Der neue Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung: Norbert Lammert. Foto: imago
KAS

Grandseigneur an der Spitze

Gastbeitrag Vom einstigen Stipendiat zum neuen Vorsitzenden: Der ehemalige Präsident des Deutschen Bundestags Norbert Lammert ist zum neuen Vorsitzenden der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) gewählt worden. Die Erwartungen an den neuen Chef sind hoch.

Die Mitgliederversammlung hat den vormaligen Präsidenten des Deutschen Bundestags, Prof. Dr. Norbert Lammert, einstimmig zum neuen Vorsitzenden der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) gewählt. Lammert, der seit 2001 stellvertretender Vorsitzender der CDU-nahen politischen Stiftung ist, wird sein neues Amt zum 1. Januar 2018 antreten. Der Wahl vorausgegangen war ein Gerangel um die Nachfolge des bisherigen Vorsitzenden Dr. Hans-Gert Pöttering, der dieses Ehrenamt seit dem 1. Januar 2010 ausübte. Die deutsche Botschafterin beim Heiligen Stuhl, Annette Schavan, die über einen längeren Zeitraum ebenfalls großes Interesse an dieser Spitzenposition signalisiert hatte, hatte ihren Hut wieder aus dem Ring genommen. Am Ende war die Entscheidung für den promovierten Sozialwissenschaftler Lammert eindeutig. Pöttering wird der KAS eng verbunden bleiben und sich verstärkt der europapolitischen Arbeit der Stiftung widmen.

Idealbild einer konservativen Stiftung

Mit Norbert Lammert steht nun ein Grandseigneur des deutschen Parlamentarismus an der Spitze der 1955 gegründeten Konrad-Adenauer-Stiftung, die sich wie ihr jüngeres bayerisches Pendent, die Hanns-Seidel-Stiftung, national und international durch politische Bildung, Dialog und Beratung für Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit einsetzt. Der 69-Jährige verkörpert mit seiner Persönlichkeit gewissermaßen das Idealbild einer konservativen politischen Stiftung: parteipolitisch akzentuiert und intellektuell eigenständig, gleichermaßen heimatverbunden und weltgewandt, charismatischer Botschafter von Föderalismus und parlamentarischer Demokratie, der weiß, dass Politik auf nationaler und internationaler Ebene mit der Betrachtung der Wirklichkeit beginnt.

Auf Einladung der Hanns-Seidel-Stiftung hatte Norbert Lammert schon vor längerer Zeit eine bemerkenswerte Rede gehalten. Sie trug den Titel „Fröhlicher Patriotismus“. In einer Zeit, in der erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland eine rechtspopulistische Partei in den Bundestag eingezogen ist und nicht nur verfassungsfeindliche, völkische und rassistische Tendenzen an den Tag legt, sondern auch den Anspruch erhebt, Gralshüterin eines „gesunden Patriotismus“ zu sein, wäre eine erneute Lektüre heute äußerst lohnenswert. Liefert der Patriot Lammert darin doch mit seiner „Verbindung von nationaler Identität und europäischer Integration“ einen zukunftsweisenderen Gegenentwurf als die notorischen Neinsager des rechtspopulistischen Lagers.

Vertrauensvolles Miteinander

Dass der westfälische Preuße Norbert Lammert auf Einladung des seinerzeitigen Landtagspräsidenten und aktuell stellvertretenden Vorsitzenden der Hanns-Seidel-Stiftung, Alois Glück, als erster amtierender Bundestagspräsident überhaupt während einer Plenarsitzung zu den Abgeordneten des Bayerischen Landtags gesprochen hat, sei nur am Rande erwähnt. Es stellt für ein vertrauensvolles Miteinander der beiden unionsnahen Politischen Stiftungen aber sicherlich eine ebenso bemerkenswerte Grundlage dar, wie der Umstand, dass die aktuelle Vorsitzende der Hanns-Seidel-Stiftung, Ursula Männle, einst Stipendiatin der Konrad-Adenauer-Stiftung gewesen ist.

Altstipendiaten erhoffen sich von ihrem künftigen Chef, dass er Debatten vorantreibe und auch persönlich Stellung zu aktuellen Themen beziehe, berichtet der Berliner Tagesspiegel. Der Stiftung angemessen wäre es etwa, „das Christdemokratische stärker herauszuarbeiten“, fordern einige Mitarbeiter. Brisante Themen gibt es genug: von der Abschaffung der Wehrpflicht über die Energiewende bis hin zur Migrationspolitik.

Die Konrad-Adenauer Stiftung

Die Konrad-Adenauer-Stiftung trägt seit 1964 den Namen des ersten Bundeskanzlers und setzt sich weltweit durch politische Bildung für Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit ein. Mit ihren 106 Auslandsbüros betreut sie Projekte in 135 Ländern, in Deutschland sind 14 Bildungsforen und fünf Regionalbüros aktiv. Ihr Sitz ist in Berlin sowie in Sankt Augustin. Zu ihren Aufgaben gehören die Vermittlung von politischer Bildung, die Erforschung und Dokumentation der geschichtlichen Entwicklung der christlich-demokratischen Bewegung, die Unterstützung der europäischen Einigung sowie der internationalen Verständigung, die Erarbeitung sowie Bereitstellung von politischer Expertise sowie die Förderung begabter junger Menschen.