Auch Deutschland im Fadenkreuz der Terroristen
Nach den Terroranschlägen in Paris rechnen zwei Drittel der Deutschen für das nächste Jahr mit der Möglichkeit eines großen Terroranschlags in Deutschland. Innenminister Thomas de Maizière warnt vor einem neuen hochaggressiven, schwer bewaffneten Tätertyp. Die Allgemeinbevölkerung ist das Ziel. Vor der Silvester-Party am Brandenburger Tor wurden in Berlin die Sicherheitsvorkehren erhöht.
Terror-Gefahr

Auch Deutschland im Fadenkreuz der Terroristen

Nach den Terroranschlägen in Paris rechnen zwei Drittel der Deutschen für das nächste Jahr mit der Möglichkeit eines großen Terroranschlags in Deutschland. Innenminister Thomas de Maizière warnt vor einem neuen hochaggressiven, schwer bewaffneten Tätertyp. Die Allgemeinbevölkerung ist das Ziel. Vor der Silvester-Party am Brandenburger Tor wurden in Berlin die Sicherheitsvorkehren erhöht.

Zwei Drittel der Bundesbürger rechnen mit einem Anschlag der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) in Deutschland im nächsten Jahr. Nur 17 Prozent glauben nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov für die Deutsche Presse-Agentur nicht daran.

Weitere 17 Prozent machten keine Angaben. Deutschland ist bisher von größeren islamistischen Terroranschlägen verschont geblieben. Am 13. November waren bei einem Anschlag des IS in Paris 130 Menschen getötet worden. Als Reaktion darauf beteiligt sich Deutschland nun an den Luftangriffen gegen den IS in Syrien und im Irak. YouGov befragte zwischen dem 21. und 23. Dezember insgesamt 2031 Bundesbürger.

Neue Form des Terrors: Die Allgemeinbevölkerung ist das Ziel

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) geht davon aus, dass die Terrorgefahr in Deutschland auf absehbare Zeit hoch bleibt. Der Minister sprach bei der Vorstellung einer neuen Spezialeinheit der Bundespolizei zur Terror-Abwehr Mitte Dezember von einem neuen Tätertyp, auf den sich Sicherheitsbehörden einstellen müssten − hochaggressiv, mit schweren Waffen. Es könnten Einzeltäter, Gruppen oder Rückkehrer aus dem IS-Kampf sein, die Anschläge verüben wollten.

Die Sicherheitsbehörden müssen sich auf einen neuen Tätertyp einstellen − hochaggressiv, mit schweren Waffen. Es könnten Einzeltäter, Gruppen oder Rückkehrer aus dem IS-Kampf sein, die Anschläge verüben wollen.

Innenminister Thomas de Maizière

Die Deutschen müssen nach Ansicht von Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius lernen, dauerhaft mit einer latenten Anschlagsgefahr durch islamistische Terroristen umzugehen. „Wir stehen im Fadenkreuz des sogenannten IS als Unterstützer der Front gegen ihn”, sagte der SPD-Politiker. Franzosen und Briten, so der Minister, hätten in den vergangenen Jahrzehnten damit leben gelernt. Jetzt rücke die bislang abstrakte Gefahr eines Terroranschlags auch für die Deutschen näher. Pistorius: „Auch wir werden lernen müssen, damit zu leben.” Nach den Anschlägen von Paris und der Länderspielabsage in Hannover müsse jedem klar sein, dass solcher Terror jederzeit auch Deutschland erreichen könne.

Wir stehen im Fadenkreuz.

Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius

Eine andere Situation stelle sich außerdem durch die völlig neue Form des Terrorismus. Der Terrorismus sei unberechenbarer geworden, so Pistorius. Anders als zu Zeiten etwa des Terrors der linksradikalen Roten Armee Fraktion in den 70er und 80er Jahren seien heute nicht mehr der Staat, staatliche Organe oder Repräsentanten des Staates Ziel der Terroristen. Den Terroristen des Islamischen Staats sei es gleichgültig, wen sie treffen. „Im Gegenteil, sie haben es ganz bewusst auf die allgemeine Bevölkerung abgesehen, um Angst zu schüren und uns zu veranlassen, unsere Werte infrage zu stellen.” Davor dürfe die Gesellschaft aber nicht in die Knie gehen, forderte Pistorius.

Open-Air-Silvesterparty am Brandenburger Tor: erhöhte Polizeipräsenz

Mit erhöhter Polizeipräsenz findet am Donnerstagabend in Berlin Deutschlands größte Open-Air-Silvesterparty statt. Mehrere Hunderttausend Menschen werden auf der Feiermeile zwischen Brandenburger Tor und Siegessäule erwartet. Zwar gibt es nach Polizeiangaben keine Hinweise auf konkrete Anschlagsplanungen in der Hauptstadt. Es herrsche aber eine hohe abstrakte Gefährdung. Mehr Polizisten seien im Einsatz als im Vorjahr − insbesondere rund um die zentrale Feier. Dort sollen 900 Beamte für Sicherheit sorgen, 150 mehr als vergangenes Silvester.

Kein Hinweis auf eine erhöhte oder konkrete Gefährdung.

Berlins Innensenator Frank Henkel

Nach den Anschlägen von Paris sei die Sicherheitsplanung Silvester-Feier am Brandenburger Tor noch einmal überprüft worden, erläuterte Innensenator Frank Henkel (CDU): „Es wurden natürlich einige Anpassungen vorgenommen. Insgesamt werden wir mehr Polizei einsetzen als in den vergangenen Jahren, auch um zu verhindern, dass jemand über die Zäune klettert oder Gegenstände hereinschmuggelt.” Man habe es in Europa unverändert mit einer „hohen abstrakten, auch ernst zu nehmenden Gefährdungslage zu tun”, so Henkel: „Aber es gibt keinen Hinweis auf eine erhöhte oder konkrete Gefährdung.” (dpa/BK)