Spricht Klartext: CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. (Bild: Wolf Heider-Sawall)
Zuwanderung

Dobrindt kritisiert „Anti-Abschiebe-Industrie“

Wer versuche die Abschiebung von Kriminellen zu verhindern, gefährde den gesellschaftlichen Frieden, sagt CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Unterstützung erhält er von Deutschlands Verwaltungsrichtern und aus den Kommunen.

Nach dem gewaltsamen Widerstand gegen eine Abschiebung in Ellwangen hat CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt harsche Kritik an Unterstützern geübt: „Es ist nicht akzeptabel, dass durch eine aggressive Anti-Abschiebe-Industrie bewusst die Bemühungen des Rechtsstaates sabotiert und eine weitere Gefährdung der Öffentlichkeit provoziert wird“, sagte er der Bild am Sonntag.

Gewalt gegen Polizeibeamte

Dobrindt sagte mit Blick auf Anwälte und Hilfsorganisationen, wer mit Klagen versuche, die Abschiebung von Kriminellen zu verhindern, arbeite nicht für das Recht auf Asyl, sondern gegen den gesellschaftlichen Frieden.

Fast jeder zweite Asylbescheid landet vor Gericht. Das kostet Zeit, bindet Ressourcen, oft in absolut vergleichbaren Sachverhalten.

Horst Seehofer, Bundesinnenminister

Bundesinnenminister Horst Seehofer unterstützte Dobrindt und erklärte, man müsse „schon auf die Tatsache hinweisen, dass die Asylbescheide in ungewöhnlich hoher Zahl beklagt“ würden. „Fast jeder zweite Asylbescheid landet vor Gericht. Das kostet Zeit, bindet Ressourcen, oft in absolut vergleichbaren Sachverhalten“, so Seehofer.

Hintergrund sind die Vorfälle im baden-württembergischen Ellwangen, wo 150 bis 200 Flüchtlinge teils gewaltsam verhindert hatten, dass die Polizei einen Mann aus Togo aus einer Flüchtlingsunterkunft abholte. Der 23-Jährige wurde bei einem Großeinsatz doch gefasst, sitzt in Abschiebehaft und wehrt sich mit rechtlichen Schritten. Er soll nach Italien abgeschoben werden.

Mangelnde Akzeptanz von Gerichtsurteilen

Auch der Bund Deutscher Verwaltungsrichter kritisiert Versuche, die Ausreisepflicht abgelehnter Asylbewerber auszuhebeln. Die Richter beklagen eine mangelnde Akzeptanz von Gerichtsentscheidungen über die Ausreisepflicht in Teilen der Bevölkerung. „Das ist der eigentliche Angriff auf den Rechtsstaat“, sagte der Verbandsvorsitzende Robert Seegmüller der Neuen Osnabrücker Zeitung. „Über die Frage, ob jemand abgeschoben wird beziehungsweise werden kann, entscheiden ausschließlich die zuständigen Behörden und Gerichte.“ Leider gebe es Menschen, die das nicht akzeptierten und die Durchsetzung von Ausreisepflichten be- oder sogar verhinderten: „Die stören die Ingewahrsamnahme von Ausreisepflichtigen. Andere helfen Ausreisepflichtigen sich zu verstecken. Und wieder andere verhindern, dass Abschiebeflüge dann auch tatsächlich durchgeführt werden“, erklärte er.

Wir wollen nicht, dass Menschen ohne Bleibeperspektive auf die Kommunen verteilt werden.

Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes

Der Städte- und Gemeindebund sieht ebenfalls Reformbedarf bei Asylverfahren. „Der Rechtsweg in den Asylverfahren muss gestrafft werden. Da sind oft eine Menge unterschiedlicher Gerichte für einen Fall zuständig, je nachdem ob es um das Asylrecht, Sozialleistungen, Familienrechtsfragen oder Abschiebungen geht“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg. Er schlug vor, die Verfahren bei einer Instanz zu konzentrieren.

Kommunen für Anker-Zentren

Zugleich kritisierte er die „teilweise hysterische Diskussion“ von Grünen, Linken und Teilen der SPD über die von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) geplante Einrichtung sogenannter Ankerzentren für die Beschleunigung von Asylverfahren. Die „Ankerzentren“ seien von Union und SPD im Koalitionsvertrag vereinbart worden. «Wir brauchen solche Zentren. Wir wollen nicht, dass Menschen ohne Bleibeperspektive auf die Kommunen verteilt werden.» Das würde die Integrationsarbeit erschweren. «Wir wollen uns auf die Menschen konzentrieren, die bei uns bleiben», erklärte Landsberg.

Angesichts des bisher geringen Länder-Interesses an den geplanten Asyl- und Abschiebezentren forderte CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer die SPD-Führung auf, von der SPD mitregierte Länder zur Einführung zu bewegen. „Für die SPD stellt sich hier eine Führungsfrage“, sagte sie dem Tagesspiegel. Zweck dieser sogenannten Ankerzentren sei es, schnell festzustellen, wer eine Bleibeperspektive habe und wer nicht. Der SPD müsse klar sein: Es gehe um eine nationale Aufgabe.

Deutliche Mehrheit für Asyl-Zentren

Sachsen will in Kooperation mit dem Bund so ein Zentrum errichten. „Wir befinden uns in Gesprächen“, sagte Innenminister Roland Wöller (CDU) in Leipzig. Bisher hatten Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen Interesse bekundet. Bundesinnenminister Seehofer begründete erneut die Notwendigkeit der Zentren. Sie schafften schneller und „rechtsstaatlich einwandfrei“ Klarheit über den Schutzstatus, sagte er in Leipzig. „Und diejenigen, die schutzbedürftig sind, werden anschließend schneller über die Bundesrepublik verteilt und künftig hoffentlich auch in der Europäischen Union.“

Wer nicht als Flüchtling anerkannt wird, soll direkt aus den Zentren abgeschoben werden. Mehr als drei Viertel der Deutschen sind für diese Zentren, wie eine Umfrage des Instituts Civey für die Welt ergab.