Dach-Lawine: Bundeswehr-Soldaten befreien das Dach eines Wohnhauses von Schneemassen. (Foto: dpa/M. Balk)
Schneefälle

Bayern in eisiger Gefahr

Eine Lawine trifft den Allgäuer Bergort Balderschwang, in fünf Landkreisen gilt weiterhin der Katastrophenfall: Bundesinnenminister Horst Seehofer und Ministerpräsident Markus Söder eilen in die betroffenen Alpenregionen, um den Menschen zu helfen.

Mehrere Lawinen haben in den Alpen zum Wochenbeginn erneut die Gefahr der extremen Schneemassen gezeigt. Im Wintersportort Balderschwang im Allgäu traf eine Lawine mit einer Breite von 300 Metern am Montagmorgen ein Hotel. Fenster wurden eingedrückt, Schnee gelangte ins Innere. Glück im Unglück: Nach ersten Angaben wurde niemand von den Schneemassen verletzt. Die Zufahrt zur Gemeinde Balderschwangwar wegen der Gefahr von Abgängen seit Sonntag gesperrt. Etwa 1300 Menschen saßen in dem Ort nahe Oberstdorf fest.

Mehr Schnee im Karwendel

Zwei Menschen verloren im anhaltenden Wintereinbruch bereits ihr Leben: Ein neunjähriger Junge wurde in Aying von einem Baum erschlagen. Der 48-jährige Fahrer eines Räumfahrzeugs verunglückte bei Lenggries, als er in der Nähe des Sylvensteinspeichers mit seinem Wagen in die Isar stürzte.

Während laut bayerischem Lawinenwarndienst im deutschen Alpenraum die zweithöchste Lawinenwarnstufe vier galt, wurde im österreichischen Bundesland Tirol die höchste Lawinenwarnstufe fünf auf weitere Regionen ausgeweitet. „Es fiel vor allem im Karwendel mehr Schnee als erwartet“, hieß es im Lagebericht vom Montag. Mit dem Neuschnee seien viele große und sehr große Lawinen abgegangen. Die höchste Lawinenwarnstufe galt regional auch in weiteren Bundesländern Österreichs und in Teilen der Schweiz.

Das ist ein Signal, dass man in einer solchen Situation einfach zusammensteht.

Horst Seehofer, Bundesinnenminister

Bundeskanzlerin Angela Merkel drückte ihre Anerkennung für die Helfer in den Alpen aus. Alle Kräfte vor Ort leisteten großartige Arbeit, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Unterdessen machte sich Bundesinnenminister Horst Seehofer im Berchtesgadener Land ein Bild der Lage. Dabei kündigte er an, dass 230 Einsatzkräfte der Bundespolizei die Helfer in den tief verschneiten Gebieten unterstützen werden. „Das ist ein Signal, dass man in einer solchen Situation einfach zusammensteht“, sagte der für die Bundespolizei zuständige Minister. Der Landrat des Kreises Berchtesgadener Land habe die Bundespolizei am Samstag um Hilfe gebeten. Seehofer besucht Einsatzkräfte der Bundespolizei und des Technischen Hilfswerks in Berchtesgaden und Neukirchen am Teisenberg.

Söder sagt Hilfe zu

Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder war am Wochenende vor Ort – im Landkreis Wolfratshausen-Bad Tölz. „Die größte Herausforderung der nächsten Tage wird die Dächerlast sein“, betonte er. Die Einsatzkräfte seien „sehr, sehr besorgt“. Und: „Es gibt keinen Anlass zur Panik, aber schon zu ernster Besorgnis.“ 500 zusätzliche Bereitschaftspolizisten sollen helfen, der Lage in den verschneiten Regionen Herr zu werden. Insgesamt sind nach Söders Angaben 5000 Kräfte in Südbayern „volle Pulle im Einsatz“. Bei Bedarf sollen weitere in Bewegung gesetzt werden.

Landrat Josef Niedermaier sagte, eine solche Wetterlage habe es zuletzt 2006 gegeben. Das war das Jahr, in dem die Eishalle in Bad Reichenhall einstürzte. Bis Dienstag werde der Katastrophenfall wohl dauern, sagte Niedermaier. „Und dann hoffe ich, dass irgendwann der Schnee runterkommt von den Dächern und Bäumen und es wieder normal wird.“

Katastrophenfall in fünf Landkreisen

Noch immer gilt neben dem Berchtesgadener Land und Bad Tölz-Wolfratshausen in drei weiteren bayerischen Landkreisen der Katastrophenfall, nämlich in Garmisch-Partenkirchen, Miesbach und Traunstein. Das bedeutet, dass sämtliche Einsätze von Feuerwehr, Technischem Hilfswerk und anderen Hilfsorganisationen über eine zentrale Stelle koordiniert werden. In etlichen Schulen fällt auch in dieser Woche der Unterricht aus, weil die Schulwege als zu unsicher gelten.

Tausende Helfer schaufelten die schweren Schneemassen von einsturzgefährdeten Dächern und räumten umgestürzte Bäume von den Straßen. In mehreren Orten wurden Turnhallen für Bürger und Rettungskräfte frei gehalten, falls es zu Evakuierungen kommen sollte. Der Zugverkehr bleibt auch in dieser Woche auf einigen Strecken im Süden Bayerns eingeschränkt.

Es gibt keinen Anlass zur Panik, aber schon zu ernster Besorgnis.

Markus Söder, Ministerpräsident

Am späten Sonntagabend hatte im Berchtesgadener Land eine Lawine Teile der Bundesstraße 305 verschüttet. Verletzt wurde niemand, der Streckenabschnitt blieb gesperrt. Etwas weiter westlich in Ruhpolding in den Chiemgauer Alpen wurde die für diesen Dienstag geplante Eröffnungsfeier beim Biathlon-Weltcup abgesagt. „Wir hoffen alle, dass sich die Gefahrensituationen möglichst schnell bereinigen lassen. Gerade auch in den Nachbargemeinden, und dass es trotzdem möglich ist, dass wir ab Mittwoch Gastgeber für Sportler und Besucher in der Chiemgau-Arena sein können“, sagte Ruhpoldings Bürgermeister Claus Pichler in einer Video-Botschaft.

Sturm und Überschwemmungen

Der Deutsche Wetterdienst (DWD) rechnet bis Dienstag weiter mit starken Schneefällen im Alpenraum. Dabei könnten Neuschneehöhen von 40 bis 70 Zentimetern, in „exponierten Staulagen“ sogar von 100 bis 150 Zentimetern zusammenkommen. Regen und Tauwetter führten mancherorts zu Hochwasser. Aus Baden-Württemberg hieß es, dass die Wasserstände am Montagvormittag mit Ausnahme von Neckar und Rhein aber wieder zurückgingen. An einigen Orten waren Straßen überschwemmt. Kleinere Überschwemmungen wurden auch aus Teilen Bayerns gemeldet, vor allem in Ober- und Mittelfranken. Warnstufe 2 wegen Sturmböen gilt in den Landkreisen Bayreuth, Lichtensfels, Kronach, Roth, Erlangen-Höchstadt, sowie in und um die Städte Bamberg, Hof und Fürth.

(dpa/BK)