Wegen der fehlenden Unterbringungsmöglichkeiten werde in Bayern auch weiterhin Turnhallen und Leichtbauhallen als Notunterkünfte für die Flüchtlinge dienen müssen. Foto: imago/snapshot
Flüchtlingsunterbringung

Die Kapazitäten sind erschöpft

Immer noch ist die Zahl der nach Bayern kommenden Flüchtlinge unvermindert hoch. Das stellt der Freistaat vor ein immenses Platzproblem. Es sollen zwar in vielen Orten weitere Unterkünfte gebaut werde, doch die werden in keinem Fall ausreichen, wie Recherchen des Bayerischen Rundfunks ergeben haben.

Wo soll der Freistaat die vielen Flüchtlinge unterbringen? Diese Frage steht seit Wochen im Raum – und wird immer dringender. Auch wegen des bevorstehenden Winters. Notunterkünfte, Übergangsunterkünfte, Gemeinschaftsunterkünfte – in vielen Gemeinden und Kommunen sind die Kapazitäten am Ende. Das zeigt auch eine Analyse des Bayerischen Rundfunks.

Massenunterkünfte als Regelfall

Vielerorts muss bei der Unterbringung der ankommenden Flüchtlinge schon jetzt auf Notunterkünfte zurückgegriffen werden, dies ist auch schon länger der Fall. Denn die meisten bestehenden Einrichtungen sind bereits überfüllt.

Aktuell gibt es in Bayern 19.432 Plätze in Gemeinschaftsunterkünften. Weitere 13.433 Plätze in solchen Unterkünften sind geplant. Die Mehrzahl von ihnen werden Unterkünfte mit Platz für über 100 Menschen sein. Neue Gemeinschaftsunterkünfte soll es unter anderem in Ochsenfurt, Nittenau, Kehlheim oder Vorra geben. Doch schon jetzt ist laut BR klar: Es wird nicht reichen. Auch mit den neuen Unterkünften wird sich die Lage nicht entspannen. Schon die Anzahl an Flüchtlingen, die Bayern durch die Verteilung nach dem Königsteiner Schlüssel zugeteilt bekommt, das sind rund 15 Prozent, übersteigt die Zahl der zur Verfügung stehenden Plätze – und zwar sowohl in den bestehenden als auch und den geplanten Gemeinschaftsunterkünften.

Denn von 362.153 Asylanträgen, die bis Oktober in Deutschland gestellt wurden, wurden allein 55.518 in Bayern gestellt. Es fehlt also der Platz für 22.653 Menschen.

Wir haben immer formuliert, dass wir eine Begrenzung des Zustroms brauchen.

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer

Es braucht eine Entschärfung der Situation

Aktuell sind die meisten Flüchtlinge in den 45 großen Wartezentren und Erstaufnahmeeinrichtungen untergebracht. Dort müssen sie auch erst einmal bleiben. Denn das im Oktober verabschiedete Asylgesetz sieht vor, dass Asylbewerber künftig sechs statt bisher drei Monate in den Aufnahmeeinrichtungen bleiben dürfen. Menschen aus sicheren Herkunftsländern können dort sogar bis zum Abschluss ihres Asylverfahrens oder bis zur Abschiebung dort bleiben. Asylbewerber mit anhängigem Verfahren müssen spätestens nach einem halben Jahr in eine Anschlussunterbringung umziehen – in der Regel in eine Gemeinschaftsunterkunft. Doch dort sind die meisten Plätze bereits belegt. Das hat zur Folge, dass die Menschen nach Ablauf der Frist in Überbrückungs- oder Notunterkünfte wie zum Beispiel Turnhallen gebracht werden müssen.

Um die aktuelle Situation bei der Unterbringung zu entschärfen, gibt es zwei gangbare Wege. Zum einen muss der Zustrom der Flüchtlinge begrenzt werden. Denn in der anstehenden kalten Jahreszeit können die Menschen nicht in Zelten auf das weitere Verfahren warten.

Und zum anderen würde auch eine Unterbringung von Asylbewerbern in Privatwohnungen weiterhelfen. Nach Angaben des Bayerischen Sozialministeriums dürfte dieser Schritt bei rund 17.000 Menschen gegangen worden sein. Auch gibt es immer wieder Bürger, die freie Zimmer oder leerstehende Wohnungen gerne an Flüchtlinge vermieten würden. Doch ihnen stehen bürokratische Hürden im Weg. Denn die Voraussetzungen für eine Vermietung von Wohnraum an Flüchtlinge ist nicht bundeseinheitlich geregelt.

Bayern hilft mit Wohnungsbauprogramm

Darum hat die Staatsregierung den „Wohnungspakt Bayern“ initiiert mit Baukonferenzen in jedem Bezirk. Innenminister Joachim Herrmann betonte jetzt in Oberfranken vor regionalen Vertretern von Staat, Kommunen, Verbänden, Kirchen und Investoren, dass das stolze Ziel, 28.000 Wohnungen in kürzester Zeit zu schaffen, nur möglich sei, wenn alle gemeinsam anpacken würden. Um bis 2019 den Wohnungsbau für alle Bevölkerungsteile deutlich ankurbeln zu können, werden von der Staatsregierung rund 2,6 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt.

Beim Bund setze ich mich für die Vereinfachung des Baugesetzbuches und weiterer Rechtsvorschriften ein.

Joachim Herrmann

Im Rahmen des ‚Wohnungspakts Bayern‘ plant und baut der Staat auf Grundlage des staatlichen Sofortprogramms als erster Säule kurzfristig für 70 Millionen Euro auch rund 3300 Wohnplätze für anerkannte Flüchtlinge. Diese Wohnungen sollen auf staatlichen Grundstücken entstehen und mit reduziertem Wohn- und Baustandard sowie mit befristeter Standzeit gebaut werden. Das kommunale Förderprogramm ist die zweite Säule. Dieses 4-Jahresprogramm umfasst 150 Millionen Euro jährlich, beginnt ab 2016 und richtet sich an Gemeinden. „Damit können wir jährlich etwa 1500 Wohnungen fördern“, so Herrmann. Die dritte Säule des Wohnungspakts Bayern steht für den Ausbau der staatlichen Wohnraumförderung. Allein für 2016 werden hier mehr als 400 Millionen Euro für die Wohnraumförderung inklusive der Studentenwohnraumförderung bereitgestellt. „Ab sofort können wir bei der Förderung von Mietwohnungen auch ergänzende Zuschüsse gewähren. Damit können wir in den jetzigen Niedrigstzins-Zeiten den Investoren eine angemessene Rendite ermöglichen“, so Herrmann. Im Rahmen der Städtebauförderung wird auch die Instandsetzung von leerstehenden Gebäuden, die nach der Sanierung als Wohnraum genutzt werden können, gefördert. Aber auch die Investitionshemmnisse müssten laut dem Bauminister abgebaut werden, um Unternehmer zu gewinnen: „Beim Bund setze ich mich für die Vereinfachung des Baugesetzbuches und weiterer Rechtsvorschriften ein. Es kann nicht sein, dass wir die hohen Auflagen hinsichtlich der Energieeinsparverordnung von Gebäuden hinnehmen müssen und gleichzeitig schnellen Wohnraum schaffen sollen.“ Zudem solle der Bund die degressive Abschreibung für Mietwohnungsneubauten ohne regionale Begrenzung wiedereinführen.