Europastammtisch der CSU im Tegernseer "Bräustüberl" mit Manfred Weber und Edmund Stoiber und Ilse Aigner. (Bild: CSU/Jörg Koch)
Europagruppe

„Wir müssen zusammenhalten“

Aus der Europagruppe: Manfred Weber warnt vor populistischen Anti-Europa-Kräften. Angelika Niebler entlarvt AfD-Gedankenspielen über einen deutschen EU-Austritt. Markus Ferber kritisiert scharf die Praxis mancher EU-Länder, ihre Pässe zu verkaufen.

Europäische Union nicht schlecht reden

„Wir müssen zusammenhalten“, ruft Manfred Weber bei einer Wahlkampfveranstaltung im oberbayerischen Tegernsee seinen Zuhörern zu. Mit dem Auftritt im dortigen urigen „Bräustüberl” hat der Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei (EVP) vier Monate vor der Europawahl seine „Zuhörtour“ in Bayern gestartet.

Weber warnte eindringlich vor einem Erstarken von radikalen Kräften, Populisten und Nationalisten bei der Europawahl im Mai. Wenn Populisten wie etwa die französische Rechtsaußenpartei Rassemblement National in der EU bestimmenden Einfluss gewönnen, würde es gefährlich. Auch für Bayern. Weber: „Sie würden den französischen Markt für deutsche Produkte dichtmachen. Wenn so etwas passiert, dann können selbst in Bayern die Lichter ausgehen, und dann gnade uns Gott.”

Das Beispiel ist weniger weit hergeholt, als klingt, verdeutlicht der CSU-Spitzenpolitiker: Schon heute sei ein Drittel der Abgeordneten im Europaparlament Links- oder Rechtspopulisten. „Und von einem Drittel bis zur Mehrheit ist es nicht weit – deswegen müssen wir zusammenhalten.“

Ein demokratisches Europa, das den Menschen gehört und nicht den Bürokraten und den Eliten in Brüssel.

Manfred Weber, EVP-Spitzenkandidat

Weber rief dazu auf, fair mit Europa umzugehen und die Europäische Union nicht schlechtzureden. Gleichzeitig versprach er mehr Bürgernähe: „Wir müssen dieses Raumschiff erden.“ Wenn er als Spitzenkandidat aus der Mitte des Parlaments komme, dann sei das ein starkes Zeichen für ein demokratisches Europa, „das den Menschen gehört und nicht den Bürokraten und den Eliten in Brüssel.“

Weber, derzeit Fraktionschef der EVP im Europaparlament und stellvertretender CSU-Chef, führt die EVP als Spitzenkandidat in die Europawahl. Bei einem Wahlsieg im Mai hat er gute Chancen, die Nachfolge von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker anzutreten.

 

Keine Alternative für Deutschland

Die AfD ist die „Dexit“-Partei, warnt die Vorsitzende der CSU-Europagruppe, Angelika Niebler. Denn auf ihrer Europawahlversammlung habe sich die AfD jüngst für die Abschaffung des EU-Parlaments ausgesprochen und sogar über den Austritt Deutschlands aus der EU nachgedacht − also über den „Dexit“.

Eine Option gegen jede Vernunft, betont die CSU-Europapolitikerin: Denn eine Rückkehr zu einer rein wirtschaftlichen „Union der Vaterländer“, wie es die AfD fordere, sei der Weg zurück in die nationalstaatliche Isolation. Niebler: „Ein gefährliches Experiment, hundert Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkriegs“. Ein Experiment, das zum Scheitern verurteilt sei, „denn in Zeiten der Globalisierung wird sich kein europäisches Land alleine gegen China und die USA auf der Weltbühne durchsetzen können“.

Lügen und blanker Unsinn führten vor über zwei Jahren zu der knappen Entscheidung der Briten, die EU zu verlassen.

Angelika Niebler, Vorsitzende der CSU-Europagruppe

Die Europäische Union sei nicht perfekt, aber ihre Vorzüge überwögen deutlich ihre Schattenseiten. Das führe jetzt der Brexit, der britische EU-Exit, allen vor Augen. Denn in den Brexit-Verhandlungen sei klar geworden, dass viele britische Bürger hinters Licht geführt worden seien. Niebler: „Lügen und blanker Unsinn führten vor über zwei Jahren zu der knappen Entscheidung, die EU zu verlassen.“

Heute, wo das tatsächliche Austrittsdatum nahe, sei klar, dass der Brexit sowohl Großbritannien als auch der EU schaden werde, betont die stellvertretende CSU-Vorsitzende. Die politischen und wirtschaftlichen Fakten eines Austritts holten nun die Fiktion der Brexit-Befürworter mit voller Wucht ein.

Die Methoden der Rechtspopulisten seien bekannt und sie seien im Vereinigten Königreich keine anderen als auf dem Festland, weiß Niebler: „Für den Europawahlkampf müssen wir als CSU deshalb zwar klar ansprechen, was in Europa schiefläuft, aber gleichzeitig bei der Wahrheit bleiben: Bayern profitiert enorm von der Europäischen Union.“ Niebler weiter: „Mit dieser Botschaft werden wir in den Europawahlkampf ziehen.“

 

Für eine Handvoll Euro

„Die EU-Staatsbürgerschaft ist ein hohes Gut, dass nicht zur Sanierung des Haushalts verscherbelt werden darf.“ Mit der scharfen Kritik wendet sich der CSU-Europapolitiker Markus Ferber gegen die Praxis mancher EU-Mitgliedstaaten, wohlhabende Ausländer mit dem Angebot von Visum, Aufenthaltsberechtigung oder gar EU-Staatsbürgerschaft ins Land zu locken. In einer Mitteilung zu sogenannten „goldenen Visa“ hatte die EU-Kommission kürzlich auf solchen Missbrauch aufmerksam gemacht.

„Ich halte es für äußerst problematisch, EU-Staatsbürgerschaften oder Aufenthaltsgenehmigungen als Investitionsanreiz an Nicht-EU-Bürger zu vergeben“, so der wirtschaftspolitische Sprecher der EVP-Fraktion. Denn solche Programme seien sehr anfällig für Missbrauch durch Kriminelle: „Goldene Visa sind ein Einfallstor für Geldwäsche, Steuerhinterziehung und organisierte Kriminalität.“ Der sauberste Weg wäre ein vollständiges Verbot solcher goldenen Visa, wünscht sich der CSU-Europaabgeordnete. „Wenn das nicht möglich ist, braucht es aber zumindest strenge Mindestvorgaben, um Kriminellen keinen einfachen Weg in die EU zu eröffnen. Unverbindliche Leitlinien sind zu wenig.“

Goldene Visa sind ein Einfallstor für Geldwäsche, Steuerhinterziehung und organisierte Kriminalität.

Markus Ferber, Europaabgeordneter und Vorsitzender der CSU Schwaben

Inzwischen habe das Verscherbeln von Staatsbürgerschaften und Aufenthaltsgenehmigungen schon epidemische Züge angenommen, so Ferber. In 18 von 28 EU-Mitgliedstaaten gebe es solche Praktiken. Die Bedingungen für die Vergabe nationaler Staatsbürgerschaften seien zwar Sache der Mitgliedstaaten, sieht der Vorsitzende der CSU Schwaben. „Aber in einem Binnenmarkt mit Personenfreizügigkeit ist klar, dass es zum Problem werden kann, wenn auch nur ein einziger Mitgliedstaat so ein sensibles Thema lax handhabt.“

Auch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hatte vor kurzem eine schwarze Liste derjenigen Staaten zusammengestellt, deren „goldene Visa“ besonders anfällig für Missbrauch im Bereich Geldwäsche und Steuerhinterziehung seien. Als einzige EU-Staaten stehen Malta und Zypern auf der OECD-Liste. Ferber: „Malta und Zypern haben sich zu regelrechten Paradiesen für Geldwäscher und Steuerhinterzieher entwickelt.“ Der beste Grenzschutz nütze am Ende nichts, wenn einige Mitgliedstaaten die Tore von selbst weit aufmachten, warnt der CSU-Europaabgeordnete. „Mit diesen Praktiken wird die Sicherheit der gesamten Europäischen Union für ein paar Euro verhökert.“