In Frankens Weinbauregionen, hier bei Würzburg, erproben die Winzer neue Bewässerungsmethoden. (Foto: Imago/Imagebroker)
Landwirtschaft

Wasser für den Wein

In Franken erproben Winzer neue Methoden zur Bewässerung ihrer Weinberge. Mit ausgeklügelten Anlagen trotzen sie der Trockenheit. Der Freistaat hat angekündigt, künftig viele Millionen Euro in die Wasserversorgung zu investieren.

Langsam tröpfelt das Wasser aus einem schwarzen Schlauch. Es fließt den Rebstock hinab und versickert in der Erde. Diese Art der Bewässerung im Weinberg ist an sich nichts Besonderes. Dass das Wasser digital gesteuert aus einem Speicherbecken oberhalb der Weinberge kommt, dagegen schon. Für diese Art der Bewässerung sind die fränkischen Winzer Vorreiter in der Branche. Der Hintergrund: In keinem anderen deutschen Weingebiet ist es im Sommer so heiß und trocken wie im Norden Bayerns. Kitzingen hält den Rekord als heißester Ort Deutschlands. Der Klimawandel verschärft die Situation noch zusätzlich.

Rebstöcke im Hitzestress

„Der Kampf ums Wasser hat jetzt begonnen“, sagt der Fränkische Weinbaupräsident Artur Steinmann dazu. Die Winzer wollen sich deshalb unabhängig machen. „Wir wollen Wasser dann speichern, wenn es kein anderer braucht. Wir wollen autark sein“, beschreibt Steinmann die derzeitigen Bestrebungen vieler Weinbauern in Franken. Etwa 500 Liter Wasser braucht ein Rebstock im Jahr. Üblicherweise holt er sich das mit seinen bis zu zwölf Meter langen Wurzeln aus der Erde.

Die immer häufiger auftretenden Hitze- und Trockenperioden aber lassen die Weinstöcke an ihre Grenzen kommen. Sie leiden unter enormem Trockenstress. Die Winzer müssen dann Trauben herausschneiden, damit das restliche Lesegut dennoch eine gute Qualität hat. „Mit einer Bewässerung kann der Ertrag bei extrem trockenen Sommern zumindest stabilisiert werden“, sagt Bewässerungsexperte Daniel Heßdörfer von der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) in Veitshöchheim.

Schmelzwasser für den Sommer

In mehreren Weinorten – etwa Iphofen, Volkach, Sommerach (alle Landkreis Kitzingen) und Sommerhausen (Landkreis Würzburg) – haben sich deshalb Winzer zusammen getan und ein gemeinsames Bewässerungssystem installiert. Mancherorts sogar in Zusammenarbeit mit der Gemeinde oder dem örtlichen Wasserversorger. „Das kann nur in Gemeinschaft passieren. Das kann kein einzelner Winzer machen. Sonst gräbt am Ende ein reicher Winzer einem ärmeren im wahrsten Sinne des Wortes des Wasser ab“, sagt Weinbaupräsident Steinmann.

Die Strategien der fränkischen Winzer ähneln sich dabei. Im Winter wird das Regen- und Schmelzwasser aufgefangen oder Wasser aus dem meist übervollen Main entnommen und in Speicherbecken oder Hochbehälter gepumpt. In heißen und trockenen Sommern wird das Wasser schließlich von dort über ein kilometerlanges Leitungssystem nachts an die Reben getropft.

Der Schutz des Wassers und die Verfügbarkeit von sauberem Wasser sind Herausforderung und Daueraufgabe für unsere Gesellschaft.

Marcel Huber, bayerischer Umweltminister

Die Kosten für die verschiedenen Bewässerungssysteme sind enorm. Je nach Art der Anlage müssen Agraringenieur Patzwahl zufolge zwischen 8.000 und 20.000 Euro pro Hektar investiert werden. In Bayern wird ein Teil der Anlagen schon jetzt vom Freistaat bezahlt. In den vergangenen zehn Jahren hat das Land dem Landwirtschaftsministerium zufolge Fördergeld in Höhe von knapp einer Million Euro ausgezahlt. Für Wasserbevorratung und Tropfbewässerungsschläuche stünden zudem jährlich rund 700.000 Euro bereit.

Förderung durch den Freistaat

Vor wenigen Tagen hat nun Bayerns Umweltminister Marcel Huber angekündigt, Millionen in die Wasserversorgung im Freistaat zu investieren. Neun Millionen Euro sollen von 2019 an dafür jährlich ausgegeben werden, sagte Huber. Der Freistaat will damit die Trinkwasserversorgung stärken und neue Bewässerungsmethoden für die Landwirte fördern. Franken soll dafür zur Modellregion werden.

„Der Schutz des Wassers und die Verfügbarkeit von sauberem Wasser sind Herausforderung und Daueraufgabe für unsere Gesellschaft“, sagte Huber. Frühjahr und Frühsommer seien bayernweit zu warm und zu trocken gewesen. Besonders habe es neben Nordbayern auch den Osten des Freistaates getroffen. Die Bauern dort klagen über Ernteausfälle.

Huber will das Thema von drei Seiten angehen: Zur Sicherung der Trinkwasserversorgung sollen neue Fördermöglichkeiten für regionale Wasserversorger vor allem für den Ausbau von Leitungen geschaffen werden. Die Prognose zur Wasserversorgung soll vom Jahr 2025 auf das Jahr 2035 erweitert werden, um langfristig planen zu können. Für die Landwirtschaft sollen mit dem Agrarministerium Lösungen entwickelt werden wie wassersparende Bewässerungsmethoden oder Wasserspeicherung bei Trockenheit. Solche Projekte werden verstärkt gefördert. Zudem solle geprüft werden, ob der Freistaat sich finanziell an der Infrastruktur zur Bewässerung in den Regionen beteiligen kann.

Pilotprojekt in Franken

In Franken wird bereits ein Sechstel der Weinberge über Schlauchsysteme bewässert. Das sind etwa 1000 Hektar. Langfristig aber müsse ganz Weinfranken damit ausgestattet sein, „um die Produktivität des Weinbaus trotz des Klimawandels nicht zu gefährden“, sagt LWG-Experte Heßdörfer. Der Fränkische Weinbauverband hofft deshalb auf mehr staatliche Unterstützung. „Wir gehen von 20 bis 30 Millionen Euro aus, die man in den kommenden Jahren investieren sollte“, sagt Weinbaupräsident Steinmann. Der Weintourismus ist nach Ministeriumsangaben mit rund 3,2 Milliarden Euro Jahresumsatz ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für Franken.

Die übrigen Winzer Deutschlands schauen gerade in Hitzesommern wie diesem interessiert nach Franken. Noch kommen beispielsweise Rheinhessen, Pfalz und Mosel ohne Bewässerung aus, aber die nordbayerischen Pilotprojekte könnten mit Blick auf den Klimawandel auch für sie bald Relevanz haben. „Dass Hochbehälter für die Wasserversorgung genutzt werden, ist sicherlich eine Innovation, wie sie so in der Form noch nicht in Deutschland praktiziert wird. Das habe ich außerhalb Frankens noch nicht gehört“, sagt Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut dazu.

Zum Einsatz kommen aber auch Drohnen: Wie das LWG mitteilte, testen Experten derzeit Drohnen, um damit den idealen Bewässerungszeitpunkt zu erfassen. Ein Oktokopter (Drohne mit acht Rotoren), ausgestattet mit modernster Messtechnik erobert den Luftraum über dem Weinberg, um die akute Trockenstresssituation der Weinstöcke mittels Infrarotkamera zu erfassen. Das Credo dabei: Den Weinstock erst dann mit Wasser zu versorgen, wenn der Stock selbst und nicht der Winzer Trockenstress leidet. Die Drohne, die in vorbestimmten Flugbahnen den Weinberg abfliegt, erfasst die Temperaturveränderung in der Laubwand – und zwar rebstockgenau. Denn leidet der Rebstock unter Trockenstress, steigt auch die Blatttemperatur – höchste Zeit also, die Wasserzufuhr zu starten.

(dpa/BK)

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