Ausgedörrter Boden: Ein Bauer pflügt sein von der Sommerhitze vertrocknetes Feld. (Foto: dpa)
Landwirtschaft

Nationales Ausmaß der Dürre

Nach wochenlangem Tauziehen beschließt das Bundeskabinett Nothilfen für die von Hitze- und Trockenheitsschäden betroffenen Bauern in Höhe von 170 Millionen Euro. Der Freistaat will noch einmal weitere 30 Millionen Euro drauflegen.

Landwirte mit starken Einbußen wegen der wochenlangen Dürre in vielen Regionen Deutschlands sollen staatliche Nothilfen von bis zu 340 Millionen Euro bekommen. Angesichts von Ernteschäden „nationalen Ausmaßes“ will der Bund 150 bis 170 Millionen Euro geben. Das erklärte CDU-Agrarministerin Julia Klöckner in Berlin. Die Länder sollten ergänzend die Hälfte des Gesamtbetrags tragen. Insgesamt seien nach Länderangaben bundesweit rund 10.000 Betriebe so sehr betroffen, dass sie in ihrer Existenz bedroht seien.

Die Dürreschäden haben nationales Ausmaß.

Julia Klöckner, Bundes-Landwirtschaftsministerin

Generelle Schwelle für Hilfen ist, dass in einem Betrieb mehr als 30 Prozent der durchschnittlichen Jahreserzeugung zerstört sind. Die konkreten Verfahren für die Unterstützung wollen der Bund und die betroffenen Länder nun gemeinsam festlegen. Zuletzt hatte sich der Bund 2003 wegen einer Dürre an Finanzhilfen beteiligt. Damals zahlte er mit acht betroffenen Ländern insgesamt 80 Millionen Euro aus.

Massive Trockenheit hat in diesem Jahr vor allem im Norden und Osten Deutschlands teils schwere Ernteausfälle verursacht. Bundesweit ergebe sich bei Getreide eine Menge von 35,6 Millionen Tonnen und damit ein Minus von 22 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, teilte der Bauernverband in seiner Bilanz mit. Hinzu kämen Einbußen bei Kartoffeln, Zuckerrüben und vor allem beim Anbau von Tierfutter. In einigen Regionen lägen Ernteverluste zwischen 50 und 70 Prozent bis hin zu Totalausfällen.

Bauern-Forderungen widerstanden

Mit dem von ihr maßgeblich formulierten Kabinettsbeschluss widersteht Klöckner den massiven Forderungen des Bauernverbands. Dieser hatte nach Hilfen von bis zu einer Milliarde Euro gerufen. Nach Worten der Ministerin haben bislang 14 Bundesländer Interesse am gemeinsamen Hilfsprogramm mit dem Bund signalisiert. Nur das Saarland und Rheinland-Pfalz wollten das geplante Programm bisher nicht in Anspruch nehmen, sagte die CDU-Politikerin.

Angesichts des Klimawandels kann der Staat nicht jedes Jahr das Risiko übernehmen.

Michaela Kaniber, Agrarministerin

Die CSU-Fraktion im Bundestag begrüßt das Hilfsprogramm. Die agrarpolitische Sprecherin Marlene Mortler erklärte: „Der Sozialstaat bietet keine Vollkaskoversicherung, aber er kommt seiner gesamtstaatlichen Verantwortung nach und lässt die Bäuerinnen und Bauern in dieser prekären Lage nicht allein.“Auch Bayerns Landiwtrschaftsministerin Michaela Kaniber lobt die Bundeshilfen: „Dass auch der Bund zu seiner Verantwortung steht, ist angesichts des nationalen Ausmaßes der Katastrophe folgerichtig und ein wichtiges Signal an die Landwirte.“ In Notlagen wie der aktuellen müsse der Staat die hilfsbedürftigen Betriebe unterstützen.

Die Bewältigung des Klimawandels hält Frau Kaniber für eine „gesamtgesellschaftliche Herausforderung“. Bayern werde sich über die bereits angekündigten Hilfen hinaus – etwa bei Futtermitteln für Viehhalter – auch am nun beschlossenen Bund-Länder-Programm beteiligen. Aus den Erfahrungen des Trockenjahrs 2003 rechnet Kaniber für den Freistaat mit einem Finanzbedarf von bis zu 30 Millionen Euro.

Versicherungen gegen Dürreschäden

Außerdem fordert sie vom Bund, „dass er den Abschluss von Mehrgefahrenversicherungen unterstützt“. Denn der Staat könne „angesichts des Klimawandels nicht jedes Jahr das Risiko übernehmen und immense Summen als Schadensausgleich bereitstellen“. Deutsche Bauern sind im Gegensatz zu Kollegen in den USA, Frankreich oder anderen Ländern in aller Regel nicht gegen Dürre versichert, sondern nur gegen Schäden wie Sturm oder Hagel. „Wir brauchen passende Rahmenbedingungen für Versicherungslösungen“, erklärt deshalb Kaniber. Dies soll bei der nächsten Agrarministerkonferenz Ende September zentrales Thema werden.