Ausreisepflichte Asylbewerber können künftig leichter in Haft genommen werden. Foto: Picture Alliance/Friso Gentsch/dpa)
Zuwanderung

„Legale Migration stärken, illegale schwächen“

Nach dem Bundestag hat auch der Bundesrat für das Migrationspaket der Bundesregierung gestimmt. Es sieht härtere Maßnahmen zur Durchsetzung von Abschiebungen vor und erleichtert ausländischen Fachkräften die Suche nach einem Arbeitsplatz.

Das Migrationspaket der großen Koalition hat die letzte Hürde genommen. Nach dem Bundestag stimmte am Freitag auch der Bundesrat für die umfassenden Neuregelungen. Das Gesetzespaket der Bundesregierung umfasst sieben Vorlagen. Dazu gehören das Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht, das Fachkräftezuwanderungsgesetz, das Asylbewerberleistungsgesetz und das Gesetz zur Beschäftigungs- und Ausbildungsduldung.

Untertauchen verhindern

Mit dem „Geordnete Rückkehr Gesetz“ will das von Horst Seehofer geführte Bundesinnenministerium die notwendigen Instrumente schaffen, um Abschiebungen von abgelehnten Asylbewerbern besser durchsetzen zu können. So können künftig Ausreisepflichtige leichter in Gewahrsam genommen und auch in regulären Haftanstalten untergebracht werden, falls die für sie vorgesehenen speziellen Einrichtungen nicht vorhanden sind. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass Abzuschiebende vor der Rückführung untertauchen. Die Voraussetzungen für den Ausreisegewahrsam sind etwa dann gegeben, wenn das festgelegte Ausreisedatum um 30 Tage überschritten ist.

Wer kein Bleiberecht hat und nicht freiwillig ausreist, verstößt eben gegen unsere Rechtsgrundsätze.

Florian Herrmann, Staatsminister für Bundesangelegenheiten

Zudem wird der neue Status einer „Duldung für Personen mit ungeklärter Identität“ eingeführt. Ihn kann künftig erhalten, wer versucht, seine Abschiebung durch Täuschung der Behörden zu verhindern. Den Betroffenen drohen dann Wohnsitzauflagen, Arbeitsverbot und Bußgelder.

Sechs Monate zur Jobsuche

Erleichterungen schafft das Paket für ausländische Arbeitskräfte in Deutschland. Wer als ausländische Fachkraft einen Arbeitsplatz vorweisen kann, soll künftig in jedem Beruf arbeiten können, zu dem ihn seine Qualifikation befähigt. Außerdem wird auf die Vorrangprüfung verzichtet, die Bundesbürgern und EU-Ausländern bisher Vorrang bei der Besetzung einer offenen Stelle einräumt.

Zur Suche nach einem Arbeitsplatz können ausländische Fachkräfte mit qualifizierter Berufsausbildung künftig für bis zu sechs Monate nach Deutschland kommen. Voraussetzung sind ausreichende Deutschkenntnisse und die Sicherung des Lebensunterhalts.

Geduldete Ausländer, die gut integriert sind und ausreichend deutsch sprechen, können unter bestimmten Voraussetzungen eine 30-monatige Beschäftigungsduldung erhalten. Die Regelung gilt für alle vor dem 1. August 2018 nach Deutschland Gekommenen – und zwar bis zum 31. Dezember 2023.

Mehr Sachleistungen, weniger Geld

Das Migrationspaket war zum größten Teil im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig. Eine Ausnahme bildete die Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes. Ihm stimmte in der Länderkammer eine klare Mehrheit zu. Durch die Reform werden die Sachleistungen für Asylbewerber teilweise erhöht, Geldleistungen werden im Gegenzug gekürzt: Der Leistungssatz für Alleinstehende sinkt um zehn Euro auf 344 Euro, in Sammelunterkünften gilt künftig ein verminderter Satz von 310 Euro.

Abschiebungen stehen nicht im Widerspruch zu unserem Rechtsstaat.

Thomas Strobl, baden-württembergischer Innenminister

Vor der Entscheidung im Bundesrat hatte Bayerns Staatskanzleiminister Florian Herrmann (CSU) noch einmal für das Paket geworden. „Wer kein Bleiberecht hat und nicht freiwillig ausreist, verstößt eben gegen unsere Rechtsgrundsätze“, sagte er. Fehlanreize müssten beseitigt werden. „Wir wollen legale Migration stärken und illegale Migration und Anreize dafür schwächen.“

Auch der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU) hatte sich für das Migrationspaket ausgesprochen. „Herz und Härte, beides wird heute Gesetz“, sagte Strobl im Bundesrat in Berlin. „Abschiebungen stehen nicht im Widerspruch zu unserem Rechtsstaat“, betonte Strobl. Es sei wichtig, hier Abläufe zu verbessern, zumal nur rund jede dritte Abschiebung erfolgreich sei. Dazu lieferten die Neuerungen Werkzeuge.

Ablehnung durch Rot-Rot-Grün

Dagegen hatten Politiker von SPD, Grünen und Linken ebenfalls bereits vor der Entscheidung im Bundesrat angekündigt, gegen die Vorhaben der Regierung zu stimmen. So bezeichnete der für Migration zuständige thüringische Justizminister Dieter Lauinger (Grüne) das Gesetzespaket als überflüssig. Es sei ein Gesetz, das spalte und sanktioniere. Thüringen werde sich bei der Abstimmung über das Asylbewerberleistungsgesetz enthalten. Zusammen mit seinen Kollegen aus Berlin, Hamburg und Thüringen forderte er, den Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag anzurufen. Doch dazu fand sich keine Mehrheit.

Im rot-rot-grün regierten Berlin war es wegen des Migrationspaketes zu einem Streit in der Koalition gekommen. Innensenator Andreas Geisel (SPD) hatte das Gesetz zunächst begrüßt, unter anderem weil es Rechtssicherheit für die Polizei schaffe, wenn diese ausreisepflichtige Ausländer aus Flüchtlingsunterkünften hole. Doch Berlins Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) hatte entschieden, das Betreten der Unterkünfte durch die Polizei ohne Gerichtsbeschluss sei rechtswidrig. Letztendlich stellten sich in Berlin sowohl der SPD-Landesvorstand als auch Linke und Grüne gegen das Gesetz.

(dpa/BK)