Wildwarnsystem AniMot: Spürt Wärme am Straßenrand auf, leitet die Information an andere Straßenleitpfosten im Umfeld weiter, die dann alle blinken. (Bild: AniMot)
Wildwarnsystem

Mit HighTech gegen Wildunfälle

Die Zahl der Wildunfälle in Bayern wächst stark: 76.000 waren es im vergangenen Jahr. Das sind 38 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Auf fünf stark betroffenen Landstraßen erprobt der Freistaat jetzt ein neues intelligentes Wildwarnsystem.

Das ist mal eine clevere Idee: High-Tech vom feinsten, trotzdem simpel und wirksam − und lebensrettend. Es geht um das neue Wildwarnsystem „AniMot” zur Verhinderung von Wildunfällen.

Die im niederösterreichischen Neunkirchen ansässige Start-Up-Firma AniMot − motion expert GmbH hat das smarte Sytem entwickelt. Die bayerische Staatsregierung setzt es jetzt in einer dreijährigen Testphase auf fünf besonders wildunfallgefährdeten Teststrecken in Oberbayern, Niederbayern, Unterfranken und Oberfranken ein.

An diesem Donnerstag hat Bayerns Innenstaatssekretär Gerhard Eck das neue Wildwarnsystem und das bayerische Pilotprojekt vorgestellt. Eck: „Wir erhoffen uns mit „AniMot“ einen spürbaren Rückgang der Wildunfallzahlen und deutlich mehr Verkehrssicherheit.“

Immer mehr Wildunfälle …

Die Sache ist dringlich. In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Wildunfälle auf Bayerns Straßen deutlich angestiegen: von rund 55.000 im Jahr 2009 auf knapp 76.000 im Jahr 2018. Ein Plus von rund 38 Prozent. „Etwa jeder fünfte Autounfall ging im Freistaat letztes Jahr auf einen Zusammenstoß mit einem Wildtier zurück“, so Eck. In mehr als 99 Prozent der Fälle blieb es bei Blechschäden. „Dennoch kamen vergangenes Jahr bei Wildunfällen in Bayern rund 510 Personen zu Schaden. Eine Person wurde sogar getötet“, erinnert der Staatssekretär.

Der Hersteller des „AniMot”-Systems wartet mit einer Statistik der Polizeiinspektion im oberfränkischen Wunsiedel auf: Allein im Landkreis Wunsiedel hat sich die Zahl der Wildunfälle von 343 im Jahr 2008 auf 587 im Jahr 2017 stark erhöht. In dem Landkreis werden darum jetzt auch an zwei Staatsstraßen die neuen Systeme aufgestellt.

… immer häufiger mit Wildschweinen

Noch eine hohe Zahl, die Autofahrer erschrecken wird: 55.400 Wildtiere fielen laut Deutschem Jagdverband im Jagdjahr 2017/2018 dem bayerischen Verkehr zum Opfer. Für die steigenden Wildunfallzahlen gibt es viele Gründe. Sie reichen von einem höheren Verkehrsaufkommen über einen stärkeren Wildbestand bis hin zum Anbau von Mais und Getreide in Waldnähe. Was dann Wildtiere zur Nahrungssuche auf die Felder lockt.

Insbesondere Wildschweine dehnen ihr Verbreitungsgebiet weiter aus, weiß der System-Hersteller aus Niederösterreich. Folge auf den Landstraßen: Die Gefahr von Kollisionen mit großen Wildtieren wächst. Eine Entwicklung, der auch Bayerns Verkehrsminister Hans Reichhart entgegentreten will – eben mit „AniMot“.

Spürt Wärmequellen auf

Und so funktioniert das neue Warnsystem: „AniMot“ kann Wildtiere am Straßenrand erkennen und warnt Autofahrer optisch davor. Dafür werden die Straßenleitpfosten mit kleinen infrarotbasierten Geräten ausgestattet. Sie sind miteinander vernetzt und suchen das Gebiet um die Straße nach Wärmequellen ab.

Das Sytem erkennt so Rehe, Wildschweine und andere Tiere am Straßenrand. „Sogar auf Feldhasen schlägt es an und das auf eine Entfernung von bis zu 28 Meter nach links und rechts, rund um die Uhr und bei jedem Wetter“, staunt Staatssekretär Eck. Spürt ein Gerät eine Wärmequelle auf, blinken gelbe Warnlichter an allen Pfosten im Umfeld. Die Autofahrer werden früh gewarnt und können rechtzeitig bremsen.

Das „AniMot“-System versorgt sich über eine regenerative Energiequelle selbst mit Strom, ist vor Staub und Spritzwasser geschützt, wartungsfrei und leicht an den Straßenleitpfosten zu montieren. Grundidee des intelligenten Systems: Nicht wie bisher die immer unberechenbaren Tiere vor dem Verkehr warnen und versuchen, sie abzuschrecken. Sondern umgekehrt die Autofahrer vor den Tieren warnen. Aufschlussreiches Ergebnis einer großangelegten Untersuchung in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Hessen vor einem halben Jahr: Wildwarnreflektoren, die Wild vertreiben sollen, sind schlicht wirkungslos.

Fünf Teststrecken

Neben der Teststrecke an der B303 zwischen den Anschlussstellen Schonungen und Waldsachsen im Landkreis Schweinfurt wird das Warnsystem an der St2176 zwischen Marktleuthen und Höchstädt und an der St2177 zwischen Röslau und Neudes, beide im Landkreis Wunsiedel,  sowie an der B15 zwischen Hohenpolding im Landkreis Erding und Kaltenbrunn im Landkreis Landshut getestet. Eine weitere Teststrecke, wieder im Landkreis Schweinfurt, ist auf der Kreisstraße SW24 zwischen Marktsteinach und Waldsachsen geplant. Innenstaatssekretär Eck: „Wenn das Pilotprojekt positive Ergebnisse bringt, können wir uns eine Ausweitung auf weitere wildunfallgefährdete Streckenabschnitte in Bayern vorstellen.“