der Bundesrepublik nicht nur seiner Partei, sondern auch einer sachlichen Diskussion politischer Probleme schade. Und als Politiker, der vor allem durch Spiegel und Stern unter Dauerbeschuss stand, wusste er, in welchem Maße das öffentlich inszenierte Erscheinungsbild das Urteil prägte, viel weniger aber die ihn charakterisierenden politischen Inhalte.

von der Koalitionslinie abweichende Politik der CSU

Wie konnte man dagegen angehen? Nicht allein, aber auch mit einer eigenen Zeitung wie sie die SPD, ihrerseits mit dem Vorwärts besaß. Auch wenn der Wirkungskreis von Parteizeitungen begrenzt ist, sind sie deswegen nicht überflüssig. Strauß selbst bietet dafür ein Beispiel. Zum einen dienen Parteizeitungen zur klaren Formulierung der eigenen Standpunkte und damit zur meinungsbildenden Integration der Mitglieder und Anhänger, zum anderen wurden zahlreiche Artikel, die Strauß im Bayernkurier veröffentlichte, von anderen Medien, seinen Anhängern, aber noch stärker seinen Gegnern zitiert. Während der Großen Koalition 1966 bis 1969 empörte sich Willy Brandt immer wieder, Strauß nutze den Bayernkurier, um die von der Koalitionslinie abweichende Politik der CSU zu propagieren. Und tatsächlich war dies ein probates Mittel, um in der Koalition das Optimale durchzusetzen und den Parteigängern zu verdeutlichen: Der unvermeidliche Kompromiss bedeutet nicht die Aufgabe grundsätzlicher Ziele der CSU.

Strauß und Scharnagl – ein wirkungsvolles Team

Der Bayernkurier blieb für Jahrzehnte ein Sprachrohr von Strauß, die Geschichte des Blattes ist zugleich seine Geschichte. Seit der ersten Nummer im Juni 1950 firmierte er als Chefredakteur und einer der (zunächst wechselnden) Herausgeber. Nach dem Tode von Hanns Seidel 1962 blieb Strauß bis 1988 der einzige Herausgeber in den letzten Jahrzehnten mit Wilfried Scharnagl als Chefredakteur – ein höchst wirkungsvolles Team. Zahlreiche Strauß-Artikel zu Grundproblemen der Politik sind bis heute lesenswert. Skeptisch blieb Strauß gegenüber der Veränderung des Politikstils durch das Fernsehen, weil es die diskursive und kritische Lektüre von Argumenten und differenzierter Aufklärung verdrängte. Der wortgewaltige und argumentationsstarke Strauß war ein Mann der Rede und Texte. Seine Beiträge im Bayernkurier wurden gelesen, weil er etwas zu sagen hatte.

Besteht dafür heute kein Bedarf mehr? Für das politisch denkende Kernpublikum gewiss! Es bildet nicht die große Masse, beeinflusst aber, wie Franz Josef Strauß wusste, meinungsbildend die politische Argumentation.