Drohne über dem Naturpark Bayerischer Wald in Niederbayern. (Bild: Imago/imagebroker)
Neues Gesetz

Drohne im Anflug

Plakette, Kenntnisnachweis und Führerschein - all das ist ab sofort Pflicht für Piloten von Multikoptern und Modellflugzeugen, abhängig von der Größe der Flugobjekte und dem Einsatzort. Die neue Verordnung stößt aber auch auf Kritik.

Oktober 2016: Ein 36-Jähriger versucht, Aufnahmen vom 181 Meter hohen Drehrestaurant auf dem Münchner Olympiaturm zu machen. Doch die Drohne kracht gegen die Scheibe und stürzt ab – das zwei Kilo schwere Gerät schlägt in den Boden ein, zwei Meter entfernt von einer Familie.

28. Januar 2017: Eine junge Frau fährt auf der A99 nahe Germering, plötzlich sieht sie ein Fluggerät vor sich auf der Fahrbahn. Der Autofahrerin gelingt es nicht mehr, rechtzeitig auszuweichen, sie erfasst die 1,2 Kilogramm schwere Drohne. Der 51-Jährige Pilot hatte die Kontrolle über das Gerät verloren. Ihm zufolge sei die Drohne aufgrund eines technischen Defekts weggeflogen, außer Sicht geraten und auf der Autobahn gelandet.

14. Mai 2017: Ein ICE erfasst einen 68-Jährigen Rennradfahrer am Bahnübergang im oberbayerischen Unterhausen. Während Polizei, Feuerwehren und Sanitäter am Unfallort um sein Überleben kämpfen, kreist eine Drohne über dem Unglücksort: Eine Gefahr für den möglichen Einsatz eines Rettungshubschraubers. Und landen Videos von der Katastrophe im Netz, verletzt das die Persönlichkeitsrechte des Verunglückten.

Gefahr für den Luftverkehr

Szenen wie diese kommen immer häufiger vor. Über Deutschland fliegen mehr als 400.000 Drohnen. Gesteuert werden sie zum Großteil von Privatpersonen, während ihr kommerzieller Einsatz noch gering ist. Damit nimmt die Gefahr von Kollisionen und Abstürzen vor allem in der Luft zu. So meldeten Flugzeugpiloten im Jahr 2016 die Sichtung von 64 Drohnen. Im Jahr zuvor waren es nur 14. Die Deutsche Flugsicherung erwartet, dass die Zahl bis 2020 auf mehr als eine Million steigt. In ganz Europa werden es dann mehr als sieben Millionen sein, schätzt die EU.

Was ist eine Drohne?

Drohnen sind unbemannte Flugobjekte und wurden als ferngesteuerte Systeme ursprünglich für das Militär entwickelt. Im Freizeitbereich ähneln sie Modellhubschraubern, daher heißen sie auch „Multikopter“. Meist sind sie rund einen Meter groß und haben vier bis acht Propeller. So kann sie senkrecht in die Höhe steigen und auch in der Luft stehenbleiben. Piloten steuern das Gerät mit einem tragbaren Bedienpult. Per App können sie es auch mit ihrem Smartphone verbinden. Drohnen fliegen elektrisch, ein Akku reicht für bis zu 30 Minuten. In der Zeit können Multikopter je nach Modell etwa zehn Kilometer weit fliegen. Einfache Fluggeräte gibt’s bereits für weniger als 100 Euro.

Die Bundesregierung hat auf den Trend regiert und strengere Regeln für den Einsatz von Drohnen verabschiedet. Die neue „Verordnung zur Regelung des Betriebs von unbemannten Fluggeräten“ schreibt ab dem 1. Oktober 2017 Flugverbote für sensible Bereiche sowie Kennzeichnungs- und Führerscheinpflicht für Drohnen-Piloten vor. Sonst drohen Bußgelder von bis zu mehreren 1000 Euro.

Welche Pflichten haben Piloten?

Wer sein Flugobjekt ausschließlich auf einem Modellfluggelände fliegen lässt, kann das unverändert machen. Die neuen Regeln gelten nur außerhalb von Modellflugplätzen. Einzige Ausnahme: die Kennzeichnung.

Kennzeichnungspflicht: Alle Flugmodelle und unbemannten Luftfahrtsysteme mit mehr als 250 Gramm Gewicht müssen künftig mit einer Plakette gekennzeichnet sein, samt Name und Adresse. So können Besitzer schnell ermittelt werden, wenn das Flugobjekt Schäden verursacht. Die Kennzeichnung muss in „dauerhafter und feuerfester Beschriftung“ geschehen, etwa mit einer gravierten Aluminium-Plakette.

Erlaubnispflicht und Kenntnisnachweis: Wer Multikopter mit mehr als zwei Kilo Gewicht fliegt, braucht eine entsprechende Erlaubnis und muss besondere Kenntnisse nachweisen. Der Nachweis wird entweder nach Prüfung durch eine vom Luftfahrt-Bundesamt anerkannte Stelle oder bei Modellflugzeugen durch einen Luftsportverband nach einer Einweisung ausgestellt. Hobby-Piloten müssen zudem mindestens 16 Jahre alt sein. Wer bereits eine Pilotenlizenz besitzt, benötigt keinen Kenntnisnachweis.

Wer Fluggeräte ab fünf Kilogramm Gewicht fliegt, benötigt zusätzlich eine Aufstiegserlaubnis, die von den Landesluftfahrtbehörden erteilt wird. Dabei ist es unerheblich, ob die Drohne privat oder gewerblich genutzt wird. Eine Ausnahmeerlaubnis ist darüber hinaus für Flüge in einer Höhe von mehr als 100 Metern notwendig.

Betriebsverbot: Flugmodelle und unbemannte Luftfahrtsysteme unter fünf Kilo dürfen nicht außer Sichtweite geraten. Tabu sind zudem Flüge über sensiblen Bereichen wie Einsatzorte von Polizei und Rettungskräften, Naturschutzgebiete und Menschenansammlungen, Hauptverkehrswege sowie An- und Abflugbereiche von Flugplätzen. Der Betrieb von Drohnen mit einem Gewicht von mehr als 0,25 Kilogramm über Wohngrundstücken ist ebenfalls verboten. Das Gleiche gilt, wenn das Flugobjekt in der Lage ist, optische, akustische oder Funksignale zu empfangen, zu übertragen oder aufzuzeichnen. Also: keine Multikopter mit Kamera in Wohngebieten. Ausnahmen vom Betriebsverbot sind möglich. So können Behörden Flüge genehmigen, wenn sie keine Gefahr für Luftverkehr und öffentliche Sicherheit darstellen.

Kritik an der Verordnung

Die neue Verordnung stößt beim Luftsportverband Bayern jedoch auch auf Kritik. „Das Problem an der Verordnung ist, das sowohl Besitzer von Multikopter als auch von Modellflugzeugen in einen Topf geschmissen werden“, sagt dessen Präsident Ulrich Braune. Denn die neue Verordnung schreibt auch Besitzern von Modellfliegern ab sofort vor, ihre Flieger zu kennzeichnen, wenn sie auf Flugsportplätzen unterwegs sind. Da sich rund Zweidrittel der Modellflieger-Piloten aber nicht auf dem Sportplatz, sondern auf öffentlichem Gelände – beispielsweise abgelegene Grünflächen – treffen, müssen auch sie künftig einen Kenntnisnachweis vorlegen. „In den vergangenen 60 Jahren ist es zu keinem einzigen Unfall mit einem Modellflugzeug gekommen. Die Unglücke häufen sich erst, seitdem die Multikopter auf dem Markt sind“, bedauert Braune.

Zusatzversicherung weiterhin notwendig

An der gesetzlichen Versicherungspflicht ändert sich durch die neue Verordnung nichts, weder für private noch für gewerbliche Betreiber. Unbemannte Flugkörper unterliegen der Haftpflicht für Drittschäden nach dem Luftverkehrsgesetz. Da die meisten privaten Haftpflichtversicherungen keine Versicherung von Fluggeräten enthalten, sollten Piloten eine spezielle Zusatzversicherung abschließen.